The Project Gutenberg EBook of Versuch einer Ethnographie der Philippinen, by Ferdinand Blumentritt This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included with this eBook or online at www.gutenberg.org Title: Versuch einer Ethnographie der Philippinen Ergänzungsheft No. 67 zu "Petermann's Mittheilungen". Author: Ferdinand Blumentritt Release Date: September 26, 2012 [EBook #40867] Language: German Character set encoding: ASCII *** START OF THIS PROJECT GUTENBERG EBOOK VERSUCH EINER ETHNOGRAPHIE *** Produced by Jeroen Hellingman and the Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net/ for Project Gutenberg (This book was produced from scanned images of public domain material from the Google Print project.)
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Die Karten sind nicht im verfügbare Kopie vorhanden.
Tafel: Karte der Philippinen zur Darstellung der Ethnographischen Verhältnisse, der administrativen Eintheilung und der gegenwärtigen geographischen Kenntniss. Maassstab 1:3 000 000.
Nebenkarte: Skizze zur Entdeckungsgeschichte der Philippinen. Maassstab 1:10 000 000.
Die Druckfehler sind im Text korrigiert worden.
Seite | 3, | Spalte | 2, | Zeile | 4 v. u. | lies | beim Monte Angal | statt | bei Angat. |
Seite | 6, | Spalte | 2, | Zeile | 10 v. u. | lies | Igorroten-Gottheit | statt | tagalische Gottheit. |
Seite | 6, | Spalte | 2, | Zeile | 1 v. u. | lies | Dumagat-Negritos | statt | Dumat-Negritos. |
Seite | 9, | Spalte | 2, | Zeile | 21 v. u. | lies | Buzeta | statt | Buzela. |
Seite | 36, | Spalte | 1, | Zeile | 7 v. o. | lies | südöstlich | statt | nordöstlich. |
Seite | 48, | Spalte | 1, | Zeile | 10 v. u. | lies | Coyuvos | statt | Calamianen. |
Seite | 48, | Spalte | 2, | Zeile | 11 v. u. | lies | östlichen | statt | westlichen. |
Seite | 49, | Spalte | 2, unter 39. Mamanuas ist der Satz: „Ihre Wohnsitze sind &c. bis suchen” folgendermaassen umzuändern: „Ihre Wohnsitze sind zwischen Surigao und der Laguna Maïnit, ferner nordwestlich von Llangan zu suchen”. | ||||||
Seite | 50, | Spalte | 1, ist in dem Artikel 44. Tagacaolos nach dem ersten Satz, der mit dem Worte Apo schliesst, noch folgender Satz einzuschalten: Tagacaolos wohnen auch als Nachbarn der Mandayas nördlich von der Balete-Bai. | ||||||
Seite | 50, | Spalte | 2, ist unter dem Artikel 46. Mandayas der erste Satz wie folgt umzuändern: Die Mandayas wohnen am Rio Hijo, der in die Bucht von Davao mündet (Cavada II, 222), am Oberlaufe des Rio Agusan und des Rio Sahug, ebenso trifft man Mandayas in dem Hinterlande der Küstenorte Caraga, Santa Maria und Zatagoza (Dr. Montano y Rey). |
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Die Urbevölkerung der Philippinen bilden die Negritos, welche jetzt nur noch in geringer Individuenzahl über den ganzen Archipel zerstreut sind. Die einwandernden Malaien verjagten die ehemaligen Herren in die unzugänglichen Bergwildnisse der Binnenlandschaften, nur der nördlichste Strich der Ostküste Luzons blieb von der malaiischen Invasion verschont, dort blieben die Negritos im Besitze der Meeresgestade. Die ersten eindringenden Malaien besetzten die Küsten und vermischten sich mit den Negritos zum Theile, indem sie die Weiber der von ihnen Besiegten und Erschlagenen in ihre Hütten aufnahmen. Wenn wir Luzon in Betracht ziehen — über die anderen Inseln liegt zu dürftiges Material vor —, so können als die Nachkommen der ersten malaiischen Einwanderer jene Stämme gelten, welche heute im Innern der grossen Insel wohnen, einst aber die Bewohner der Küsten waren, während die von ihnen gegenwärtig besiedelten Landstriche von Negritos noch eingenommen wurden. Von den meisten dieser Stämme wird oder wurde die Kopfjägerei geübt, wie von den Igorroten, Apayos, Zambalen, Abacas, Isinays, Italonen, Ibilaos, Ilongoten, Ifugaos, Mayoyaos, Guinanen und Calingas, diess ist constatirt; dieselbe Sitte scheint auch bei den Adangs, Gaddanen, Itetapanen, Aripas, Dadayags &c. ausgeübt zu werden oder wurde es in vergangener Zeit, nur von den Bergstämmen der Tinguianen, Catalanganen und Irayas wissen wir bestimmt, dass sie keine Kopfjäger sind. Auch in ihren sonstigen Sitten haben diese Kopfjägerstämme viele Anklänge an die Dayaks von Borneo aufzuweisen. Für Mindanao nennen wir als Repräsentanten dieser Kopfjäger den Bergstamm der Manobos. Dass diese Stämme in einer Zeit eingewandert sein müssen, wo die Negritos viel zahlreicher waren als heute, darauf weist der Habitus so mancher derselben hin, in welchem sich eine sehr starke Dosis von Negritoblut deutlich offenbart, obwohl manche dieser Stämme in Gegenden wohnen, wo heute kein Negrito mehr existirt oder doch in so geringer Individuenzahl, dass eine Beimischung in moderner Zeit nicht im Stande gewesen wäre, den Typus des gesammten Stammes wesentlich und dauernd zu differiren. Diese Bergstämme wären also die Repräsentanten der ersten Periode der Malaieninvasion, und man würde nicht fehlgehen, wenn man die im Centrum Nord-Luzons wohnenden Völker als die Nachkommen der ersten Einwanderer betrachtete, so dass die heute in den Provinzen Nueva Vizcaya, Bontok und Isabela sesshaften Stämme zu denselben gerechnet werden müssten. Die Igorroten, Tinguianen, Apayos &c. sind demnach in einem späteren Zeitabschnitt auf Luzon angelangt, der aber noch in die erste Periode der malaiischen Invasion fällt. In diese zweite Hälfte der ersten Periode wäre jene Beimischung von chinesischem und japanesischem Blute zu verlegen, welche nach Semper u. A. die Igorroten, Tinguianen und Catalanganen in ihren Gesichtszügen documentiren. Später kann sie nämlich nicht erfolgt sein, da dann diese Stämme durch andere Malaien — mit Ausnahme der Zambalen — vom Meere getrennt wurden, und diese letzteren zwar mit Chinesen und Japanesen in Handelsbeziehungen traten, aber diese Berührung wurde durch eine geringe Individuenzahl jener beiden Mongolenstämme vermittelt, so dass sie nicht im Stande war, den Rassentypus zu verändern oder zu differiren.
Dann kam die zweite Periode der malaiischen Invasion, welche jene Stämme nach den Philippinen brachte, welche bei der Ankunft der Spanier bereits im Besitze beinahe aller Küstenstriche des Archipels waren und einen etwas höheren Grad der Civilisation und mildere Sitten aufzuweisen hatten, als die Malaien der ersten Invasionsperiode. Diese Einwanderer (Tagalen, Pampangos, Visayer, Vicols, Ilocanen, Pangasinanen und Cagayanen) unterwarfen sich wie gesagt die Küstenstriche und zwangen die früheren Bewohner derselben sich in die Binnenlandschaften zurückzuziehen, wo sie noch heute wohnen. Es ist natürlich, dass die neuen Einwanderer sich auch in ähnlicher Weise mit zurückgebliebenen Malaien der ersten Invasionsperiode vermengten, wie es letztere mit den Negritos gethan. Diesem Umstande ist die Ähnlichkeit zuzuschreiben, welche in vielen Beziehungen hauptsächlich in der Religion1, ein gemeinsames Band um alle Malaien dieses Archipels schlingt. Je weiter wir nach dem Norden Luzons vorwärtsschreiten, desto mehr sehen wir die Küstenmalaien in Sitten und Bräuchen sich mehr denjenigen der Binnenlandstämme zuneigen, ein Beweis, dass die Zahl der Einwanderer der zweiten Periode nach dem Norden zu immer geringer wurde, diese daher nicht im Stande waren, die dort sesshaften Stämme vollständig zu vertreiben, sondern die friedlicheren Glieder derselben zahlreich als Heloten aufzunehmen und sich mit ihnen zu einem Volke allmählich zu verschmelzen, in welchem viele Züge des Volkslebens der früher eingewanderten Stämme sich erhielten. Dieser Vorgang ist auch ganz natürlich, denn da die Invasion von Süden her erfolgte, so nahm nach den nördlichen Breiten zu auch ihre Expansivkraft und Individuenzahl ab; hatte ja doch auch die Invasion der ersten Periode ihre Kraft bereits verbraucht, als sie das rechte Ufer des Rio grande de Cagayán überschritten hatte; die Küste von Casiguran-Paranan bis zum Cap Engaño blieb auch nach der zweiten Invasion im unbestrittenen Besitze der ursprünglichen Herren des Archipels, der Negritos! Daher auch die Erscheinung, dass im Süden der Philippinen, in dem Visayer-Archipel auf vielen Inseln die Nachkommen der Einwanderer der ersten Periode ganz in dem Stamm der neuen Ankömmlinge, der Visayer, aufgingen oder vernichtet wurden, welcher Vorgang auch bei den Vicols, vielleicht auch den Tagalen und Pampangos, Statt gefunden hat. Nur auf den grösseren Inseln — Mindoro (?) und Mindanao (hier unzweifelhaft) — gelang es, den erst Eingewanderten sich unabhängig zu erhalten. Auf Mindanao scheinen mir die Subanos und Caragas solche Mischlinge zu sein, bei ersteren prävaliren die Elemente der ersten, bei den letzteren jene der zweiten Invasionsperiode. Deshalb auch fanden die Spanier bei jenen (nicht allen) Visayern und Vicols, welche die ersten Einwanderer nicht zu vertilgen oder zu verjagen vermocht und daher sich mit diesen vielfach gekreuzt hatten, vielfache Überbleibsel [2]in Tracht und Sitten vor, welche an die Bergstämme erinnerten, z. B. die auf Cebú Und Panay, wie auf den Catanduanes übliche Sitte des Tätowirens, während die Visayer jener Inseln, auf welchen die ersteingewanderten Malaien in die Binnenlandschaften gedrängt (wie auf Mindoro) oder vertilgt worden waren (wie auf Leyte, Sámar und Bóhol) diese Sitte nicht übten. Der spanische Katholicismus bringt jetzt eine bedeutende Änderung dieser Verhältnisse hervor, die verschiedenen Malaienstämme des Archipels verschmelzen langsam aber sicher zu einem einzigen Stamme2.
Eine dritte malaiische Invasion wurde durch die Ankunft der Spanier unterbrochen und theilweise auch verhindert. Zu Anfang des XVI., vielleicht auch schon in der zweiten Hälfte des XV. Jahrhunderts begannen die Malaien des Reiches Brunai oder Borneo nach den westlichen Visayern sich zu wenden. Es war diess zugleich, wenigstens in der Zeit von 1521–1565, eine religiöse Conquista, denn die „Mauren3 von Burney” verbreiteten auch den Islam unter den Indiern der Philippinen. Die Insel Palawan selbst wurde ein Bestandtheil des Reiches Burney oder Brunai (Borneo), während solche Einwanderer an der Bai von Manila und in den heutigen Provinzen Batangas und Tayabas sich neue Reiche gründeten. Camarínes, Mindoro, Panay, Negros, Cebú und die übrigen Visayer wurden vorläufig nur von Borneo-Kauffahrern besucht. Gleichzeitig mit diesem Zuge von Borneo her, fand eine andere Immigration von den Molukken her Statt, welche sich auf Mindanao und den Sulu-Archipel erstreckte. Bei Palawan stiessen diese beiden Einwanderungsströme zusammen. Das Erscheinen der Spanier machte dieser dritten malaiischen und islamitischen Einwanderung ein Ende; auf Luzon und in den Visayern wurde der eben erst eingedrungene Islam durch das Christenthum unblutig verdrängt und so mussten die Einwanderer der dritten Periode sich mit dem Besitze von Süd-Palawan, den Sulu-Inseln und dem grösseren Theile der Mindanao-Küste begnügen. Es war ein grosses Glück für die Bewohner der Philippinen, dass die Spanier noch rechtzeitig genug kamen, ehe der Islam festen Fuss gefasst hatte, sonst wären sie für die europäisch-christliche Civilisation verloren.
Auf Sulu scheinen noch andere Malaienstämme eingewandert zu sein: Malaien von Johore und Javanen im Mittelalter, doch bin ich nicht in der Lage gewesen, darüber Studien zu machen, da mir die nöthige Kenntniss des Holländischen vorläufig noch abgeht. Mangkassaren dienten zwar zahlreich in den Kriegen der Sulus gegen die Spanier von 1599–1646 als Söldner in den Heeren dieser Piraten, und haben gewiss auch im Lande Nachkommen hinterlassen, doch fällt diese Blutmengung hier nicht sehr in Betracht. Auch die Ansiedlungen katholischer Ternataner in Marigondon an der Bai von Manila, welche auf Betrieb der Jesuiten, bei der 1661 erfolgten Räumung Ternates durch die Spanier, entstand, ist zu unbedeutend, als dass sie irgend einen Einfluss auf die Tagalen hätte ausüben können.
Nächst den Malaien verdienen die meiste Beachtung die Chinesen, welche besonders im Norden von Luzon sich stark mit den Malaien, insbesondere den Bergstämmen vermengt haben sollen, ob zwar manche und triftige Gründe dagegensprechen, dass vor der Ankunft der Spanier die Chinesen besonders zahlreich gewesen wären; im Gegentheile erst die Ankunft der edlen Castilianer lockte sie in grösseren Mengen nach den Philippinen, der Acapulco-Handel, der so viele chinesische Waaren mit dem in China so hochgeschätzten amerikanischen Silber baar bezahlte, war es, der die Chineseneinwanderung nach unserem Archipel lenkte. Die Spanier fanden bei ihrer Ankunft nirgends Chinesenansiedlungen vor, sondern nur einzelne chinesische Kauffahrer. Die Chinesen haben seit ihrer Niederlassung im Lande durch Erzeugung einer Mischlingsrasse, der Mestizos de Sangley, einen neuen Bevölkerungsbestandtheil den Philippinen zugebracht, der durch seine Intelligenz berufen ist, einst eine grosse Rolle zu spielen.
Die Japanesen traten in ähnlicher Weise wie die Chinesen in dem Archipel auf; seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts aber, wo die letzten derselben Manila verliessen, kamen keine mehr nach den Philippinen.
In den ersten Zeiten der Conquista wurden auch Neger- und Kaffer-Sclaven von portugiesischen Händlern eingeführt; die aber noch unter Philipp II. erfolgte Aufhebung der Sclaverei auf den Philippinen machte diesem Handel zum Glücke ein rasches Ende und ersparte den Indiern die Verseuchung durch Negerblut. Von diesen Schwarzen ist keine Spur mehr vorhanden.
Von „kaukasischen” Völkern kommen zunächst die Spanier in Betracht, welche mit den Eingeborenen sich vermengten und so die Kaste der Mestizos españoles schufen. Portugiesen wanderten besonders im XVI. und Anfangs des XVII. Jahrhunderts ein, von ihnen haben sich keine Spuren mehr erhalten, sie gingen in die Spanier auf. Andere europäische Nationen kommen gar nicht in Betracht. Unbedeutend war auch die im XVII. und XVIII. Jahrhundert dann und wann Statt findende Einwanderung von Armeniern4, Klings und anderen Stämmen Südindiens, diese Einwanderung beschränkte sich übrigens nur auf Manila. Die wenigen Araber, welche als Proselytenmacher und Kaufleute nach Mindanao und Sulu kamen, waren auch nur Tropfen im Meere.
Die Linientruppen, welche die Spanier im XVII. und XVIII. Jahrhundert in Manila und Zamboanga unterhielten, bestanden der Hauptmasse nach aus mejicanischen, zum Theile auch peruanischen Indianern und Mestizen, welche alle mit Tagalinnen sich verheiratheten. Für Manila bedeutet diese Blutmischung bei der geringen Anzahl der Truppen und der starken Bevölkerung so viel wie Nichts, für Zamboanga aber, welches früher eine nur unbedeutende Bevölkerung und eine verhältnissmässig starke Garnison besass, fällt diese Blutmischung stärker in die Wagschale. [3]
1 Ich werde demnächst eine übersichtliche Darstellung der Religion der philippinischen Malaien veröffentlichen.
2 Vorläufig zu dreien: dem Ilocanischen im nördlichen, dem Tagalischen im mittleren und südlichen Luzon, dem Visaya-Stamm im Visayer-Archipel und Mindanao. Dem Tagalischen Stamme winkt der sichere Sieg über die beiden anderen.
3 Die Spanier theilen die Malaien der Philippinen ein in „Indios”, d. s. Christen, Infieles oder Igorrotes (auch Cimarrones, Montescos, Montaraces), d. s. Heiden und Moros, d. s. Mohammedaner.
4 Sind nicht unter diesen „Armenios” richtig Parsis zu verstehen?
Die Negritos oder Aëtas sind beinahe im ganzen Archipel der Philippinen zu finden, jedoch nirgends in grösserer Anzahl, und nur an der Nordostküste Luzons sind sie noch Strandbewohner geblieben, sonst haben sie nur die Gebirgswildnisse der Binnenlandschaften inne, wenngleich sie in jenen Landschaften, wo sie mit Spaniern und Malaien in freundlichem Verkehre stehen — diess ist nicht überall der Fall —, auch zu den Gestaden des Meeres kommen, um dort Waaren einzutauschen. Sie bilden, besonders auf Luzon, eine grosse Anzahl von Rassen-Inseln, welche durch weite Strecken von Malaien bewohnten Landes von einander getrennt sind.
Ihr Hauptgebiet liegt im Nordosten Luzons, den Provinzen Nueva Écija (nördlicher Theil), Príncipe, Isabela und Cagayán. Hier sind sie, wie kurz vorher erwähnt, auch Strandbewohner, indem sie den nördlichen Theil der Ostküste von Luzon von Palanan im Süden bis zum Cap Engaño im Norden bewohnen (Semper, Skizzen 49) und zwar ausschliesslich, denn bis zu diesen sturmgepeitschten Gestaden sind die malaiischen Eroberer nicht vorgedrungen. Diese Küste ist der letzte Fleck Bodens der Philippinen, in welchem die ursprünglichen Herren des Archipels, die Negritos, sich im ungeschmälerten Besitze des heimischen Bodens behaupteten. Auch der Ostabhang jener gewaltigen Cordillere, welche sich längs dieser Küste hinzieht, ist ihr unbestrittener Besitz, während am Westabhange die Negritos bereits das Land mit Stämmen malaiischer Abkunft theilen müssen. Auf diesem Boden besitzen sie auch ihre „grösste Reinheit der physischen wie der geistigen Charaktere” (Semper, a. a. O.). Im Thale des Rio Cagayán (Grande) oder Tago leben sie gleichfalls, bei Furao, Gamú, Ilagan, Tumauini, Cabagan und Tuguegarao (Mas, pobl. p. 39–40), aber auch im Stromgebiete des Rio chico de Cagayan bei Tuao und Malaueg begegnen wir ihnen (Mas, a. a. O., p. 41). Die Nordküste der Provinz Cagayán wird von ihnen nur in der Nähe des C. Engaño berührt, wo wir sie beim Vulcane Cagua häufig antreffen, von dem Meere durch Malaien, die Cagayanen oder Ibanags, getrennt, wohnen sie südöstlich und westlich von Abulug und in den Waldwildnissen von Masi (Mas, pobl. 42).
Ihr Vorhandensein in Ilócos ist von Semper (Erdk. XIII, 89) abgesprochen worden, doch ist diess wohl nur ein Versehen, indem Semper nur, so fasse ich es wenigstens auf, ihre Existenz im südlichen Theile jener Landschaft, d. h. in den heutigen Districten Benguet, Lepanto, der Provinz Union und dem südlichen Theile der Provinz Ilócos Sur verneinte, und diess ist auch richtig, denn jener Landstrich wird von den Igorroten bewohnt, einem ungemein kriegerischen Malaienstamm, der gewiss schon vor Jahrhunderten die Negritos, die in seinem Gebiete wohnten, vernichtet hat. Für den Militärdistrict Lepanto bestätigt Lillo de Gracia (Dist. de Lep., p. 18) diese Thatsache, indem er ausdrücklich erwähnt, dass sich in dem ganzen Districte keine Negritos befinden. In dem nördlichen Theile der Provinz Ilócos Sur existiren aber Negritos, Diaz Arenas nennt uns sogar die Ziffer, welche die den Spaniern unterworfenen Angehörigen dieses Stammes in Ilócos Sur ausmachen: 145 Köpfe. Buzeta erwähnt einer Negrito-Ranchería (kleine Niederlassung) bei Candon. In Abra dürften nur wenige Negritos anzutreffen sein, dagegen ist ihre Anwesenheit in Ilócos Norte sichergestellt (Ilustr. 1860, Nr. 12, p. 153; Hügel, S. 359). Die Zahl der die Autorität der spanischen Behörden anerkennenden Negritos der Provinz Ilócos Norte betrug 1848 nach Diaz Arenas 113 Seelen, neuere Daten sind mir nicht bekannt.
In Pangasinán begegnen wir ihnen wieder (Mas, pobl. p. 1), Diaz Arenas erwähnt einer Ranchería bei S. Miguel, sie zählte nur 32 Köpfe, offenbar sind es bereits unterworfene Leute. Was Diaz Arenas von 4000 Negritos in dem Grenzgebirge zwischen Pangasinán und Zambales spricht, ist ein offenbarer Irrthum. Denn die Grenze Pangasináns gegen Zambales berührt jenes Gebirge nur in seinen äussersten Ausläufern, kann also unmöglich eine so grosse Zahl dieser Wilden beherbergen, und schliesslich bemerkt Drasche (Fragm., S. 21) ausdrücklich, dass der nördliche Theil jener Cordillere unbewohnt sei. Es ist also jene (jedenfalls übertriebene und auf roher Schätzung beruhende) Ziffer nur auf die in der Provinz Zambales (südl. Theil) wohnenden Negritos zu beziehen. In Zambales und Bataán sind sie häufig, Dr. A. B. Meyer hat sie dort selbst aufgesucht und uns nicht nur genaue Nachrichten, sondern auch Skelette mitgebracht, desgleichen Dr. Schadenberg. 1848 zählte man nach Diaz Arenas 825 den Spaniern unterworfene Negritos. In dem centralen Theile von Luzon leben sie nur in vereinzelten Horden: in der Provinz Bulacán (beim Monte Angal und S. José), in den Wäldern von S. Mateo und Bosoboso in der nächsten Nähe der Hauptstadt (Waitz, V, 57. — Mas, pobl. 1. — Jagor, Phil. 51. — Meyer, Negr., S. 25). In Cavite und Taal scheinen sie zu fehlen, [4]doch deutet eine Sage über die Laguna de Bombon auf ihre frühere Anwesenheit. Über ihre Existenz in Tayabas berichtet nur ein Gewährsmann, Diaz Arenas, der von 516 unterworfenen Negritos spricht, und Cavada 1, 198. Auf der Insel Alabat (Ostküste Luzons) sind sie auch vorhanden (Semper, Skizzen 49).
Das Südende Luzons bildet die langgestreckte, stark gegliederte Halbinsel Camarínes, auf welcher sich die Provinzen Camarínes Norte, Camarínes Sur und Albay befinden. Ob hier Negritos wohnen, war früher zweifelhaft. Semper (Skizzen, 49) sagt: „im südlichen Luzon scheinen sie zu fehlen” und Jagor (Phil. 106): „reine Negritos kommen, so weit meine Erkundigungen reichen, in Camarínes nicht vor”. Dem entgegen berichtet Drasche (Fragm. 66), dass am Vulcan Iriga eine Ansiedlung von Negritos und eine andere von Mischlingen von Negritos und Vicol-Malaien existirte. Da aber Jagor ausführlich über jene wilden Stämme am Iriga berichtet und sie nicht zu den Negritos zählt, so schien jene Meldung ein Irrthum des Geologen Drasche zu sein. Andererseits befindet sich in den Sammlungen der Berliner Anthropologischen Gesellschaft ein männliches Negritoskelett vom Iriga, welches Dr. Schetelig mitgebracht hatte (Virchow, Verh. d. Berl. Anthr. Ges. 1871, S. 36). Drasche erwähnt (Fragm. 61), dass in den Gebirgswildnissen von Camarínes Norte Negritos leben, woran gewiss nicht gezweifelt werden kann, denn jene Territorien sind sehr dünn bevölkert, und die Vicol-Malaien, welche an den Küsten und in den Flussthälern wohnen, eine indolente und unkriegerische Rasse, somit alle Vorbedingungen zur Existenz von Negritos vorhanden. Diaz Arenas spricht von 500 Negritos in den Bergen von Albay (1848), Cavada (1, 221) erwähnt, dass sie in den Bergen bei Malinao hausen.
Über die Existenz der Negritos auf den einzelnen Inseln des Visayer-Archipels begegnen uns manche Widersprüche, und wir sehen uns bei den spärlichen Nachrichten genöthigt, mitunter auf Quellen aus dem XVIII. ja XVII. Jahrhundert zurückzugehen; diess ist gleich bei Mindoro der Fall. Diese grosse Insel ist nur selten von wissenschaftlich gebildeten Europäern betreten worden, und so kommt es, dass wir auf das aus 14 dickbäuchigen Bänden bestehende Geschichtswerk des Fray Juan de la Concepcion zurückgehen müssen, welches beim Jahre 1716 (T. VII, p. 11) erwähnt, dass auf Mindoro neben wilden „Indiern” auch wilde Negritos („negritos cimarrones”) lebten. Dr. A. B. Meyer zweifelt nicht daran, dass hier Negritos existiren (Negr. 11). Diess ist alles, was uns über die Negritos von Mindoro bekannt ist, wobei ich darauf hinweise, dass nur ein schmaler Küstensaum den Spaniern unterworfen, das ganze Innere aber eine terra incognita ist.
Über Panay, die reichste und bevölkertste Insel der Visayas, fliessen reichlichere Quellen: schon Fray Gaspar de San Augustin und Gemelli-Carreri berichten, dass im Innern der Insel Negritos wohnen. Dr. A. B. Meyer sah sie dort (Meyer, Negr. 11 u. 26). Sie bewohnen die Gebirgswildnisse und kommen oft zur Küste herab, selbst nach Ilo-ilo. Der Augustiner Mozo nennt speciell die Berge von Bosoc als den Hauptschlupfwinkel derselben (Misiones, p. 142). Diaz Arenas giebt für die Negritos der Provinz Ilo-ilo die Zahl von 500 Köpfen an, von den übrigen Provinzen der Insel weiss er keine Daten anzugeben. Cavada bestätigt ihre Existenz auf Panay (II, 98). Auf der kleinen Insel Tablas sind zwei Negrito-Niederlassungen (Cavada II, 127).
Die Insel Negros dankt ihren Namen den Negritos, welche dort in der Zeit der Conquista in viel grösseren Massen gewohnt haben müssen, als wie diess heute der Fall ist. Übrigens ist es nicht einmal nöthig diese anzunehmen, denn die Spanier konnten der Insel den Namen auch nur des Umstandes wegen gegeben haben, weil sie dort zuerst auf Negritos überhaupt stiessen, denn wie aus Morga, Fray Gaspar de S. Agustin, Fr. Juan de la Concepcion &c. erhellt, war schon in jener Zeit die Küste in den Händen der Indier oder Malaien, die freilich eine starke Dosis von Negritoblut in ihren Adern besassen, wie sich das noch heute erkennen lässt (Meyer, Negr. 26). Semper (Skizzen 49) spricht nur von „wenigen Negerfamilien”, welche um den Vulcan Malaspina „hausen”. Dem widerspricht die bestimmte Zahl von 3475 Köpfen, welche Diaz Arenas für Negros angiebt, und Dr. A. B. Meyer erwähnt ausdrücklich, dass sie dort zahlreich vorkommen (Negr. 11). Zu Gemelli-Carreri’s Zeit müssen sie noch zahlreich gewesen sein (man vgl. auch: Allg. Hist. d. Reisen XI, 412). Cavada (II, 171) schätzt die Zahl der Negritos in Nord-Negros auf 8900 Seelen.
Auf Cebú traf sie Dr. A. B. Meyer (Negr. 11 u. 26), doch dürfte ihre Zahl dort eine nur geringe sein. Über Bóhol liegen mir absolut keine Nachrichten vor, so dass ich sogleich zu den beiden grossen Inseln Leyte und Sámar übergehen will. Dr. Jagor (Phil. 227) sagt: „Negritos sind weder auf Sámar noch Leyte vorhanden”, wogegen Dr. A. B. Meyer es nicht für unmöglich hält, dass dort Negritos wohnen. Spanische Schriftsteller schweigen gänzlich über diesen Punkt.
Auf der Insel Palawan (Paragua der Spanier) und der Gruppe der Calamianes leben nach Waitz, V, 57, Negritos, desgleichen nach S. 55 desselben Werkes im Innern der Hauptinsel von Sulu. Bezüglich letzterer ist es nur auffallend, dass weder ältere (Combez) noch moderne (Pazos) spanische Autoren hierüber etwas melden. Man könnte diese Negritos von Sulu und Palawan mit den Idaanes oder Idanes identificiren, welche (Waitz, V, 46) auf der Ostküste von [5]Palawan (d. h. wo auch die Negritos wohnen sollen) und im Innern von Sulu wohnen. Zwar heisst es, dass nur die Heiden (also im Gegensatze zu den Moslim) so genannt würden, aber auffallend ist immerhin einerseits die Nachricht, dass der Name Idan eine Collectivbezeichnung sei, indem die Idan verschiedene Sprachen sprächen, andererseits die Ähnlichkeit von „Idan” mit den Bezeichnungen „Etas”, „Itas”, welche sich die Negritos von Luzon selbst beilegen oder von den Eingeborenen erhalten. Insbesondere auffallend ist die Ähnlichkeit mit dem Namen „Idayan”, welchen ein Negritodialekt in Nord-Luzon führt. Doch widerspricht dieser Hypothese entscheidend die Nachricht, dass die Idanes — welche übrigens den spanischen Autoren nicht bekannt sind — nach Dalrymple (Waitz, V, 98) hellfarbiger sein sollen als die Küstenbewohner. Für Sulu (Hauptinsel) möchte ich die Existenz von Negritos schon deshalb verneinen, als im Innern dieser Insel ein ungemein kriegerischer Malaien-Stamm, jener der Guimbas, wohnt, der gewiss die Negritos ebenso ausgerottet haben dürfte, wie diess unter ähnlichen Verhältnissen in den Ländern der Igorroten auf Luzon geschehen ist. Dass die Insel Palawan Negritos beherbergt, ist wohl nicht zu bezweifeln, dagegen dürfte gegen ihre Anwesenheit in den Calamianes einiges einzuwenden sein, obwohl man bei den spärlichen Nachrichten und der geringen Kenntniss des Landes sich hierüber nur sehr reservirt aussprechen darf. Ich mache nur darauf aufmerksam, dass die Spanier unter der Bezeichnung Calamianes auch den nördlichen Theil Palawans mitverstehen, wodurch leicht Irrthümer entstehen können.
Der südlichste Theil des Generalcapitañats der Philippinen, die grosse Insel Mindanao, wird ebenfalls von Negritos bewohnt. Der berühmte Jesuit P. Francisco Combez, der gründlichste Kenner jenes Landes zu seiner Zeit, constatirt ihre Existenz auf Seite 36 seiner Geschichte von Mindanao, und auch Dampier und Gemelli-Carreri bestätigen diess. Selbst der 25. Bd. der Halle’schen Welthistorie berichtet, dass im Innern Mindanao’s Neger hausen. Ihr Hauptsitz soll der nordöstliche Winkel Mindanao’s sein, was sehr natürlich erscheint, indem ja die malaiische Invasion von Südwest erfolgte, eine Analogie haben wir bereits auf Luzon gefunden, nur sind die Negritos von Mindanao von der Küste durch Malaien getrennt. Dr. F. Jagor schätzte ihre Zahl auf dieser Insel auf 10 000 Köpfe, fügt aber hinzu, dass ihre Rassenreinheit sehr fraglich wäre (Phil. 322). Cavada (II, 206) constatirt ihre Existenz in dem zur Provinz Surigao gehörigen Theile Mindanao’s.
Die Negritos sind also beinahe in allen Theilen des Archipels zu finden, mit Ausnahme der beiden Inselgruppen der Batanes und Babuyanes und vielleicht von Sámar, Leyte, Bóhol und Sulu. Trotz dieser grossen Verbreitung ist ihre Zahl eine sehr geringe, und wenn Mas (pobl., p. 9) und Mallat (II, 94) ihre Zahl auf 25 000 schätzen, so ist diess jedenfalls eher zu viel als zu wenig, wie diess schon Semper (Skizzen 138) hervorgehoben hat.
Was ihr Äusseres anbelangt, so haben darüber die ausgezeichneten Untersuchungen von Hofrath Dr. A. B. Meyer, Prof. Virchow, Prof. Semper und Dr. Schadenberg genug Eingehendes über diesen Gegenstand gebracht, so dass ich mich mit einer kurzen Zusammenstellung des Gegebenen begnüge. Ihr Körperbau ist klein, schmächtig, die Waden, wie diess die Photographie in dem so überaus interessanten Werke Dr. Meyer’s „Über die Negritos &c.” drastisch zeigt, fast gar nicht vorhanden. Durchschnittshöhe der Männer (Prov. Zambales) 1445 mm. Der Kopf ist vollständig negerähnlich, der Kiefer ein wenig vorspringend, die Lippen schwach gewulstet, die Nase ist plattgedrückt; man vergleiche darüber die Skizzen Dr. Meyer’s in seinem oben erwähnten Werke. Das Haar ist wollig, dick und schwarz oder braunschwarz, Prof. Semper hebt seine Glanzlosigkeit hervor, es wird kurzgeschoren getragen. Ihre Körperfarbe ist schwärzlich-braun (dunkelkupferfarben). Wie bei vielen Stämmen, die in ähnlichen Verhältnissen leben, findet man bei ihnen verhältnissmässig grosse Bäuche. Der spärliche Bartwuchs beschränkt sich meist auf den Backenbart (Schadenberg 147). Auffallend ist die Geschicklichkeit, mit welcher sie sich ihrer Zehen zum Greifen und Festhalten zu bedienen wissen (Schadenberg 143).
Ihr Temperament ist ein sehr lebhaftes, und dass sie nicht so unbegabt sind, wie es die spanischen Geistlichen gern darthun möchten, beweist nicht nur der Umstand, dass sie ausser ihrer eigenen Sprache oft noch zwei Dialekte der angrenzenden Malaien sprechen (Meyer, Negr. 15), sondern auch die Thatsache, dass unter den malaiischen Irayas in Nordost-Luzon sich die Negritos sogar zu fester Niederlassung und sogar zum Ackerbau1 haben bewegen lassen. Das sind auch ihre einzigen festen Niederlassungen, sonst leben sie als Nomaden in ihren Wäldern, selbst die Rancherías der den spanischen Behörden unterworfenen Negritos haben nur einen festen Namen (oft auch diesen nicht), aber keinen fixen Platz. Ihr einziger Schutz gegen die Unbilden der Witterung besteht in leicht beweglichen Schirmen, welche schräg gegen die Windrichtung oder gegen die Sonne gestellt werden. Sie sind aus Palmenblättern geflochten und haben oft eine Oberfläche von 25–30 Quadratfuss (Semper, Erdk. XIII, 253). Die Küsten-Negritos von Nordost-Luzon, welche Dumagat genannt werden, liegen unter diesen Schutzdächern [6]je nach dem Vermögensstande auf Strohmatten, Stücken von Baumrinde oder nur auf der nackten Erde (Semper, l. c. und Ilustracion 1860, n. 17, p. 193), diese Schutzdächer tragen sie bei ihren Wanderungen mit sich herum.
Um sich vor der Nachtkälte in den Bergwäldern zu schützen, legen sie sich so nahe an das Feuer, dass man glauben sollte, ihre Haut müsse versengt werden, oder sie legen sich sogar in die heisse Asche hinein. Da sie sonst auch sehr unreinlich sind, so ist es kein Wunder, wenn ihr Körper mit Schmutzkrusten bedeckt ist.
Bis zum Eintritt der Pubertät laufen sie ganz nackt herum (Mundt-Lauff, Natur V, 458), dann schlagen sie sich ein Tuch um die Lenden oder tragen ein oft ungenügendes Suspensorium (Meyer, Negr. 15). Die Weiber jener Horden, welche in einem freundschaftlichen Handelsverkehre mit den Christen stehen, tragen ein kurzes Jäckchen (auf den Philippinen Hemd — camisa — genannt) und den Tapis der philippinischen Malaien (Ilustr. 1860, n. 17, p. 193). Unter den Männern tragen einige auch einen erhandelten Mantel um die Schultern und auf dem Kopfe ein Tüchlein (Ilustr., l. c.). Die Leibbinde besteht aus einem selbstbereiteten Baumrindenstoff oder aus gekaufter Baumwolle. Es giebt aber auch Negrito-Horden, welche die Tracht der christlichen Malaien angenommen haben (Cavada I, 221; II, 127).
Sie kennen und üben die Sitte des Tätowirens. Bei den Negritos von Zambales und Bataán (Sierra Mariveles) werden die Tätowirungsmuster, welche aus geradlinigen Mustern bestehen, durch Hauteinschnitte mittelst geschärfter Bambussplitter erzeugt. Dadurch entstehen schwach erhöhte Narben, welche aber erst in grosser Nähe in die Augen fallen (Meyer 16). Auch die Dumagat-Negritos tragen geradlinige Muster auf Brust, Oberleib, Schultern und Rücken, hier (Nordost-Luzon) aber werden keine Hauteinschnitte gemacht, sondern jene Muster wie bei den umliegenden Malaien mittelst einer Nadel eingestochen (Semper, Skizzen 50). Sobald die Tätowirung vollständig ist, wird der Negrito-Jüngling ein selbständiger Mann, er kann jetzt heirathen und eine Familie gründen (Schadenberg 136).
Bei einigen Horden werden die Schneidezähne sägeförmig zugefeilt (Jagor 374; Meyer, Negr. 23 u. 27), diese Sitte ist aber nicht allgemein, denn Mas (pobl. I) sagt ausdrücklich, er hätte nur einige Negritos gesehen, welche die Zähne spitzgefeilt trugen, was auch Schadenberg bestätigt (136). Semper will diese Sitte nur auf die Negritos von Mariveles oder Zambales beschränkt wissen (Palau-Inseln 364). Über künstliche Schädeldeformation ist wenig bekannt, doch muss dieselbe wenigstens theilweise Statt finden (Schadenberg 135).
Ledige Männer tragen in den Haaren Kämme aus Rohr (m. vgl. die Abbildungen bei Schadenberg), angeblich zum Zeichen ihres ehelosen Standes (Ilustr. 1850, n. 17, p. 193), doch scheint letzteres nicht für alle Horden zu gelten, am allerwenigsten für die Negritos der Sierra Mariveles. D. Sinibaldo Mas (pobl. 2) erwähnt, dass bei den Negritos der Waldwildnisse des Mte. Camachin die Mädchen Halsbänder aus Palmenblättern trugen. Von ähnlichen Halsbändern aus Bast- oder Bejucoschnüren spricht Dr. Schadenberg (S. 141). Die Negritos von Zambales tragen nur selten Ohrgehänge, welche mitunter aus Muscheln bestehen, die Dumagat-Männer sowie alle Negrito-Weiber tragen in ihren Ohren verschiedene Schmuckgegenstände oft der verwunderlichsten Art. Es sind oft nur Stücke Rohr oder Holzsplitter, welche an den Enden ganz zerfasert sind, so dass faustgrosse leicht gekräuselte Büschel dadurch entstehen; Semper (Erdk. XIII, 253) fand diesen Schmuck bei den Dumagat-Negritos. Die Weiber benutzen ihre Ohren auch als Transportmittel, indem sie Rollen jener Pflanzenrinde, welche ihnen zur Bereitung ihrer Kleiderstoffe dient, in die Ohrlöcher stecken (Semper, Erdk. XIII, 253). Manche Weiber tragen auch ein Zweiglein sammt seinem Blüthenschmucke in den Ohren (Ilustr. 1860, n. 17, p. 193), die Weiber tragen auch schön verzierte Bambuskämme in den Haaren (Schadenberg 141). Ringe werden an Armen und Beinen getragen (Semper, Skizzen 50). Glasperlen und Messingdraht (um den Hals zu tragen) dienen den Frauen zum Schmucke (Meyer, Negr. 15). Sonst schleppen sie noch selbstverfertigte Beutel mit sich herum, in denen sie den leidenschaftlich begehrten Tabak und Betel verwahren. Da ich schon vom Tabak spreche, so sei erwähnt, dass sie ihn nur in Cigarrenform rauchen, wobei sie das glimmende Ende zwischen die Zähne nehmen (Schadenberg 146). Eine Zierde der Männer ist der Hayabung, d. h. eine mit Wildschweinborsten, Glasperlen und Fledermausfellen verzierte Schnur, die oberhalb der Wade getragen wird (Schadenberg 141). Nach Dr. Jagor legt diesen Schmuck nur derjenige an, dem es geglückt ist, ein Wildschwein zu erlegen.
Man hat ihnen früher jede Religion abgesprochen. Bastian (Reisen V, 268) berichtet, dass sie ausser Gott („Cambunian”) Mond und Sterne verehren. Beim Donnern opfern sie Schweine und dem Regenbogen bringen sie Gebete dar. Nun ist aber der Cambunian eine Igorroten-Gottheit, ebenso ist, was Mas (pobl. 4) von der Religion der Negritos vom Mte. Camachin erwähnt, der alte Glaube der Tagalen. Nur was den Mondcultus anbelangt, ist Bastian im Rechte, denn Schadenberg erzählt (S. 144), dass sie in Vollmondnächten mit Bogen und Pfeil auf den Schultern Tänze abhalten, an denen auch die Weiber theilnehmen. Dr. A. B. Meyer konnte bei den Negritos der Sierra Mariveles weder Götzen oder den Göttern geweihte Stätten entdecken. Bei den Dumagat-Negritos existiren einige „rohe Mythen, die sich um [7]Essen und Trinken drehen”; auch feiern sie in Gesängen eine grosse Schlange, welche ihnen im Traume die Orte weist, wo das Wild oder der Honig zu finden ist (Semper, Erdk. X, 254).
Die Frauen gebären leicht und schnell, bei schweren Geburten vertritt ein altes Weib die Stelle der Hebamme. Die Nabelschnur wird durch einen scharfen Bambus abgetrennt und das Kind abgewaschen, und zwar mit Wasser, welches an der Sonne gestanden hat. Die Kinder werden rittlings auf der Hüfte und später auf dem Rücken getragen (Schadenberg 135); das Stillen dauert beiläufig zwei Jahre (l. c.).
Die Ehen werden frühzeitig vereinbart, aber erst später nach erlangter Pubertät vollzogen, es giebt Eheleute oder vielleicht richtiger gesagt Verlobte, welche nur 8 oder 9 Jahre zählen (Ilustr. 1860, n. 17, p. 193). Nach Mundt-Lauff (Natur V, 458) heirathen die Männer nicht vor dem fünfzehnten, die Weiber nicht vor dem dreizehnten Jahre. „Monogamie ist bei ihnen Regel” berichtet Schadenberg (135). Bei den Negritos von Albay wird die Braut durch Kauf vom Schwiegervater erworben; wird die Ehe durch Untreue der Gattin gelöst, so muss dieser Kaufpreis dem Schwiegersohne rückgestellt werden (Cavada I, 221). Die heutigen Negritos von Zambales-Bataán suchen ihre Frau sich womöglich aus der eigenen Verwandtschaft, während bei den Negritos auf Negros Ehen innerhalb derselben Horde, wenigstens am Ausgange des XVII. Jahrhunderts, nicht gestattet waren, man konnte die Weiber nur durch Raub von fremden Horden erlangen, und diess führte zu endlosen Kriegen (Allg. Hist. XI, 412). Die Hochzeit selbst wird durch Gesang und Tanz gefeiert, wobei Braut und Bräutigam in festlichem Schmucke erscheinen (Schadenberg 137). Die Frau hat alle Lasten des Lebens zu tragen, dem Manne obliegt nur die Jagd, er hat auch eine unumschränkte Macht über alle Glieder seiner Familie (l. c.). Ein angenehmer Zug im Charakter der Negritos ist die hohe Achtung vor dem Alter, erwerbsunfähige Greise werden von ihren Angehörigen liebevoll gepflegt (Schadenberg 135).
Da sie nur mit Misstrauen sich den Christen nähern, so ist uns auch über ihre sonstigen Bräuche wenig bekannt. Ihre Festlichkeiten bestehen in Tänzen und Gesängen. Der Tanz Acubac wird in folgender Weise ausgeführt: ein oder mehrere Mädchen stellen sich in die Mitte eines Kreises, welcher von Männern gebildet wird. Diese halten einer den anderen beim Gürtel fest und drehen sich um die Weiber, indem sie mit den Füssen den Boden nach dem Takte eines monotonen und langweiligen Gesanges stampfen. Ähnliches berichtet Dr. Schadenberg. Dieser Gesang heisst „inalug” und wird von den Weibern gesungen, die Männer wiederholen oder antworten mit einem ähnlichen Wechselgesang (Ilustr. 1860, n. 17, p. 194). Der Text besteht aus sinnlosen und zufälligen Phrasen (Meyer 16), alte Männer halten es unter ihrer Würde mitzusingen, diess gebührt nur den jungen. Mas (pobl., p. 3) vergleicht diese Gesänge der Negritos mit dem Comintan der Tagalen, jedenfalls müssen diess andere sein, wie der eben beschriebene Acubac. Nach Semper besingen sie auch kriegerische Grossthaten. Die Negrito-Weiber vom Mte. Camachin besassen eine Art von Guitarre oder Zither, welche aus Rohr verfertigt war, die Stelle der Saiten vertraten drei dünne Fäden, welche aus Wurzelfasern bestanden, doch gab es auch solche von Sehnen. Das Instrument besitzt keinen Griff und wird mit der linken Hand gespielt (Mas, l. c.). Mit dieser Zither oder Guitarre begleiteten sie im 2/4 Takte den Gesang anderer Mädchen, wobei die Spielenden mit dem Fusse taktförmig stampften, auch die Männer wussten das Instrument zu handhaben. Dr. Schadenberg fand ausser Muschelhörnern keine Musikinstrumente bei den Negritos von Zambales vor.
Ackerbau ist ihnen als herumstreifenden Jägern und Fischern fremd, nur die unter den Irayas wohnenden und die Negritos von Tarlac bauen Reis, sonst nähren sie sich durchweg von Waldfrüchten und anderen Vegetabilien, Honig, Wildpret und Fischen. Unter den ersteren sind es die Herzen der Palmensorten und die Wurzeln wilder Aroideen, welche ihnen die meiste Nahrung aus dem Pflanzenreiche liefern (Semper, Skizzen 52). Ihr Hauptleckerbissen ist der Honig der zahlreichen wilden Bienen; die Zeit, wo die von den Bienen besiedelten Bäume gefüllt sind, ist ihre Erntezeit. Das Wachs verhandeln sie an Christen und Chinesen für Tabak und Betel, denn sie sind nicht nur leidenschaftliche Tabakraucher, sondern auch Betelkäuer (Semper, l. c.). Das Fleisch der erlegten Thiere braten sie in Gruben (Schadenberg 144, nach P. Felipe Calayag). Was sonst kriecht und fliegt und schwimmt wird von ihnen gegessen, wenn sie nur dessen habhaft werden können, aber diess ist bei dem elenden Zustande ihrer Waffen nicht so leicht. Letztere bestehen aus Bogen, Pfeil und Waldmesser, die Pfeile haben eine eiserne Spitze, die sie durch Handel erlangen; früher bestand die Pfeilspitze, wie Gemelli-Carreri berichtet, meist aus Kieselsteinen, Knochen oder Holz. Die Pfeile werden in einem primitiven Köcher — einem Stück Bambusrohr getragen (Ilustr. 1860, n. 17, p. 193). Dr. Meyer (Negr. 15) und Dr. Mundt-Lauff (Nat. V. 479) haben keine vergifteten Pfeile bei ihnen vorgefunden, dagegen aber Dr. Jagor (Phil. 51), desgleichen Mozo, welcher (Misiones, p. 110) erzählt, dass sie das Pfeilgift aus der Rinde eines von ihnen Camandag genannten Baumes und mehreren anderen Wurzeln und Kräutern bereiten. Vergiftete Pfeile erwähnt Cavada nicht bei ihnen, wohl aber bei den mit ihnen wahrscheinlich identischen Balugas. Sie haben drei Gattungen Pfeile, nämlich [8]für Vögel, Wildschweine und grösseres Wild (Schadenb. 138). Gut wissen sie auch Steine zu schleudern, seltener trifft man bei ihnen Lanzen an (l. c., p. 140 f.). Bei der Jagd werden sie von Hunden, ihren einzigen Hausthieren, unterstützt (Mozo 106, Schadenberg 146).
Selten gelingt es ihnen, ein grösseres Thier zu erlegen, so dass ihre animalische Kost sich nur auf das Fleisch von Schlangen, Fröschen und Fischen reducirt (Meyer, N. 14), letztere werden nicht geangelt, sondern mit Pfeilen geschossen (Semper, Skizzen 52).
Stirbt ein Negrito (in Ilócos Norte), so wird er im Gebirge begraben, in das Grab werden ihm Feuerstein, Waffen und Stücke Wildpret mitgegeben, desgleichen von allem, was dem Verstorbenen nahe ging, wenigstens ein Theil (Ilustr. 1860, n. 12, p. 153). Dr. Meyer fand die Leichen der Zambales-Negritos in ausgehöhlten Baumstämmen2, nur einen Fuss tief unter der Erdoberfläche, in diesen rohen Särgen fand sich nur hie und da eine Eisenspitze. Der Kopf der Todten wird in ein rohes Gewebe gehüllt (Schadenberg 148). Die Gräber waren auch äusserlich kenntlich: sie besassen ein Schutzdach von Bambus und Palmzweigen, ein Bambusgitter umgab das Grab (Meyer 17), letzteres sah auch Mas bei den Negritos vom Mte. Camachin (Mas, pobl. 4). Diese pflegen ein Jahr lang die Grabstätte gänzlich zu meiden, die Negritos von Nordost-Luzon verlassen zwar den Ort, bleiben aber in der Nähe, um zu verhindern, dass jemand die Stätte betritt. Wer diess thut, wird aus sicherem Verstecke durch Pfeilschüsse getödtet3 (Semper, Erdk. X, 255); sollte diess nur eine Strafe für die Entweihung der Stätte sein, oder soll durch die Tödtung des Fremden der Verlust des eigenen Stammes gleichsam wettgemacht werden?
Ihre Zersplitterung macht sie ihren Feinden gegenüber ohnmächtig, selbst die kleinen, 20–30 Köpfe zählenden Horden haben gar keine feste Organisation oder irgendwelche Disciplin, sie kennen eben nur die Bande der Familie (Meyer, Negr. 15), doch geniessen die älteren Männer ihrer Erfahrung wegen einen freilich nicht schwerwiegenden Einfluss. Der Häuptling bestimmt die Lagerplätze und die Zeit des Aufbruches (Schadenberg 137). Die Negritos der Provinz Ilo-ilo erkennen diejenigen als Häuptlinge an, welche von den spanischen Missionären eingesetzt werden (Buzeta II, 103 f.). Einzelne Horden zahlen der spanischen Regierung eine Abgabe in Naturalien als Zeichen der Unterwerfung, doch geschieht diese Zahlung sehr unregelmässig und hängt nur von dem guten Willen der Negritos ab, da die spanischen Behörden ihren Wildnissen gegenüber machtlos sind. Solche „unterworfene” Negritos besitzen dann einen „Gobernadorcillo (Gemeindevorsteher)”, eine Puppe, welche den Verkehr zwischen der Behörde und den Negritos vermittelt. Der Gobernadorcillo wird aus den ältesten der Horde erwählt, hat aber unter seinen Stammesgenossen gar keine Macht, sein Amt ist sehr einträglich, denn die spanischen Beamten und Pfarrer pflegen ihn reichlich zu beschenken. Manche Horden stehen mit den Spaniern auf Kriegsfuss, ein Mal kamen 700–900 feindliche Negritos bis vor Lingayen (Mas, pobl. 2). Die Malaien haben vor ihnen trotz ihrer schwachen Zahl und ihren armseligen Waffen einen bedeutenden Respect. Die einzelnen Horden sind in beständige blutige Fehden mit einander verwickelt, wodurch sie immer mehr decimirt werden. Scheidnagel (Filipinas 30) sagt von den Zambales-Negritos, dass sie wild und blutdürstig wären. Die Negritos zwischen Baler und Casiguran sind im ständigen Kampfe mit christlichen wie heidnischen Malaien begriffen (Semper, Erdk. XIII, 252). Sie wurden von den heidnischen Stämmen oft auch bekriegt blos um Gefangene zu erhalten, letztere wurden der Familie eines Erschlagenen von jener des Mörders übergeben, um als Sühne für den Ermordeten abgeschlachtet zu werden.
Nach dem Erzählten ist es leicht begreiflich, dass die Gesammtzahl der Negritos nur eine sehr geringe sein kann, Mas (pobl. 9) schätzt sie auf 25 000, Mallat (II, 94) giebt dieselbe Ziffer an, Semper hält diess mit Recht für übertrieben (Skizzen 138). Jedenfalls beträgt ihre Anzahl mehr als 10 000 Seelen, wobei ich von Mindanao ganz absehe und mich nur auf Luzon und die Visayas beschränke. Sie gehen langsam, aber sicher ihrem Untergange entgegen.
Ehe ich zu den Malaien übergehe, habe ich noch den interessanten Stamm der Balugas zu erwähnen, welcher in Pangasinán und zwar der Centralebene Luzons wohnt. Semper hat die Balugas selbst gesehen und bezeichnet sie als eine Mischlingsrasse von Negritos und Malaien (Skizzen 53); der Name ist nach ihm tagalisch und bedeutet soviel als schwarzer Mestize, schwarzer Bastard (Skizzen 136). Diese Mischung mit malaiischem Blute ist aber nicht stark genug, um die den Negritos charakteristischen Eigenthümlichkeiten verschwinden zu machen; im vorigen Jahrhundert haben diese Balugas ein Leben geführt, das sich in gar Nichts oder wenigstens so gut wie gar nicht von jenem der Negritos unterscheidet, so dass man geneigt wäre, sie in jener Zeit als noch unvermischt anzusehen. Es darf nicht unerwähnt bleiben, dass nach Mas (pobl.) die Negritos neben dem spanischen Namen Negrillos auch noch die eingeborenen: aëtas, itas, etas und balugas führen und Scheidnagel (Filipinas 61) bemerkt ausdrücklich: „Se les suele denominar por los indios con el nombre de balugas”, ebenso [9]spricht Cavada (I, 164) von Balugas ó Aëtas. Die Malaiinnen Luzons haben einen Abscheu vor den Negritos und gehen trotz ihrer starken Sinnlichkeit keine geschlechtlichen Verbindungen mit den Männern der schwarzen Rasse ein, wie Fr. Gaspar de S. Augustin schon bemerkt (die Visaya-Malaiinnen sollen nicht so heikel sein), es kann daher jene Vermischung nur durch geraubte Malaiinnen Statt gefunden haben oder durch Remontados, das heisst durch Malaien, welche eines Verbrechens wegen oder um den Steuern zu entgehen in die Wälder flohen und sich unter jenen Negritos niederliessen, was aber nicht gut möglich ist, da die Negritos gegen diese Exchristen ein starkes Misstrauen hegen. Es ist also nur der erste Fall der wahrscheinlichere.
Fray Antonio Mozo überschreibt das VIII. Cap. seines Werkes mit: „Missiones de Balugas ó Aëtas”, er will also Balugas mit Negritos identificiren, wie auch aus dem Inhalt des ganzen Capitels erhellt. Was er von dem Leben und Treiben der Balugas erzählt, ist eben so gut auf die heutigen Negritos anwendbar. Die Balugas von Pangasinán, welche Professor Semper sah, müssen also erst seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts mit malaiischem Blute sich gemengt haben, und man wird vorsichtig mit dem Namen Baluga umgehen müssen, nachdem, wie wir soeben gesehen, auch Vollblut-Negritos so genannt wurden und werden.
Noch sei zum Schlusse bemerkt, dass es eine Zeit gab, wo man zweifelte, ob die Negritos sich im Besitze eines eigenen Idioms befänden. Diess kam daher, weil die Negritos im Verkehre mit Spaniern und Indiern sich der Sprache ihrer malaiischen Nachbarn bedienen. Durch die gründlichen Untersuchungen der Herrn Dr. A. B. Meyer, Dr. v. Miklucho-Maclay und Dr. A. Schadenberg ist sichergestellt, dass die Negritos sich im Besitze einer eigenen Sprache befinden, welche freilich von den malaiischen Nachbar-Dialekten nicht unbeeinflusst geblieben ist.
1 Auch die Negritos von Tarlac (Pampanga) sind Ackerbauer, indem sie Reis und Mais pflanzen (Cavada I, 164), ebenso pflegen die Negritos von Camarínes Norte, vom Hunger getrieben, den Vicol-Malaien bei der Bestellung der Reisfelder mitzuhelfen (Cavada II, 447).
2 Dr. Schadenberg fand diese Bestattungsweise nicht allgemein vor, dagegen bestätigt sie Cavada (I, 221).
3 Ähnlich berichtet Dr. Schadenberg (147) nach Serrano und Calayag, dass die Negritos für jeden verstorbenen Stammesgenossen einen Indier (-Malaien) tödten.
Der bedeutendste Zweig der malaiischen Rasse auf den Philippinen wird von den Tagalen (Tagales) gebildet. Die Tagalen bewohnen den centralen Theil Luzons. Die Provinzen und Districte: Manila, Laguna, Cavite, Batangas, Bulacán, Morong, Infanta, Tayabas, Bataán und die Corregidor-Insel werden beinahe ausschliesslich von ihnen bewohnt, nur in Manila bilden Weisse, Chinesen und die Mischlinge dieser Rassen einen erheblichen Bruchtheil der Bevölkerung, wie die officiellen Censuslisten aufweisen. Überdiess wohnen sie in nicht unbedeutender Stärke in der Provinz Zambales, ferner in den Provinzen Príncipe, Isabela und Nueva Écija. An der Nordostküste Luzons ist der nördlichste von ihnen bewohnte Punkt Paranan (Semper, Erdk. X, 258). In der Provinz Camarínes Norte reichen sie von Nordwesten her bis zu dem durch seine reichen Goldminen bekannten Orte Paracáli, wo bereits mehr Tagalisch als Vicol gesprochen wird (Jagor, Phil., 149). Hier hat also das Tagalog seit den Tagen der Conquista bedeutende Fortschritte gemacht, denn in der Zeit des Don Juan de Salcedo waren jene Gegenden von Camarínes Norte ausschliesslich mit Vicols besiedelt. Die grosse Insel Mindoro wurde im XVII. Jahrhunderte nur an den Nordküsten von Tagalen bewohnt (Allg. Hist. XI, 406), heute herrscht auf der ganzen Insel, so weit sie Spanien unterworfen ist, d. h. an den Küsten, die tagalische Sprache. Die Insel Marinduque war bei der Ankunft der Spanier von Visayern bewohnt, welche unter tagalischen Häuptlingen lebten, die Zahl der Tagalen war gering, auch hier bewährte sich die tagalische Sprache als Siegerin, sie ist heute die herrschende, wie die Censuslisten aufweisen. Auf der Ostküste Luzons wird die Insel Polillo gleichfalls von ihnen bewohnt. Verstreut, aber nur in geringer Anzahl, sind sie in allen Theilen der Philippinen zu finden, selbst ausserhalb des Archipels, so fand Jagor auch welche in Singapore (Jagor, Skizzen 35). In Zamboanga auf Mindanao, ferner auf den Marianen bilden Tagalen und deren Mischlinge einen erheblichen Theil der Bevölkerung (Buzeta I, 66). Ebenso giebt es tagalische Niederlassungen seit 1848 im Meerbusen von Davao auf Mindanao (Cavada II, 224).
Die Tagalen zeigen eine grössere Verschiedenheit vom malaiischen Typus als die Visayas (Bastian, Reisen V, 273). Ihre Hautfarbe ist bräunlich mit einem gelblichen Tone, in Manila durch Kreuzung mit Europäern und Chinesen etwas heller als in den anderen Provinzen. Der Körper ist gut gewachsen, die Gliedmaassen sehr zart. Der Kopf ist rund, hinten platt, die Nase ist etwas plattgedrückt und mit breiten Flügeln versehen, der Mund ist gross, die Lippen ziemlich dick. Die Backenknochen treten stark hervor, die Stirne ist niedrig. Die Augen sind gross und dunkel, nach Mallat lebhaft, nach Cañamaque das Gegentheil. Einen eigenthümlichen Eindruck machten auf mich stets die zwei Hautfalten, welche von den Nasenflügeln sich zu den Mundwinkeln hinziehen und die man auf Abbildungen und Photographien selbst jugendlicher Personen schärfer hervortreten sieht, als diess bei Europäern desselben Alters der Fall ist. Dieser Umstand ist noch von Niemandem bemerkt worden. Der Haarwuchs ist ein ungemein üppiger, das Haar schwarz, aber grob. [10]
Die Beweglichkeit ihrer Zehen ist eine auffallende, sie sind im Stande die Füsse zur Unterstützung ihrer Hände herbeizuziehen, mit Leichtigkeit erfassen sie die kleinsten Gegenstände mit den Zehen und heben sie vom Boden auf, um sich die Mühe des Bückens zu ersparen; beim Klettern kommt ihnen besonders diese Eigenschaft zu gute (Ilustr. 1858, n. 7, p. 53). Wir haben bereits oben Ähnliches bei den Negritos gefunden. Die grosse Zehe ist auch von den übrigen durch einen grösseren Zwischenraum getrennt (Buzeta I, 59).
Nicht minder ausserordentlich ist ihr Geruchssinn. Selbst in einer grösseren Gesellschaft erkennen sie an dem Geruche der Taschentücher deren Besitzer (Jagor, Skizzen 39). Es giebt Diener, welche durch Beriechen unter einem Dutzend fremder, frischgewaschener Hemden das Eigenthum ihres Herrn sofort herausfinden. Liebende tauschen Kleidungsstücke &c. aus, um sich am Beriechen derselben zu erfreuen, ist der fremde „Duft” durch den eigenen verdrängt, findet neuer Austausch Statt. Nach Mas (pobl. 87), dem ich auch das Obige entnehme, sollen die Weiber durch ihren Geruchssinn es erkennen, ob ein in ihrer Nähe befindlicher Mann geschlechtlich erregt ist oder nicht (?).
Die Tagalen siedeln sich stets unmittelbar an einem grösseren Wasser an, sei es ein Fluss, ein Bach, ein See oder das Meer selbst, ihr Name selbst soll soviel wie Flussbewohner bedeuten, die Ebene und das Thal sind ihre Heimath, die steilen Hänge, die Gebirgsgelände meiden sie nach Thunlichkeit. In den Zeiten ihrer Unabhängigkeit waren ihre Niederlassungen klein und zersplittert, die Spanier aber zwangen sie, sich in grössere Ortschaften zusammenzusiedeln, welche Pueblos (wenn sie eine autonome Gemeinde bilden) oder Barrios heissen. Es gehörte viel dazu, die zum isolirten Vegetiren sich hinneigenden Tagalen zu dieser Concentration zu bringen, zum Glück begegneten sich da die Absichten der Regierung mit den Interessen der Geistlichkeit und des durch kluge Concessionen gewonnenen eingeborenen Adels.
Die Hütten der Tagalen stehen auf Pfählen; der von den Pfählen eingeschlossene Raum wird durch Bambuslatten abgesperrt (Jagor, Phil. 20), in denselben werfen die Tagalen durch die Spalten des Bodens der Hütte den Kehricht herunter (Semper, Skizzen 50). Die Hütten selbst sind aus Rohr, bei Reicheren aus Brettern und Balken erbaut, meist besteht jedoch nur das Gerüste aus diesem Material, die Wände werden dann aus Pandanusblättern verfertigt. Die Fenster haben Läden aus Fächerpalmblättern oder Bambusrohr. Selten fehlt die Azotea oder Batalan, eine Art Galerie oder Veranda. Das Dach wird mit Blättern der Nipapalme gedeckt, welche oft zu förmlichen Ziegeln geformt sind. Es giebt Hütten, welche sammt dem Mobiliar zwei Centner wiegen (Jagor, Phil. 20). Beim Baue wird zuerst das Dach, dann erst die Hütte selbst hergestellt (Jagor, Phil. 46; Scheidnagel 54). Der Aufstieg geschieht auf einer Leiter oder einem eingekerbten Bambus, bei Nacht wird die Hütte durch Aufziehen der Leiter unnahbar. Die Hütten haben nur ein Stockwerk, dessen Fussboden ungefähr einen Meter über der Erde erhaben ist (Scheidnagel 54). Vornehme Indier, die Principales oder Glieder der Dorf-Aristokratie, haben bessere zum Theil aus Stein erbaute Häuser, welche mitunter ein mit Zink gedecktes Dach besitzen (Scheidnagel l. c.). Das Mobiliar besteht bei der Mehrzahl der Tagalen nur aus dem Kochgeschirr und Matten. Jagor fand die stattlichsten Tagalenhäuser in der Provinz Bulacán, in denselben fehlten weder Stühle, noch Tische, Bänke, Schränke, selbst Spiegel und Lithographien waren vorhanden (Jagor, Phil. 48).
In den Provinzen laufen die Kinder ganz nackt herum oder tragen nur das philippinische Hemd, die Camisa, d. h. eine Jacke, welche nicht einmal den Nabel bedeckt. Selbst grössere Burschen begnügen sich mit dem Tapa-Rabo, einem Baumwollstoffe, welcher zwischen die Beine geschlagen und am Gürtel festgemacht wird (Vila 7). Die Tracht der erwachsenen Männer ist sehr einfach, sie besteht aus der erwähnten Camisa und Beinkleidern, nur pflegt hier das Hemd meist so lang wie das der Europäer zu sein, was aber um so unanständiger erscheint, indem das Hemd über den Hosen getragen wird. Die Hemden der Vornehmen sind oft reich gestickt oder wenigstens mit rothen Knöpfen versehen. Reiche Leute tragen Perlen oder Brillanten als Knöpfe (Scheidnagel 60). Die Mitglieder des eingeborenen Adels tragen über dem Hemde eine schwarze Tuchjacke, doch ist diess nicht ihr ausschliessliches Privileg, wie in einigen Werken zu lesen ist. Lächerlich nehmen sich die Kutscher europäischer Herren aus: Das Hemd über den Hosen, eine gallonirte Jacke, Gamaschen und Cylinderhut! Die Füsse tragen sie meist nackt, selbst die eingeborenen Truppen der Spanier tragen Schuhe nur zur Parade, und in der Stadt, bei Märschen und im Felde gehen sie barfuss, sonst würden sie bald marschunfähig werden. Die Vornehmen tragen mitunter selbst Lackschuhe (Scheidnagel 60).
Auf dem Kopfe tragen sie einen grossen Hut, den Salacot oder Salacó. Dieser hat die Form eines Kugelsegments und ist sehr häufig mit einer Spitze versehen, welche aus Silber oder gar aus Gold besteht (Scheidnagel, l. c.). Das Material sind Palmenblätter, Stroh &c. Vornehme tragen gern Hüte europäischer Façon, ja mit Vorliebe Cylinder.
Ärmere Frauen tragen nur die kurze Camisa und dann die Saya. Letztere ist ein Frauenrock, der von der Hüfte bis zu den Knöcheln reicht, oft aber auch die Waden ganz unbedeckt lässt. Bei der Kürze der Camisa bleibt häufig [11]ein Streifen nackten Leibes den Blicken der Männer ausgesetzt. Reichere tragen noch den Tápis, dieser besteht aus einem Zeuge, welches um den oberen Theil der Saya herumgewunden wird. Sie wissen den Tápis in einen schönen Faltenwurf zu bringen. Man liebt besonders gestreifte Stoffe, am berühmtesten sind die Tápisstoffe, welche in Balívag (Provinz Bulacán) fabricirt werden, sie sind dunkelbraun und weiss gestreift. Die Stoffe zu diesen Kleidern werden aus Baumwolle, Abacá oder Seide verfertigt. Das Haar tragen die Weiber aufgelöst oder in einem durch einen Kamm zusammengehaltenen Knoten („pusod”) geknüpft. Zum Schmucke der Haare dienen Blumen. Geschmeide wird gleichfalls getragen, doch ist es meist europäischen oder chinesischen Ursprunges oder doch fremden Mustern entlehnt. Die Füsse stecken bei allen Bemittelten in eigenthümlichen Pantoffeln, den sogenannten Chinelas, deren Oberdecke so kurz ist, dass sie kaum die Zehen bedeckt.
Die Tagalen leben vom Fischfang und Ackerbau. Der Reis ist ihre Hauptnahrung, deshalb wird er auch am meisten gebaut. Auf einer Ausstellung zu Manila wurden 60 angeblich verschiedene Reisgattungen ausgestellt, welche sämmtlich in den Philippinen gebaut werden (Jagor, Skizzen 37). Dem Reisbau wenden sie auch die grösste Sorgfalt zu, obwohl sie nicht viel mehr zu bauen pflegen, als sie selbst zum Unterhalte brauchen. Wo die Äcker an Waldwildnisse grenzen, werden sie durch lebendige Hecken aus einer sehr stacheligen Bambusart geschützt (Semper, Skizzen 135). Die Ackergeräthe sind sehr plump und meist aus Bambus zusammengesetzt. Den Pflug zieht der Carabao-Büffel, von dem ich noch weiter unten sprechen will. Reis ist ihre tägliche Nahrung, und man sieht die Weiber stets damit beschäftigt, den noch in der Hülle steckenden Reis—„pálay” genannt—durch Stossen in einem Holzmörser—lusong—zu enthülsen. Diejenige Speise, welche bei ihnen nicht nur die Stelle unseres Brotes vertritt, sondern für viele die ausschliessliche Nahrung ist, besteht nur aus in Wasser gekochtem, oft ungesalzenem Reis, der Name derselben ist: Morisqueta oder Canin. Auch ihre Leckereien und Delicatessen bestehen meistentheils aus Reis, so die Bibinca (gekochter Reis mit Cocosmilch) &c. Aus Reis wird auch ein Branntwein gebrannt. Die Vorliebe für den Reis ist so gross, dass selbst der Chocolade gerösteter Reis zugesetzt wird.
Nächst dem Reis werden noch Camóte und Mais gebaut. Camóte (Convulvulus batatas) wuchert beinahe ohne jede Pflege, sie ist „eine unversiegbare Vorrathskammer für den Besitzer, der das ganze Jahr hindurch seinen Bedarf dem Felde entnehmen kann” (Jagor 122). Von Nahrungspflanzen für heimischen Bedarf werden noch Gabi (Caladium), Ubi (Dioscorea) und zwei Arumarten cultivirt. Der Cacaobaum wird zwar gepflanzt, liefert aber bei der Indolenz der Eingeborenen und der Empfindlichkeit des Baumes einen schlechten Ertrag. Der Caffeebau, für den Export bestimmt, nimmt immer mehr zu, Zuckerrohr wird von den Tagalen nicht in der Menge gebaut, wie von den Visayern. Die Fruchtbäume des ostindischen Archipels werden auch von den Tagalen gezogen, ich gebe hier die wichtigsten nach der „Ilustracion filipina” (1859, n. 12, p. 99) mit den tagalischen Namen an: Manga (Mangifera indica), Saguing (Musa paradisiaca) von den Spaniern „plátano” genannt, Atte (Annona squamosa), Sapote (Sapote nigra), Tampoy (Eugenia Malaccensis), Piña (Bromelia ananas), Mangostan (Garciana mangostana), Sagú (Sagus Rumphii). Die Cocospalme ist nächst der Musa paradisiaca der wichtigste Fruchtbaum. Sie wird in grossen Wäldern oder Hainen (Cocales) gepflanzt, bekannt sind die Cocoteros von Pagsanjan, die Cocosnüsse werden von dort in haushohen Pyramiden über die Laguna de Bay und den Pasig nach Manila gerudert: „diese Massen haben keine weitere Unterlage als die Cocosnüsse selbst, deren unterste Schicht mit Stricken zusammengebunden ist” (Hügel 236). Aus der Milch der Cocosnuss bereiten sie verschiedene süsse Speisen und Bäckereien, insbesondere die Speise Macapumi (Scheidnagel 75), diese Palme liefert ihnen den so beliebten Tuba-Wein, und das Cocosöl dient zum allgemeinen Leuchtmaterial, sowie zur Pomade. Aus dem Zuckerstoffe der Buripalme bereiten sie die Zuckerspeise Chancaca, desgleichen aus Pilikörnern1 (Scheidnagel, l. c.). An den Flussläufen wird Nipa littoralis gezogen, von welcher auch Branntwein gewonnen wird. Von Nutzpflanzen werden von den Tagalen Baumwolle, Indigo und Abacá (Manilahanf) gebaut. Der Tabak wurde vor der Einführung des Monopols von den Tagalen fleissig gepflanzt, jetzt (seit 1781) ist sein Anbau auf bestimmte Provinzen beschränkt. Von den erwähnten Pflanzen sind folgende erst durch die Spanier eingeführt worden: Indigo(?), Tabak, Mais, Caffee, Cacao und Camóte.
Die Hausthiere der Tagalen vor Ankunft der Spanier bestanden nur aus dem Carabao-Büffel, dem Schweine, Hunde und Geflügel, unter letzterem besonders Hühner und Enten. Erst die Spanier brachten Rind, Pferd, Schaf und Esel, doch haben diese beiden letzteren Thiergattungen sich in diesem Lande nicht bewährt und werden demgemäss auch nicht mehr oder nur hie und da gezüchtet. Der Carabao dient nicht nur als Zugthier, er wird auch zum Reiten benutzt (Cañamaque, Recuerdos I, 152). Das Schwein galt bei den Tagalen der Conquista als ein äusserst wichtiges Thier, wesshalb es bei Opferfesten stets als Schlachtopfer diente, bei vielen religiösen Ceremonien war wenigstens Schweineblut [12]erforderlich. Auch heute noch bildet Schweinefleisch eine Lieblingskost der Tagalen, doch pflegen sie gar keine Sorgfalt auf diese Thiere zu verwenden, welche sich meist nur von menschlichen Excrementen nähren (Jagor, Phil. 124). Vom Rinde kommen zwei Gattungen vor, die spanische, im XVI. Jahrhunderte über Neuspanien eingeführt und der indische Zebu (Scheidnagel 104), der erst in neuerer Zeit eingeführt worden sein muss, da ältere Werke hierüber gar Nichts erwähnen. Beide Rindergattungen werden hauptsächlich des Fleisches wegen gezogen, zur Arbeit gebraucht man nur den Büffel. Ziegen sind sehr selten (Scheidnagel 105), ebenso wie Schafe. Die Pferderasse ist ein kleiner Schlag, gemischt aus andalusischem, chinesischem und japanischem Blute (Jagor 123 und 315, nach Morga fol. 130 und 161).
Von Geflügel werden hauptsächlich Hühner und Enten gehalten, erstere nicht blos des Fleisches oder der Eier wegen, sondern, wie ich es weiter unten ausführlicher besprechen werde, um die Hähne zum Kampfsport aufzuziehen. Die Entenzucht der Tagalen hat auf den Philippinen einen weiten Ruf, insbesondere sind es die Ortschaften am Pasig und der Laguna de Bay, deren Bewohner sich mit der Entenzucht im grossartigsten Maassstabe befassen, besonders Pateros erfreut sich einer grossen Berühmtheit, und zwar werden die Eier künstlich ausgebrütet. Die Ilustracion filipina (1860, n. 4, p. 38) berichtet darüber folgendes: Das Weib—mit dieser „Industrie” befassen sich nur die Weiber—richtet 1000–1500 Enteneier zu, dann schlägt sie Pálay (Reis in der Hülse) in ein rohes Gewebe („tigbó”) und macht diesen Haufen entweder durch ein Feuer oder die Glut der Sonnenstrahlen warm. Darauf wird ein grosser Korb genommen und in diesem eine Schicht des gewärmten Pálay’s ausgebreitet, darauf folgt eine Schicht Eier und so abwechselnd fort, bis die oberste Schicht wieder von Pálay gebildet wird. Diese Operation wird durch mehr als zwei Wochen täglich zwei Mal ausgeführt, hierauf werden die Eier in einen Trog, der mit Reishülsen gefüllt ist, gelegt und mit Zeug bedeckt, um ein Ausstrahlen der Wärme zu verhindern, andererseits wird wieder gelüftet, um die nöthige gleichmässige Temperatur zu erhalten. 12 oder 14 Tage nachher kriegen die jungen Enten aus den Eiern hervor, 800–1000 an der Zahl. Sie werden sofort in eingezäunte Wasserplätze gebracht. „Vor jeder Hütte befindet sich gegen den Fluss (Pasig) zu ein grosser eingezäunter Platz, wo diese Thiere sich sonnen und nach Belieben im Wasser baden können. Der vom Fluss bespülte Boden des kleinen Geflügelhofes wird jeden Morgen mit Sorgfalt gereinigt, umgegraben und täglich von Neuem mit einer grossen Menge von Schalthieren angefüllt, welche den Enten zum Futter dienen und von den Eingeborenen in kleinen Canoës aus dem See (Laguna de Bay) geholt werden, wo dieselben zu Milliarden im Schlamm leben. In Pateros werden jährlich Millionen von Enten als Handelsartikel gezogen, indem die Tagalen, gleich den Chinesen, halbausgebrütete Eier und Küchlein für besondere Leckerbissen halten” (Scherzer, Novara-Reise I, 602). Gänse wurden von den Spaniern aus China importirt (Jagor, l. c.).
Nächst dem Reis und der Camóte bilden Fische die Hauptnahrung der Tagalen. Die Hauptbeute liefert der Dalag-Fisch (Ophicephalus vagus, Peters). „Wenn in der Dürre die Bäche zu einer unzusammenhängenden Kette von Tümpeln einschrumpfen, dann beginnt der Dalag-Fang. Der Dalag gräbt sich im Schlamme weiter fort, deshalb werden zunächst flussabwärts in den Schlamm engmaschige Bambusgitter gesteckt, um ein Entweichen des Fisches zu verhindern, darauf wird das Wasser aus den Lachen herausgeschöpft und die Fische ausgegraben” (Jagor, Phil. 47). In der nassen Zeit sind sie auch so häufig in allen Gräben und Reisfeldern zu finden, „dass sie mit Knitteln todtgeschlagen werden” (Jagor, l. c.). In Flüssen und Bächen werden die Fische dadurch gefangen, dass man die betäubende Frucht des Tuba-Tuba-Baumes in das Wasser wirft oder in der Nacht sie durch Fackeln, besonders die Aale, in den Handbereich lockt (Scheidnagel 151). Die Strandbewohner des Meeres und der Binnen-Seen fangen die Fische auf ähnliche Weise und durch Harpunirung (Semper, Skizzen 31), oder sie fangen sie durch besonders construirte Netze und Fangapparate, welche die Küstenschifffahrt behindern. Die Netze beruhen auf einem Hebelapparate, der auf einem grossen von Bambusrohr gebauten Floss steht (Semper, Skizzen 111). Die kleinen Fische werden meist an der Sonne getrocknet oder gesalzen (Scheidnagel 60), sie bilden die picante Zukost zum faden Reis.
Der Jagd verdanken sie den geringsten Theil ihrer Nahrung. Der wilde Carabao wird zu Pferde, welche zu diesem Zwecke besonders abgerichtet sind, und mit der Lanze gejagt (Näheres: Ilustr. 1859, n. 10, p. 78) oder man lockt ihn durch eine zahme Carabao-Kuh heran und haut ihm dann in seiner blinden Liebesbrunst die Sehnen mit dem scharfen Campilan entzwei (l. c.). Gefangen wird er mit dem Lazo. Hirsche und Wildschweine kommen häufig vor. Wildenten werden gejagt, indem der Tagale den Kopf sich mit Zweigen bedeckt und schwimmend oder watend sich den Enten nähert und eine nach der anderen unter das Wasser zieht (Scheidnagel 150). Der fliegende Hund wird seines wohlschmeckenden Fleisches wegen gleichfalls verfolgt (Jagor, Skizzen 217). Heuschrecken werden in irdenen Pfannen geröstet, jedoch nur die Köpfe und Rücken gegessen (Jagor, Phil. 219). Trotz ihres hochentwickelten Geruchssinnes essen die Indier gern faules Fleisch (Jagor, Skizzen 39). Der Tagale isst drei Mal des Tags, um 7 Uhr Morgens, 12 Uhr [13]Mittags und um 7 oder 8 Uhr Abends. Alle Speisen sind stark mit spanischem Pfeffer gewürzt (Jagor, Phil. 126).
Die Waffen der Tagalen in der Zeit der Conquista bildeten Lanze, Schild und Campilan (säbelartiges Waldmesser), alles noch heute vorhanden. Bogen und Pfeile sind noch heute im Gebrauche (Meyer, Negr.). Zahlreich sind ihre verschiedenen Schiffsgattungen. Da ist die Falúa oder Lorcha, ein grosses, bequemes, aber schwerfälliges Ruderschiff, das Pontin, ein Zweimaster mit Mastensegeln von etwa 100 Tonnen Gehalt. Am häufigsten ist am Pasig der Casco, ein Zweimaster ohne Deck, jedoch mit Strohmatten überdacht, längs der Bordseiten läuft ein Trittbret, auf welchem die Schiffsleute sich bewegen, wenn sie mit ihren langen Stangen das Fahrzeug vorwärts stossen. Der Casco führt einen Holzanker und ist am Vordertheile meist weiss und roth bemalt (Ilustr. 1860, n. 5, p. 49). Barotos sind kleine Handelsschiffe. Die Bancas sind Kähne mit einem Schutzdache, sie werden mit Rohrstangen vorwärts bewegt. Die tagalischen Fischerboote in der Bai von Manila haben sämmtlich Auslieger (Hügel 95). In den Zeiten der Conquista besassen noch die Tagalen niedrige, leichte Schiffe ohne Verdeck mit Ausliegern, Barangay oder Balangay genannt. Die Barangayes besassen ein bis zwei Maste, konnten aber auch durch Ruder fortgetrieben werden, über den Ruderbänken befand sich eine Galerie aus Bambus, auf welcher die Krieger standen (Jagor 311, Morga fol. 128, Morga-Stanley 297).
Als die Spanier mit den Tagalen zum ersten Male in Berührung kamen, fanden sie bei ihnen bereits den Islam vor, der erst kurz vorher von Borneo aus importirt worden war; aber, obwohl überall unter den Tagalen verbreitet, waren in den Binnendistricten es nur die Häuptlinge, die den neuen Glauben angenommen hatten (Morga-Stanley 307 f.). In einem Berichte, den der Vicekönig von Neuspanien, Dr. Martin Enriquez, an Philipp II. am 5. December 1573 von Méjico aus richtet, bemerkt er über die Luzon, dass der Islam seinen Bewohnern aufgezwungen wäre und noch keine festen Wurzeln gefasst hätte, „weil viele von ihnen Wein trinken und Schweinefleisch essen” (Cartas de Indias, fol. 291). In der That hing noch der grösste Theil der Tagalen fest an seinem alten heidnischen Glauben, und als dann das Christenthum ihre Religion wurde, blieben noch die meisten religiösen Anschauungen ihres Heidenthums bei ihnen wach und sind es auch bis zum heutigen Tage, alle Bemühungen der Mönche vermochten nicht die nunmehr zum Aberglauben gestempelten altreligiösen Bräuche auszurotten.
Ihre alte Religion enthielt den Glauben an einen Weltschöpfer und Hauptgott, der im Himmel throne, überdiess noch an eine grosse Zahl von bösen und guten Dämonen, neben dieser Mythologie besassen sie noch den Ahnencultus, indem die Seelen der als Grossväter verstorbenen, die Anitos oder Nonos, zu Hausgöttern oder Schutzgottheiten gewisser Plätze werden. Sie besassen auch Priester (Catalonanes) und Priesterinnen (Catalonas), welche von ihrem Hohenpriester, dem „Sonat”, zu ihrem Amte geweiht wurden.
Noch heute existirt die heilige Scheu vor den Seelen der Verschiedenen, den Nonos, ich werde bei Gelegenheit der Todtenbestattungen noch darauf zurückkommen. Freilich in Manila und dort, wo die Spanier zahlreicher wohnen, treten diese Erscheinungen nicht so grell zu Tage. Abergläubische Indier pflegen (wohl nur Abends) etwas Speise am Tische liegen zu lassen, damit die Geister der Verstorbenen sich sättigen können (Mas, pobl. 94). In vielen Dörfern besteht noch der Brauch „Pasing-tabi sa Nono”, d. h. die Tagalen bitten die Seelen ihrer verschiedenen Ahnen, sie mögen die Arbeit oder das Werk, womit sie sich gerade beschäftigen wollen, zu einem guten Ende führen (El Indio viejo von F. de P. Martinez in Ilustracion 1859, n. 7, p. 54). Grosse stattliche Bäume, charakteristisch geformte Berge gelten ihnen als Wohnsitze der Nonos oder Anitos. Niemand geht vorbei, ohne zu rufen: „mit Deiner Erlaubniss”, sonst würde ihnen der Nono schweres Unheil oder Krankheit senden. Wenn sie einen Baum (Waldbaum?) fällen müssen, so bitten sie den Nono um Entschuldigung und rufen unter anderem: der Padre (Pfarrer) hat es befohlen, es ist nicht unsere Schuld und auch nicht unser Wille (Mas, pobl. 90). Die alten Götter und Dämonen Tigbalang, Patianac, Sava &c. leben in ihrem Glauben noch heute, nur sind sie zum Range von Gespenstern heruntergesunken (Mas, l. c.). Sie glauben auch an eine Art Wünschelruthe, den „Antinantin”, welcher ihnen Reichthümer und Glückseligkeit verschaffen soll (Mas, pobl. 91). Einen eigenthümlichen Aberglauben hegen sie Schlafenden gegenüber; es gilt für die schwerste Beleidigung, über einen Schlafenden hinwegzuschreiten oder ihn plötzlich und schroff aus dem Schlafe zu wecken (Jagor, Phil. 132). Mas führt diese Sitte auf die Furcht der Indier zurück, im Schlafe zu sterben (Mas, pobl. 77).
Äusserlich2 hängen sie fest an dem katholischen Glauben. Das Tragen von Scapulieren, Rosenkränzen, Reliquien und Heiligenbildern ist allgemein (Mas, pobl. 100). Baron Hügel sah 1834 bei den Tagalen an der Laguna de Bay, dass sie am Boden des Salacó ein Heiligenbild oder Amulet trugen, von welchem sie glaubten, dass es sie schütze. Sie beteten zu [14]ihm, indem sie den Hut abnahmen und auf das Bild starrten; sah irgend ein Anderer in den Hut und erblickte er das Bild, so war die Zauberkraft desselben vollständig erloschen (Hügel 207). Festlichen Gottesdienst, Processionen und Kirchenfeste machen sie sehr gern mit (Scheidnagel 62), in Manila soll diess weniger der Fall sein als auf dem Lande (Mas, pobl. 103). Die Beichte ist bei allen dieselbe, sie haben stets nur drei Sünden: am Fasttage Fleisch gegessen, am Sonntage die Messe versäumt und eitel geschworen zu haben (Mas, l. c.). Sie erzählen gern von Visionen, die sie gehabt hätten (Mas, pobl. 95), noch zu Anfang dieses Jahrhunderts war der Glaube an Hexen weit verbreitet (Mas, pobl. 122). Die tagalischen Maler malen gewöhnlich die Christus- und Heiligenbilder nach Modellen ihrer eigenen Rasse, diesen Heiligenbildern erweisen sie aber geringere Verehrung, indem sie sagen, die Heiligen wären sämmtlich Spanier gewesen (Mas, pobl. 102). Um Diebe zu entdecken, bedienen sie sich verschiedenartiger katholisch gefärbter Bräuche: so, um nur einen herauszugreifen, wird eine Kerze dem hl. Antonius von Padua angezündet, rings herum knieen die Verdächtigen, neigt sich die Kerze oder Fackel gegen einen derselben, so ist dieser der Schuldige (Mas, pobl. 93, nach Fr. Tomas Ortiz, Práctica del Ministerio). Neben den Heiligenbildern und Reliquien, welche meist von Weibern getragen werden, tragen sie noch andere Amulete mit sich herum, welche aus Wurzeln, Rinden, Fellstückchen, Knochen &c. bestehen, denen sie die Gewalt zuschreiben, sie entweder in Gefahren zu schützen oder Reichthümer und Liebesgenuss zu verschaffen (l. c.). Der Glaube an Prophezeiungen und Unglückstage ist gleichfalls verbreitet (l. c.).
Machen sich bei einer Frau die Geburtswehen fühlbar, dann trifft der Gatte alle Anstalten, um dem Patianac und dem Usuang entgegenzutreten, beides sind böse Dämonen. Der Patianac sucht die Geburt unmöglich zu machen und ebenso wie der Usuang die neugeborenen Kinder zu tödten (Mas, pobl. 92). Man schreibt dem Vogel Tictic es zu, dass er diesen beiden Unholden durch seinen Gesang jene Orte anzeige, wo eine Kreisende sich befinde. Um nun diese bösen Geister abzuhalten, steigt der Gatte der Wöchnerin ganz nackt3 oder nur mit einem Schurze bekleidet auf das Dach seiner Hütte, bewaffnet mit dem Campilan, der Lanze und womöglich mit einem Schilde, um das Haus stellen sich seine Freunde auf und nun haut und sticht er wüthend in der Luft herum, damit die beiden Unholde nicht in die Hütte eindringen können (Mas, pobl. 123). Oft suchen sie den Patianac dadurch irre zu führen, dass sie die Kreisende schnell in eine andere Hütte bringen und so den Unhold im Besitze des leeren Hauses lassen (Fr. Tomas Ortiz in Mas, pobl. 92).
Im Wochenzimmer selbst werden alle Thüren und Fenster fest verschlossen (Jagor, Phil. 130), um dem Patianac das Eindringen unmöglich zu machen. In der Stube selbst sammeln sich die Verwandten und erfüllen die ohnehin stinkige Luft des Zimmers mit den Rauchwolken ihrer Cigarren und Cigarritos. Hildebrand (Kossak, III, 32) sah, dass auch die Kreisende in den Pausen ihrer Wehen sich die Zeit durch Rauchen verkürzte. Sobald die Geburt Statt gefunden hat, pressen die anwesenden Weiber mit aller Kraftanwendung von beiden Hüften aus den Bauch der Wöchnerin zusammen, „um die inneren Organe wieder in den alten Status zurückzubringen” (Mas, pobl. 88). Ist das Kind geboren, so ist damit noch nicht alle Gefahr vor jenen beiden Unholden zu Ende, zwar stellen der glückliche Vater und dessen Freunde das Luftgefecht ein, aber um das Kind vor den Klauen jener Ungeheuer zu schützen, werden Räucherkerzchen angezündet (Mas, pobl. 85), bis die Taufe alle Gefahr beseitigt. In entfernteren Provinzen soll von den Tagalen noch heimlich die Beschneidung ausgeübt werden, der Schnitt wird von oben bis unten geführt (el corte se hace de arriba abajo); es ist diess nicht etwa eine Erinnerung an den Islam, denn auch die heidnischen Stämme der Philippinen übten zur Zeit der Conquista schon die Beschneidung (Mas, domin. I, 21), doch scheinen die einwandernden Moslim aus Borneo die Sitte nach Luzon gebracht zu haben (Morga-Stanley 308).
Hatte Jemand die Absicht, ein Mädchen zu heirathen, so war es früher üblich, dass der Bräutigam drei bis vier Jahre bei seinem zukünftigen Schwiegervater nicht nur Wohnung nahm, sondern auch die schwierigsten Knechtsarbeiten verrichtete. Dann erst erhielt der Ehestandscandidat die Ersehnte zur Frau, wobei seine Eltern die Hütte, Kleider &c. hergeben. Diese Sitte hat sich nicht mehr halten können, da die Pfarrer gegen das Anstössige derselben mit allem Eifer arbeiteten; wo sie noch hie und da erhalten ist, darf der Bräutigam zum wenigsten nicht in der Hütte seiner Braut wohnen (Mas, pobl. 87). Will der Tagale der Jetztzeit heirathen, so schenkt er seiner Auserwählten irgend eine werthvolle Sache oder Geld, welches ihre Eltern sich in der Regel aneignen, letztere pflegen auf diese Gabe so erpicht zu sein, dass sie ihre Tochter, selbst wenn sie geschwängert ist, lieber ledig lassen, als dass sie auf jenes Geschenk verzichten würden (Mas, pobl. 88 u. 125).
Die Hochzeit wird mit einem festlichen Gelage („Catapusan”) gefeiert, von diesem bringen sie einige Gerichte unter den von ihnen als Sitz der Nonos verehrten Balete-Baum: [15]es ist schon vorgekommen, dass sie bei einer solchen Festlichkeit sich vom Pfarrer Weihrauch zu erschwindeln wussten, um diesen dann unter dem heiligen Baume zu verbrennen (Mas, pobl. 88). Bei der grossen Sinnlichkeit der Tagalen ist Ehebruch nichts weniger als selten, er wird auch sehr gelinde gestraft, die Frau wird gehörig durchgeprügelt, womit die Sache abgethan ist, dem Verführer geschieht gar Nichts (Jagor, Phil. 129). Die Behandlung der Frauen ist eine gute, die Männer aber sind meist liederlich (Jagor, l. c.). Sind die Gatten einander überdrüssig geworden, so verschwindet der unzufriedene Theil, oder sie gehen in grösster Gemüthsruhe auseinander (Cañamaque, Recuerdos I, 136). Alt und Jung, Weiber und Männer schlafen bunt durch- und nebeneinander (Mas, pobl. 124, nach Fr. Manuel Ortiz), bei ihrer Geilheit und Ungenirtheit ist Incest nicht ausgeschlossen (Cañamaque, Rec. I, 168 u. 174), letzteren Vorwurf erhebt auch Renouard de St.-Croix (a. v. St.), doch darf man nicht vergessen, dass sowohl St.-Croix wie Cañamaque gern grelle Farben auftragen.
Trotz der Bemühung der spanischen Mönche ist die Sittenlosigkeit eine grosse und zwar nicht nur in Manila, sondern auch auf dem Lande. Auf Jungfräulichkeit wird gar nicht gesehen, die Mädchen geben sich ohne Weiteres jedem Liebhaber preis, nur wenige treten im jungfräulichen Zustande zum Traualtar (Mas, pobl. 124), es rührt diess noch aus den Zeiten des Heidenthums her, wo der jungfräuliche Stand in gar keinem Ansehen stand. Der Coitus wird nach Cañamaque (Recuerdos I, 174) angeblich ganz ungenirt auf offener Strasse vollzogen, derselbe Autor beschuldigt (l. c.) selbst Kinder der Unzucht (?). Cañamaque (Recuerdos I, 43) spricht ihnen auch alles Schamgefühl ab: Männer wie Weiber, besonders in der Provinz, lassen sich splitternackt erblicken, ohne die geringste Verlegenheit zu zeigen! Prostitution ist vorhanden (Vila 10).
Diebstähle kommen unter ihnen häufig vor, am allerhäufigsten Spaniern gegenüber, indem sie behaupten, alles, was jene besässen, sei Landeseigenthum (Mas, pobl. 80). Zum Räuber- und Piratenleben sind sie sehr geneigt, und diess hängt mit ihrer Neigung zum unabhängigen Müssiggang zusammen. Der Tagale hat einen ausgesprochenen Hang, isolirt zu leben, wären nicht die Pfarrer und die Dorfältesten (cabezas de barangay) für die Abgaben ihrer Untergebenen solidarisch haftbar, die Städte und Dörfer würden dann längst sich in Familienniederlassungen (Ranchos) aufgelöst haben (Jagor, Phil. 106). Trotz der Wachsamkeit dieser Behörden verlassen viele Tagalen ihre Dörfer und flüchten sich in die undurchdringlichen Bergwildnisse, wo ihnen die Gendarmerie Nichts anhaben kann. Diese Flüchtlinge, welche ganz in die Ungebundenheit der Wilden zurückfallen, heissen Remontados. Aus ihnen und entlaufenen Verbrechern und eingeborenen Deserteuren recrutiren sich die nicht seltenen Räuberbanden. Diese Räuber („Tulisánes”) vereinigen sich oft zu grösseren Corps und ihre Verwegenheit ist nicht gering; hat doch zu Anfang der sechziger Jahre eine Bande von Tulisánes die Frechheit gehabt, einen Vorort Manila’s anzugreifen, bis das schnell herbeieilende Militär sie wieder hinauswarf (Jagor 181). 1866 wurden 50 Räuber aufgeknüpft und 140 zur Zwangsarbeit verurtheilt (Jagor 182, Note 101). Trotz der Unermüdlichkeit der Gendarmerie wuchert das Räuberunwesen fort, wenngleich nicht mehr in so hohem Grade wie früher. 1876 fand Ritter v. Drasche (Fragmente, 54) im Nordwesten der Laguna de Bombon Räuberbanden, 1877 wurde in der Prov. N. Écija eine grosse Bande durch zwei Compagnien Infanterie ausgehoben, dasselbe wiederholte sich 1880 (Scheidnagel 67). Im letzteren Jahre wurden die Banden des Antonio Sumicat und Juan Martin zersprengt und ihre beiden Führer, welche sich zusammengefunden, endlich erwischt und hingerichtet. Die beiden Kerle ritten auf Carabaos (Diario 1880, Num. 165).
Das Betelkauen ist die Hauptleidenschaft des Tagalen. Die Betelportion heisst Buyo. Der Buyo wird in verschiedenen Sorten fabricirt, deren beste den Namen „buyo de castila”, d. h. spanischer Buyo, oder Buyo der Weissen führt (Ilustr. 1859, n. 8, p. 62). Die Areca heisst Bonga, der Betel Icmo (l. c.). Mit dem Verkaufe befassen sich meist junge Mädchen, die Buyeras, deren Kramläden von Verehrern ihrer Reize stets umschwärmt werden. Alte Leute, denen die Zähne ausgefallen sind, zerstossen sich den geliebten Buyo in kleinen Mörsern aus Bambusrohr, welche Calicot oder Calicut heissen (Ilustr. 1859, n. 7, p. 53). Bei Festtafeln der Tagalen wird auch Buyo präsentirt (Cañamaque, Recuerdos I, 35). Der im Munde zerkaute Buyo wird Sapa genannt, welchen Liebende mit einander als Zärtlichkeitsbeweis austauschen (Cañamaque, Recuerdos I, 150). Die Tagalen hungern lieber, als dass sie auf den Buyo verzichten (Ilustr., l. c.).
Nächst dem Buyo und dem Tabak liebt der Tagale den Hahnenkampf über alles. Dr. Jagor erwähnt (Phil. 21), dass die Hahnenkämpfe erst von den Spaniern und zwar von deren mejicanischen Soldaten eingeführt worden wären, nun ist aber der Hahnensport auch bei den übrigen Malaien verbreitet (Waitz V, 158), die Javaner lassen nicht nur Hähne, sondern auch Wachteln mit einander kämpfen (Bastian, Reisen V, 215), auch auf den Carolinen findet man diesen Sport (Waitz V, 2. Abth. 129), und was am schlagendsten ist: die Spanier fanden bei der Entdeckung der jetzt Marianen genannten Inseln diese Thierquälerei vor (Oviedo XX, 16). Es ist daher nicht so unwahrscheinlich, [16]dass die Tagalen schon vor Ankunft der Spanier mit diesem Sporte bekannt waren.
Fast jeder Tagale besitzt einen Kampfhahn, den er mit mehr Sorgfalt behandelt als seine Kinder; das erste, was der Indier beim Erwachen macht, ist, sich nach seinem Hahne umzusehen, das letzte, was er vor dem Einschlafen thut, ist, das geliebte Thier zu liebkosen (Cañamaque Recu. a. v. St., Mas, pobl. a. v. St.). Keines ihrer Hausthiere wird so gepflegt, wie dieses. Wenn der Indier arbeitet, so hat er seinen Hahn in der Nähe angebunden, um in den (zahlreichen) Ruhepausen den Liebling zu streicheln oder wenigstens an seinem Anblicke sich zu sättigen. Für einen guten Hahn zahlt ein Tagale oft 40 bis 70 Pesos (Cañamaque, Recu. II, 7), besitzt er den Hahn schon einige Zeit hindurch, dann ist er ihm überhaupt nicht mehr feil. Sie tragen den Hahn unter dem Arme auf ihren Spaziergängen, setzen ihn zeitweilig auf die Erde und suchen ihn zum Kampfe dadurch zu üben, dass sie einen anderen Hahn in die Nähe des ihren bringen und beide aufeinander loshacken lassen. Die Leidenschaft für den Hahnenkampf ist bei ihnen so tief gewurzelt, dass es wohl kaum einen Indier giebt, der sich nicht einen Kampfhahn hält, „selbst wenn er Nichts zu essen hat, findet er Geld zum Hahnenkampf” (Jagor, Phil. 127).
Der Hahnenkampf selbst darf nur in besonderen zu diesem Zwecke erbauten Arenen Statt finden, indem dieser Sport seit 1779 mit einer eigenen Steuer belegt ist, welche „Gallera” heisst. Zum Kampfe werden die Hähne mit Stahlsporen versehen, welche aus alten Rasirmessern verfertigt werden. In der Arena macht das Phlegma des Tagalen einer leidenschaftlichen Erregung Platz, die Höhe der Wetten ist gesetzlich auf das Maximum von 50 Pesos beschränkt (Jagor, Phil. 22), sonst würden die Indier all’ ihr Hab und Gut verspielen, was trotzdem nicht selten geschieht.
Stiergefechte werden auf Luzon zwar auch gegeben, doch dienen diese nur zur Belustigung der Spanier Manila’s, die Tagalen haben bisher diese nationale Sitte ihrer weissen Herren nicht acceptirt. Dagegen hat sich das Billardspiel bei ihnen eingebürgert, das Billard der Tagalen besteht oft nur aus „Pandanusmatten mit Banden von fünf Rotan, spanischen Röhrchen” (Hügel 148), der Tisch ruht oft auf steinernen Pfeilern. Gewöhnlich treten an Stelle der elfenbeinernen Kugeln solche aus hartem Holze (Ilustr. 1860, n. 10, p. 109). Auf diesen Billards wird Carambol, Einunddreissig und Kegelpartie (mit neun Kegeln) gespielt (l. c.). Auch Karten spielen sie mit grosser Leidenschaftlichkeit, besonders „Einunddreissig”, doch dürfen sie nur zu gewissen gesetzlich bestimmten Stunden spielen (Scheidnagel 58), diess ist um so nothwendiger, als sie sonst ganze Nächte hindurch dem Hasard fröhnen würden, wie es denn nicht selten geschehen ist, dass Cabezas de barangay (Viertelmeister) den ganzen Tribut (Kopfsteuer) ihres Viertels im Kartenspiele verloren haben (Mas, pobl. 71). Unglückliche Spieler liefern ein nicht unerhebliches Contingent zu den Remontados.
Sie kennen auch andere harmlosere Spiele, selbst solche, welche unseren Pfänderspielen gleichen (Mas, pobl. 71). Von den Chinesen haben sie es gelernt, Papierdrachen ohne Schweif in die Höhe steigen zu lassen, ein Vergnügen, das sich bei ihnen nicht allein auf die Kinder beschränkt (Scheidnagel 101).
Bei ihren Kirchenfesten fehlt das Pala-pala selten: Auf einem Gerüste, welches dem Traubengelände des europäischen Südens gleicht, wird Laub aufgehäuft, dann buntfarbige Lampions darin aufgehängt, in deren Nähe ganze Büschel von frischen oder getrockneten Früchten, Bäckereien und Zuckerwerk aufgehängt werden. Ist es Abend geworden, so werden die Lampions angezündet und auf ein gegebenes Zeichen stürzen die Festtheilnehmer in die Pala-pala-Lauben, um sich die Leckereien gegenseitig abzujagen. Manchmal ist das Pala-pala nur für Kinder hergerichtet, dem entsprechend ist das Gerüste dann sehr niedrig (Ilustr. 1860, n. 12, p. 143).
Grosse Vorliebe hegen die Tagalen für das Theater. Man darf nicht vergessen, dass sie ein eigenes Alphabet besassen, von welchem in Mas (Informe), wie auch in der englischen Übersetzung des Morga Proben gegeben sind. Diese Vorliebe für dramatische Spiele wurde bei der Christianisirung der Tagalen von den Mönchen nicht angetastet, im Gegentheile, letztere übten mit ihren Pfarrkindern Schauspiele in spanischer wie tagalischer Sprache ein (Morga-Stanley 320). Es giebt ein ständiges tagalisches Theater und zwar in Tondo, das sogenannte „Teatro de Tondo” (Scheidnagel 19), doch die eigentlichen nationalen, freilich schon christlich gefärbten Theatervorstellungen der Tagalen muss man auf dem platten Lande suchen, wo dieselben bei Gelegenheit von Kirchenfesten unter freiem Himmel gegeben werden. Die Dramen haben die Kämpfe zwischen Christen und mohammedanischen Piraten—„Moros” der Spanier—zum Gegenstande. Die Vorstellungen sind endlos, indem sie sich oft 3 Tage und Nächte hindurchziehen, auf der Bühne treten oft Hunderte von Personen auf, wobei zu bemerken ist, dass die Darsteller keine professionsmässigen Schauspieler, sondern schlichte Landleute sind. Die Darstellung eines Gefechts nimmt mindestens eine Stunde in Anspruch und die Kämpfenden gerathen mitunter in eine solche Wuth, dass es zu wirklichem Blutvergiessen kommt. Das oft aus 2000 Familien bestehende Publicum nimmt an diesen Gefechtsscenen den lebhaftesten Antheil, besonders an dem Schicksale der Christen, von allen Seiten erschallen lebhafte [17]Verwünschungen und Flüche gegen die Darsteller der Moros &c. Da diese tagelangen Vorstellungen ohne Unterbrechung fortdauern und das Publicum sich nicht eher entfernt, als bis das Drama mit dem Siege der Christen endet, so nehmen die Zuschauer Lebensmittel mit, wer schläfrig wird, schläft ungenirt auf seinem Sitze ein. Bei Nacht werden Fackeln angezündet (Cañamaque, Recu. I, 60 u. f.).
Mitunter werden in den Landstädten von Spaniern Versuche gemacht, spanische Theaterstücke von Tagalen aufführen zu lassen, doch misslingen sie in der Regel, indem die Tagalen in dem fremden Stoffe und der fremden Ideenwelt sich nicht auskennen und sich daher sehr linkisch benehmen (Jagor, Phil. 84).
Auch die lyrische Poesie wird von den Tagalen gepflegt, es sind meist Liebeslieder, welche in Begleitung von Musikinstrumenten gesungen werden. In einem Liebeslied aus Tayabas heisst es: „Wenn mir mein Bräutchen sterben sollte, ich würde mich über ihren Grabhügel werfen, damit nicht ihre Gebeine Kälte leiden” (Oriente 1878, n. 11, p. 20 nach D. Juan Alvarez Guerra). Bei Festgelagen treten Improvisatoren auf, welche bei Begleitung eines Blasinstrumentes vierzeilige Lieder singen (Cañamaque, Recuerdos I, 39).
Am beliebtesten sind zwölfsilbige Verse, die vierzeiligen Strophen haben alle denselben Reim, wobei zu beachten ist, dass bei den Tagalen der Reim lediglich aus dem letzten Buchstaben oder Laute des Verses besteht (Mas, pobl. 115), diess gilt auch, wenn sie in spanischer Sprache dichten, so sind z. B. die Worte: estrellas, cielos, veces, nubes bei ihnen Reime, weil sie mit einem s endigen. Jedes lyrische Gedicht muss von Musik begleitet werden (Mas, pobl. 116). Von ihren Nationalmelodien—wenn ich mich so ausdrücken darf—ist die bekannteste und beliebteste der Comintan, der zugleich ihre Nationalhymne und ihr Nationaltanz ist. Der Comintan ist im 3/4 oder 6/8 Tact gesetzt (Hügel, 307), seine Weise wird ebenso beim Begräbniss von Kindern gesungen, wie bei festlichen Gelegenheiten nach derselben getanzt wird (l. c. 145). Wird der Comintan getanzt, so tritt nur ein Paar auf, welches pantomimisch eine Liebeserklärung darstellt „von dem Ausdrucke des einfachen Wohlgefallens bis zu der heftigsten Leidenschaft” (Hügel, 307). Eine andere Art des Comintans besteht darin, dass die tanzenden Personen körperliche Gebrechen nachahmen (l. c.). Ein anderer Nationaltanz ist der Talindao, er „wird zu vier Personen getanzt, die sich einzeln gegenüberstehen, meistens ihren Platz nicht verlassen und nur mit wenigen Bewegungen tanzen. Die Musik ist höchst romantisch, ernst, und von Zeit zu Zeit fallen alle vier Personen mit rauschendem Castagnettenschlage ein” (l. c.). Baron Hügel sah bei einem Kirchenfeste im Orte Pasig einen Tanz, der nicht wie die beiden erwähnten bereits spanische Einflüsse offenbart, sondern noch ein Überbleibsel aus den Zeiten vor der Conquista zu sein scheint. Die Tänzer waren Tagalen, welche in der Tracht und Bewaffnung, wie sie vor Ankunft der Spanier üblich war, einhergingen. Sie tanzten unter grosser Bravour und Leidenschaftlichkeit eine Art Waffentanz (Hügel, 186). Übrigens tanzen die Tagalen auch alle europäischen und specifisch-spanischen Tänze als Walzer, Polka, Bolero &c. Die Weiber tanzen mit den Chinelas (Pantoffeln) an den Füssen.
Sie sind grosse Freunde der Musik, fast jedes Dorf hat seine Musikbande (Cañamaque, Recu. I, 50). Europäische Musikstücke spielen sie recht brav, insbesondere Märsche (l. c. 35), und die Militärmusikcapellen Manila’s, deren Musikanten sämmtlich Tagalen sind, werden von allen europäischen Besuchern belobt.
In früheren Zeiten schrieben die Tagalen sämmtliche Krankheiten dem Einflusse bösgesinnter Nonos zu, weshalb sie in Krankheitsfällen denselben, unter den von ihnen bewohnten Bäumen, Opfer darbrachten, welche im Verbrennen einzelner Kräuter und Deponirung von Speisen, Getränken, Tabaksblättern und Buyo bestanden (Mozo, a. v. St.). Auch glaubten sie früher, dass mannigfache Krankheiten und Irrsinn durch Dämone erzeugt werden (Mas, pobl. 92). Heutzutage ist der Glaube so ziemlich verschwunden, dagegen blühen Kurpfuscherei und Wunderkuren. Tagalische Kurpfuscher und Quacksalber giebt es in jedem Orte. Werden diese zu einem Kranken gerufen, so lassen sie sich vorerst von den Angehörigen desselben gehörig bewirthen und mit Tabak beschenken, dann befühlen sie erst dem Patienten den Puls und verordnen, wie es ihnen gerade einfällt, Umschläge, Aderlässe, Hausmittel und Schröpfköpfe (Ilustr. 1859, p. 121). Schröpfen ist sehr beliebt, da die heutigen Tagalen der Ansicht huldigen, dass die Krankheiten dadurch rasch geheilt würden, wenn die böse verdorbene Luft aus dem Innern des Patienten entfernt werde (Mas, pobl. 88). Unter ihren Hausmitteln ist auch eine Epheu-Gattung („Malacatmon”) zu erwähnen, auch Vanille und die Cardamome werden gern von jenen Volksärzten verwendet (Ilustr. 1860, n. 7, p. 80).
Sobald der Tagale die Sterbestunde herannahen fühlt, wird eiligst zu dem Pfarrer geschickt oder, wenn dieser weit entfernt lebt, der Sterbende hingetragen, um die Sterbesacramente zu empfangen, da sonst ein ehrliches Begräbniss verweigert wird (Mas, pobl. 101). Stirbt ein Kind, so wird es unter grosser Lustbarkeit und den Weisen des Comintans zu Grabe getragen (Hügel, 145), hier haben also die Tagalen die spanisch-christliche Anschauung vollständig adoptirt, nach welcher man über den Tod eines unschuldigen Kindes sich nur freuen müsse, da seine Seele doch sofort unter die Englein aufgenommen würde. Bei den Todtenfesten zu Ehren erwachsener Verstorbenen überwiegen aber [18]vollständig die Bräuche und Sitten des früheren Heidenthums. Sobald ein Erwachsener gestorben ist, wird die ganze Verwandtschaft desselben in das Sterbehaus eingeladen, angeblich, um Rosenkränze zu beten, kaum aber sind einige Gebete heruntergeschnarrt, so wird gegessen, getrunken und getanzt und diess durch volle neun Tage (Mas, pobl. 85, Ilustr. 1859, n. 7, p. 55). Dieses neuntägige Fest, welches mitunter zur Orgie ausartet (Vila 10), heisst Siam-na-arao oder Tibao. Am wichtigsten ist der dritte Tag dieses Festes, denn die Tagalen glauben, dass die Seele des Verstorbenen an diesem Tage wieder in das Sterbehaus zurückkehre, um an dem Festmahl Theil zu nehmen. Es werden deshalb Kerzen angezündet und eine mit Asche bestreute Matte ausgebreitet, letzteres geschieht, um an den allenfallsigen Fussabdrücken in der Asche zu erkennen, ob die Seele des Verschiedenen wirklich erschienen wäre oder nicht Vor die Thüre der Hütte wird Wasser in einem Gefäss hingestellt, damit die heimkehrende Seele sich die Füsse waschen könnte (Mas, pobl. 91). Um diesen „Aberglauben” zu unterdrücken, suchen die Pfarrer auf alle Weise es zu verhindern, dass die Hütte eines Verstorbenen den dritten Tag nach seinem Tode von irgend Jemand besucht wird. Die Bestattung ist ganz und gar katholisch, jede nationale Sitte hat hier der Macht der Kirche weichen müssen. Die Tagalen sterben übrigens mit grosser Resignation, und zwar sowohl in der friedlichen Hütte, wie draussen auf dem Schlachtfeld.
In den Zeiten der Unabhängigkeit gab es unter den Tagalen ebensoviele Staaten als Dörfer, eine Ausnahme hiervon machten nur die kleinen Reiche von Manila und Tondo, von denen einige kleine Vasallengebiete abhängig waren, doch machte sich hier der Einfluss von Borneo bemerkbar. Die tagalische Ständegliederung war damals folgende: Fürsten oder Häuptlinge (Manguinoos, Dattos), freie Leute (Mahaldicas), Freigelassene (Timaua), Vasallen der Dattos (Cabalangay), Leibeigene (Aliping namamahay), Halbsclaven, Sclaven (Aliping saguiguilir). Die Spanier hoben bei der Occupation des Landes die Leibeigenschaft und Sclaverei auf und gewannen dadurch die Sympathien dieser Volksclassen. Die entthronten Dattos wurden in kluger Weise fest mit ihren Interessen an die spanische Herrschaft geknüpft, indem ihnen eine Menge Vorrechte gegeben wurden, so z. B. der Titel Don, und indem man sie mit ihren erstgeborenen Söhnen von der Zahlung des Tributes enthob. Ihre sonstige Gewalt wurde dadurch geschwächt, dass in den neuen Pueblos, welche aus verschiedenen Tribus gebildet wurden, jetzt Leute friedlich nebeneinander wohnen mussten, die früher feindlich gegen einander gesinnt waren, und bald durch Wechselheirathen miteinander vollständig verschmolzen, wodurch die einzelnen Dattos gleichsam ihre früheren Unterthanen verloren. Von diesen Dattos stammt zum grössten Theile die heutige Principalia, der Patricierstand oder der Dorfadel der Tagalen ab. Die Bevölkerung der neuen Pueblos wurde in Abtheilungen eingetheilt, welche Barangayes4 genannt wurden. Jedem Barangay wurde ein Chef vorgesetzt, welcher Cabeza de Barangay hiess und der Principalia entnommen wurde. Der Cabeza de Barangay sammelt in seinem Barangay den Tribut (Kopfsteuer) ein, für dessen vollständige Eintreibung er haftet. Aus der Principalia wird der Bürgermeister gewählt, welcher Gobernadorcillo oder (im gewöhnlichen Verkehr) Capitan genannt wird.
Der Gemeinderath besteht aus den Cabezas de Barangay, überhaupt aus Mitgliedern der Principalia. Gehört zur politischen Gemeinde noch ein zweites Dorf (visita, barrio, anejo), so besitzt es einen Vice-Chef, den Teniente. Sonstige Gemeindebeamte sind der Teniente mayor (Bürgermeister-Stellvertreter), Juéz mayor de Ganado (Richter für Streitigkeiten, welche Vieh-, Weideangelegenheiten &c. betreffen), Juéz mayor de Sementeras (Richter über Feldstreitigkeiten), ein Juéz mayor für Polizeivergehen, dann der Teniente segundo, der Teniente tercero, ferner zwei Alguaciles (Polizeiwachtmeister), von denen der erstere gewöhnlich „el actual” heisst und gewöhnlich mit der Escortirung von Reisenden betraut wird. Nur der Gobernadorcillo und der Teniente mayor müssen dem Gesetze nach dem eingeborenen Adel angehören. Der Ex-Gobernadorcillo heisst gewöhnlich „Capitan pasado”, ein Ex-Teniente „Titulado”. Da die Mitglieder dieser tagalischen Municipien, besonders in den Provinzen, selten oder nur schlecht spanisch sprechen oder gar schreiben können, so wird zum Verkehre mit den spanischen Behörden ein Secretär von der Gemeinde aufgenommen, der Directorcillo genannt wird. Jede Gemeinde unterhält ein Haus, Tribunal genannt, in welchem der Gemeinderath tagt, Gericht gesprochen, europäische Reisende untergebracht werden, und das zugleich als Arrestlocal und Zeughaus dient. Die Arrestanten werden sehr gut verpflegt, doch pflegen die tagalischen Richter meist nur Prügelstrafen zu dictiren. Die nicht dem Adel angehörigen Indier sind verpflichtet, 40 Tage im Jahre öffentliche Arbeiten (polos y servicios) bei Strassen- und Brückenbauten &c. zu leisten, eine Woche im Tribunal Dienst zu leisten und eine Woche Nachtwache zu halten. Von diesen Dienstleistungen kann man sich loskaufen, und zwar in Form einer Geldstrafe. Die Leute, welche im Tribunal Dienst zu leisten haben, heissen Semaneros, sie stehen „gegen geringen Tagelohn als Boten oder Träger zur Verfügung der Reisenden” (Jagor, Phil. 37). Zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zum Schutz gegen Angriffe von Räuberbanden oder Horden wilder Bergstämme [19]dient eine Art Bürgergarde oder irreguläre Miliz, deren Streiter Cuadrilleros genannt werden.
Der Volksschulunterricht ist obligat, jede Gemeinde hat ihre Schule. Der Unterricht soll in spanischer Sprache erfolgen, was aber bis in die neueste Zeit ausserhalb des nächsten Umkreises von Manila nur selten vorkam, indem einestheils spanisch sprechende Individuen sich selten in die Provinz verirrten und anderntheils die Geistlichkeit mit Händen und Füssen sich dagegen sträubte, dass die Indier sich die spanische Sprache aneigneten, da sie dadurch ihre Vermittlerrolle zwischen den spanischen Behörden und den Indiern verlieren musste. Heute hat die Geistlichkeit diesen Widerstand aufgegeben, und es sieht in dieser Beziehung etwas besser aus. Die Localinspection wird von den Pfarrern ausgeübt. Vor mehr als zwanzig Jahren schon sagte Bastian (Reisen, V. 265) über die Tagalen der Prov. Laguna: „Man erstaunt über die verhältnissmässig grosse Menge derjenigen, die zu schreiben und zu lesen verstehen”. Tagalen findet man als Schreiber in allen Regierungsbureaux. Die grösste Freude tagalischer Eltern ist es aber, wenn sie ihren Sohn als Priester erblicken. Die Weltgeistlichkeit besteht beinahe ausschliesslich nur aus Mestizen und Tagalen, Visayern &c. Die farbigen Priester stehen in geringem Ansehen; wenn sie nicht besser sind als ihr Ruf, stehen die Sachen schlimm (m. vgl. darüber: Jagor, Phil. 104, n. Cañamaque a. v. St.). Selbst der ultramontane Baron Hügel sagt hierüber: „Es giebt in der That indische Pfarrer, welche eine Frau haben, mit der sie in der Pfarrei leben, und die Kinder nennen sie nach meiner eigenen Erfahrung ohne Umstände Papa” (Hügel, p. 287), und weiter: „Der Indier ist im Allgemeinen wenig dazu geeignet, die Pflichten eines Geistlichen und Pfarrers zu erfüllen. Ich ..... füge hier nur noch hinzu, dass sie manchmal ausschweifend leben, ihren Pfarrkindern dann ein schlechtes Beispiel geben, und dass ihre Pfarrbücher sich meistens in grosser Unordnung befinden” (l. c. 349). Eine grosse Anzahl von Aufständen hat eingeborene farbige Priester zu Urhebern gehabt, die sich durch Blutdurst und Grausamkeit gegen die Weissen auszeichneten.
Das Christenthum hat bei den Tagalen die unter dem Namen Amoklaufen bekannten Wuthausbrüche nicht beseitigen können, doch kommen derartige Fälle seltener vor als in den übrigen malaiischen Ländern (Jagor, Phil. 131). Die Amokläufer werden „posong” genannt (Mas, pobl. 119).
Die Industrie der Tagalen beschränkt sich meist auf Gewebe und Stickereien. Aus den Fasern der Ananasea sativa werden feine, vollkommen durchsichtige Zeuge gemacht, welche Piña oder Grasscloths heissen, sie werden mit zierlichsten Dessins bestickt und dann oft zu horrenden Preisen—ein Stück 2000 Thaler (Jagor, Phil. 112)—verkauft. Zu den Piña-Webereien werden statt eiserner Messer Bambusspäne benutzt (Jagor, Skizzen 176). Aus Abacá (Manilahanf) werden ebenfalls dünne und durchsichtige Hemdstoffe und Zeuge verfertigt, welche Sinamay und Nipis genannt werden und eine grössere Dauerhaftigkeit aufweisen als die Piña-Zeuge (Scherzer, Novara-Reise I, 600; Diaz Arenas 291). Beim Weben der Nipis-Stoffe pflegen sich die Arbeiterinnen vollständig einzuschliessen, damit nicht ein Luftzug die dünnen Fäden entzweireisse (Cañamaque, Filipinas 27). Tapis-Stoffe aus Seide und Baumwolle, blaucarrirte Baumwollenstoffe (Cambayas) werden ebenfalls von den Tagalen und zwar in ziemlichen Mengen fabricirt (Diaz Arenas, l. c.). Die Tapis-Weberei hat ihren Hauptsitz in der Provinz Bulacán (Jagor, Phil. 48). Aus Abacá werden auch leichte Luxusstoffe, „Júsi” genannt, verfertigt (Scheidnagel 75). Aus der Rohrgattung Nito werden Hüte europäischer Façon, Jalacó’s und Matten geflochten (Scheidnagel, l. c.). Hüte und Matten werden noch aus anderen Materialien—z. B. der Burí-Palme—gearbeitet (Scheidnagel 27; Jagor, Phil. 59). Aus dem unteren Ende der Blattstiele einer Calamus-Art werden Cigarrentaschen von ausserordentlicher Feinheit fabricirt, welche zu hohen Preisen, von 2–50 Dollar das Stück, verkauft werden (Jagor, Phil. 48). Kabel und Taue werden nicht nur aus den Fasern des Manilahanfes verarbeitet, auch die Gomuti-Palme (Arenga saccharifera) liefert ein ungemein festes und dauerhaftes Material, den sogenannten Cabo-negro, es ist diess eine schwarze Faser, welche den Ursprung der Blattstiele am Stamme jener Palme bekleidet (Jagor, Skizzen 10). Aus Pandanus-Gattungen, dann aus dem Bambus werden Maurerpinsel gemacht (Jagor, Skizzen 176). Aus der kletternden Mimose „Gogo” wird durch Zerklopfen der Rinde ein Seifenstoff gewonnen, der nicht allein beim Bade und der Kleiderwäsche benutzt wird, sondern auch den Goldwäschern dienlich ist; bei der Goldwäsche „wird dem Wasser der schleimige Saft des Gogo zugesetzt, der feine schwere Sand bleibt darin länger schweben als in blossem Wasser und lässt sich somit leichter vom Goldpulver trennen” (Jagor, Phil. 142). Dem Apíton-Waldbaume wird ein harziges Öl, der Baláo oder Malapájo, abgezapft, welches Eisen zehn Jahre lang vor dem Rosten schützt und zum Firnissen der Schiffe verwendet wird (Jagor, Phil. 230). Aus der Cocos-Palme wird ein Branntwein bereitet, welcher „Tuba” heisst, diese Industrie wird insbesondere am Südufer der Laguna de Bay betrieben (Jagor, Phil. 57, Mozo 89). Auch Öl wird von dieser Palme gewonnen, über deren vielfache Ausbeutung Scheidnagel (p. 74) viel Interessantes berichtet. Das Bambusrohr wird in ähnlicher Weise ausgenutzt, wie in allen übrigen Theilen des ostindischen Archipels. Zu Handwerkern macht Indolenz, Faulheit und Liederlichkeit die Tagalen unbrauchbar (man vgl. Mas, pobl. 66 u. 72). In Manila existirt eine [20]eigenartige Klein-Industrie, es werden kleine Modelle einheimischer Fahrzeuge, Hütten &c. und Figuren zum Verkaufe an Fremde gearbeitet (Scheidnagel 121). Im Schiffsbau stehen sie noch ohne alle chinesische Concurrenz da und leisten wenigstens etwas hierin.
Zum Schlusse sei noch bemerkt, dass die Tagalen sehr starke Beimischungen fremden Blutes in ihren Adern haben, nicht nur Chinesen und Spanier, auch Japanesen (XVI. u. XVII. Jahrhdt.) haben zur Aufbesserung der Rasse beigetragen. Andere Beimischungen sind gering oder verwandter Natur; so fanden die Spanier bei der Besitznahme des von den Tagalen bewohnten Landstriches Luzon (verhältnissmässig) zahlreiche Borneaner angesiedelt, theils als Kaufleute, theils als mohammedanische Priester und Missionäre, wenn ich überhaupt den letzteren Titel ihnen geben darf. Die Spanier hingegen ergänzten die Mannschaft ihrer auf den Philippinen stehenden Linientruppen seit der Mitte des XVII. Jahrhunderts beinahe ausschliesslich mit mejicanischen (mitunter auch peruanischen) Indianern, welche sämmtlich nach abgelaufener Dienstzeit im Lande blieben und sich eingeborene Weiber nahmen. In Marigondon, an der Bai von Manila, liessen sich auch im Jahre 1661 Ternataner (Insel Ternate der Molukken) nieder.
Die Pampangos wohnten zur Zeit der Conquista und noch im XVII. Jahrhundert an den nördlichen Gestaden der Bai von Manila, und ihre Wohnsitze erstreckten sich von da bis an den Knotenpunkt des mächtigen Caraballo Central, ohne aber im Gebirge selbst Fuss zu fassen. Heutzutage sind sie durch die Tagalen beinahe ganz vom Meere getrennt, und die wenigen dort lebenden Pampangos werden schnell „tagalisirt”. Die heutigen Wohnsitze der Pampangos befinden sich in folgenden Provinzen: Porac, Tarlac, Pampanga, Bataán, Zambáles und Nueva Écija. Porac und Tarlac werden nahezu ausschliesslich von Pampangos bewohnt, Pampanga in überwiegender Mehrzahl, doch beginnt die seit Anfang dieses Jahrhunderts immer grössere Dimensionen annehmende Einwanderung der Ilocanen die Herrschaft des Pampango-Dialektes stark zu gefährden. In Nueva Écija werden die nordöstlichen, in Bataán die nordwestlichen und in Zambáles die westlichen Territorien dieser Provinzen von den Pampangos eingenommen.
In ihrer körperlichen Erscheinung, wie in ihren Sitten und Bräuchen gleichen sie unter allen Malaien Luzons am meisten den Tagalen, so dass alles von diesen Gesagte auch für die Pampangos volle Geltung hat. Sie galten und gelten auch noch jetzt als die tapfersten unter den Malaien der Philippinen, die eingeborenen Truppen der Spanier recrutirten sich bis auf die Einführung der Conscription zum grössten Theile aus diesem kriegerischen Stamme, und sie haben ihrem Rufe überall Ehre gemacht, sowohl in den Kämpfen gegen die mohammedanischen Fürsten der Molukken, von Mindanao und Sulu als auch gegen europäische Soldaten, gegen Holländer und Briten. Bei der Unterdrückung der furchtbaren Chinesenaufstände von 1603 und 1639 haben sie sich besondere Verdienste erworben.
Als die Spanier sie unterwarfen (1571) waren sie zum grössten Theile Heiden, doch hatte auch hier der Islam bereits Eingang gefunden. Ihre ursprüngliche Religion kannte auch den Ahnencultus der Tagalen und war auch sonst mit jener der Tagalen identisch. Sie sind dann durch die Spanier zum Katholicismus bekehrt worden, doch gab es noch i. J. 1848 Heiden unter ihnen, denn Diaz Arenas spricht von 100 unterworfenen heidnischen (infieles) Pampangos, welche in dem erwähnten Jahre der spanischen Herrschaft unterworfen waren.
Sie besitzen auch Schlangenbeschwörer, welche Schlangenbisse heilen, diese Heilkünstler werden „Tavac” genannt (Mozo 97). Ihre Industrie ist im Vergleiche zu jener der Tagalen gering, sie umfasst dieselben Zweige wie bei den letzteren.
Die Zambalen oder Tinos bewohnen den mittleren und südlichen Theil der Provinz Zambáles, doch sind sie als wilde Bergstämme in geringer Zahl auch in den nördlichsten Theilen von Bataán anzutreffen. Erst zu Ende des XVII. und im Anfange des XVIII. Jahrhunderts gelang es den Spaniern mehr durch den Eifer der Missionäre als durch Waffengewalt sie zu unterwerfen, obgleich noch heute ein nicht unbeträchtlicher Theil dieses blutdürstigen Stammes in den Bergwildnissen entweder volle Unabhängigkeit behauptet oder durch Zahlung einer geringen Geldsumme sich die Freiheit sichert.
Die Zambalen zur Zeit der Conquista trugen das Haar bis auf eine frei herabwallende Locke geschoren (Morga-Stanley 269), von ihrer sonstigen Tracht wird Nichts erwähnt. Ihre Waffen waren Lanze, Schild, Messer und Pfeile, welche sie gut zu brauchen wussten. Sie lebten in Polygamie (Cañamaque, Filipinas 226). Grössere Hausthiere, nämlich Büffel (?), Rinder und Pferde erhielten sie erst durch die Missionäre (Cañamaque, Filipinas 134), Ackerbau scheint weniger als die Jagd getrieben worden zu sein, was vielleicht auf eine starke Beimischung von Negritoblut hinweist. Andererseits erwähnen Buzeta und Bravo, dass sie ein dem tagalischen ähnliches Alphabet besessen hätten, was für eine höhere Culturstufe spricht. Ihre Dörfer wurden nur von 10–30 Familien bewohnt und bildeten jedes einen Staat für sich, so dass wir hier derselben staatlichen Zersplitterung [21]begegnen, wie bei den Tagalen. Die Häuptlinge waren bejahrte Leute, welche nur einen geringen Einfluss auf ihre Untergebenen auszuüben vermochten. Die einzelnen Dörfer waren in beständige Fehden miteinander verwickelt, eine Folge ihrer eigenthümlichen Sitten. Starb nämlich Jemand, so legten seine Hinterbliebenen Trauer, d. h. eine schwarze Kopfbinde an, welche sie nicht eher ablegen durften, als bis sie Jemanden getödtet hatten, was an eine ähnliche Sitte der Negritos lebhaft erinnert. Dann wurde die Binde abgelegt und die Trauer mit einem Saufgelage beendet. Ein Mord oder Todtschlag innerhalb eines und desselben Tribus wurde entweder mit Gold oder Silber gesühnt oder es wurde der Familie ein Sclave oder Negrito (Cañamaque, Fil. 128) gegeben, um als Sühnopfer abgeschlachtet zu werden.
Die Zambalen waren wie noch jetzt die Dayaks wüthende Kopfjäger, je mehr Köpfe erschlagener Feinde ein Zambal von einem Kriegszuge heimbrachte, desto höher stand er im Ansehen der Seinen, wodurch ihre angeborene Mordlust noch mehr gesteigert wurde (Cañamaque, Filipinas 126). Sie stiegen deshalb von den Gebirgen in die Ebenen der benachbarten christlichen Provinzen und lauerten Reisenden auf oder suchten zur Nachtzeit sich an die Dörfer heranzuschleichen. Die Schädel der Erschlagenen benutzten sie angeblich (Mozo 86) als Trinkgefässe. Auf einer Art Trophäe, welche sie beständig mit sich herumtrugen, machten sie die Zahl der erbeuteten Schädel ersichtlich (Cañamaque, Fil. 127). Nach P. Juan Ferrando (Historia de los P. P. Dominicos en las Islas Filipinas in Cañamaque, Filipinas 124) pflegten die Zambalen in ihrer Gier nach Feindesschädeln jeden Menschen zu tödten, der nicht gerade zu ihrem Stamme gehörte, und führten dann um die Schädel „satanische” Tänze auf; Ähnliches berichtet Mozo (l. c.), indem er erwähnt, dass sie die abgeschlagenen Köpfe zur Verherrlichung ihrer Feste heimschleppen. Durch diese Kopfjägerei unterscheiden sie sich auffallend von den Tagalen und Pampangos, welche diese Sitte nicht kannten.
Die Religionen der alten Tagalen und Zambalen waren nicht, wie Buzeta und Bravo berichten, identisch, aber doch sehr ähnlich. Sie kannten einen obersten Gott („Malyari”), zwei minder mächtige Hauptgottheiten Acasi und Manglobag und eine Anzahl Diiminores. Der Priesterstand spielte bei ihnen eine wichtigere Rolle als bei den übrigen Malaien der Philippinen. Der Hohepriester oder Papst („Bayoc”) weihte den einzelnen Gottheiten unter langen Ceremonien die Priester. Nach Ferrando (Cañamaque, Fil. 129) spendete der Bayoc auch—wenn gleich selten—eine Art Taufe mit Schweineblut, wie denn auch hier, wie überall in diesem Archipel, das Schwein als das den Göttern angenehmste Opferthier galt. Die heiligen Feste arteten in Orgien aus. Wie viele von diesen Bräuchen sich noch heute bei den unabhängigen Zambalen (den „Cimarrones” oder „Infieles”5) erhalten haben, ist mir unbekannt. Sie leben in kleinen Dörfchen (Rancherías), deren Häuptlinge (Reyes oder Reyezuelos) den Verkehr mit den spanischen Behörden vermitteln. Sie leben von erlegtem Wilde, Honigwaben und Bataten (Camote), deren Anbau ihnen erst durch die Spanier bekannt wurde. Reis kaufen sie von ihren christlichen civilisirten Brüdern und bezahlen ihn mit den von den Chinesen hochgeschätzten Bezoarsteinen und Tabak, den sie heimlich bauen und in der Nachtzeit in die christlichen Dörfer einschmuggeln6. Die meisten Horden stehen zu den Spaniern auf dem Kriegsfuss, wohl hauptsächlich aus dem Grunde, weil die spanischen Finanzwächter ihre Tabakpflanzungen vernichten, doch scheint ihre Mordlust und Kopfjägerei längst erloschen zu sein, sie sind froh, wenn man ihnen Ruhe giebt.
Die christlichen Zambalen weisen dieselbe Tracht auf wie die Tagalen, deren Agricultur und Industrie auch die ihre ist, wenn auch letztere noch in den Kinderschuhen liegt. Ein Rest alter heidnischer Sitte zeigt sich bei den Leichenfeierlichkeiten. So lange die Leiche im Sterbehause liegt, werden alle Eintretenden mit Speise und Trank reichlich bewirthet, und ungenirt zeigt sich allenthalben unter den Gästen frohe Lustbarkeit. Auch bei dem eigentlichen Begräbnisse herrscht keine Trauer, nur das gemiethete Klageweib heult in ohrzerreissenden Tönen hinter dem Sarge (Cañamaque, Recuerdos I, 21 u. f.). Ob der Ahnencultus bei den christlichen Zambalen sich ebenso erhalten hat wie bei den Tagalen, ist mir unbekannt geblieben.
Es scheint nicht als ob die Zambalen sich als besonderer Dialektstamm werden erhalten können, die zahlreichen Einwanderer von Ilócos drohen vermöge ihrer activen Kraft diesen an und für sich schwachen Stamm ganz in sich aufzusaugen, wie diess in Bataán durch die Tagalen geschehen ist.
Die Pangasinanen bewohnen die westlichen und südlichen Gestade des Golfes von Lingayen. Auch sie werden von den Ilocanen mehr und mehr zurückgedrängt; in den Zeiten Don Juan de Salcedo’s waren die südlichen Küstenstriche der heutigen Provinz La Union von Pangasinanen besiedelt, wo jetzt der Ilocos-Dialekt der herrschende ist. Selbst in dem Stammlande dieses Malaienzweiges, in Pangasinán, behaupten sie sich nur noch an dem Meeresstrande, das ganze [22]Hinterland und der nördliche Theil dieser Provinz ist der friedlichen Invasion der thätigen Ilocanen anheimgefallen, welche in diesen Strichen Luzons dieselbe Rolle spielen, wie die angelsächsischen Squatter unter den spanischen Hacenderos von New Méjico und Tejas. Pangasinanen sind als Colonisten auch in dem District Benguet anzutreffen, Niederlassungen derselben findet man auch in der Provinz Nueva Écija. Compact aber wohnen sie, wie gesagt, nur am Golf von Lingayen vom Cap Bolinao bis S. Fabian.
Seit 1572 sind sie der spanischen Krone unterworfen, seit 1574–76 auch ziemlich alle christianisirt worden, so dass wir bei ihnen dieselben Einrichtungen und Institutionen, Tracht und Bräuche antreffen, wie bei den Tagalen. Die Pangasinanen sind sehr fleissige Ackerbauer, Reis, Zuckerrohr und Indigo werden stark gebaut (Scheidnagel 29), der Reis speciell wird in grossen Massen exportirt, und nicht allein nach China, sondern auch nach Annam und Siam (Jagor, 239) ausgeführt. Mais wird gleichfalls sehr stark gebaut, doch dient er nur zum Viehfutter; nur in Zeiten, wo die Reisernte missrathen ist, auch zur Nahrung der Menschen (Ilustr. 1861, p. 104). Ausgedehnte Cocospflanzungen sind allenthalben zu finden, in welchen unter anderen die schöne und von den Indiern so hochgeschätzte Macalimba-Varietät dieser Palme bevorzugt wird. In den Zeiten der Conquista waren die Cocoshaine (Cocales) viel ausgedehnter als wie heute, wo der Mais- und Indigobau sowie die Pflege des Zuckerrohrs die Pangasinanen die Cultur dieser Palme um so eher vernachlässigen liess, als einige Mal ein kleines Insect riesige Cocosbestände in kurzer Zeit verwüstete.
Ihre Industrie beschäftigt sich mit denselben Artikeln wie jene der Tagalen, als besondere Specialitäten der Pangasinan-Industrie werden sehr feine Hüte aus Nito- und Bejuco-Geflecht genannt (Scheidnagel 30). Aus der Rinde des Coliao-Baumes arbeiten sie sehr haltbare Taue und Stricke, welche nach dem Baume Coliaos heissen (Scheidnagel 127).
Zur Zeit der Conquista hatten sie dieselben religiösen Anschauungen wie die Tagalen, heute sind alle insgesammt Katholiken. Heiden giebt es nicht mehr unter ihnen, auch findet bei den Pangasinanen seltener das „Remontarse” Statt, d. h. die Flucht in die Wälder, um dort wie ein Wilder zu leben.
Zur Zeit der Conquista bewohnten die Ilocanen einen schmalen Küstenstrich vom Golf von Lingayen an bis hinauf zum Cap Bogeador. Nach dieser Zeit breiteten sie sich, zum Theil unter dem Schutze der spanischen Bajonnette, immer weiter und weiter aus. Sie besitzen eine grössere Expansivkraft als die so vielgepriesenen Tagalen. Heute bewohnen die Ilocanen die Provinzen Ilócos Norte (nur den Küstenstrich), Abra (neben Tinguianen und Igorroten), Ilócos Súr und La Union. Dann haben sie den nördlichen Theil und das Hinterland von Pangasinán inne. Zahlreiche ilocanische Einwanderer haben das fast gänzlich entvölkerte Thal von Benguet mit hoffnungsvollen Ansiedelungen versehen, in Zambáles, Pampanga und Nueva Écija ist ihre Zahl beständig im Steigen begriffen, dasselbe gilt vom westlichen Küstenstrich von Cagayán. Selbst nach den Batanes- und Babuyanes-Inseln treibt sie ihre rege Wanderlust, ja sogar im District Príncipe, an der Ostküste Luzons, haben sie sich als strebsame Colonisten mitten unter Tagalen und Ilongoten niedergelassen. In den Districten Lepanto und Bontoc sind sie gleichfalls mitten unter den Bergstämmen der Igorroten zu finden, doch muss hier ausdrücklich bemerkt werden, dass in diesen beiden Districten alle getauften Indier, gleichgültig ob sie nun Igorroten, Buriks sind, Ilocanos genannt werden, ohne Rücksicht auf ihre Abkunft (Lillo Gracia 17). Es pflegen auch in der That die getauften Igorroten die Sprache der (ihnen nahe verwandten?) Ilocanen ganz anzunehmen, und es mag vielleicht diese—freilich geringe—Beimischung mit dem Blute dieses so tapferen und kräftigen Bergvolkes auch etwas zu der lebendigen Kraft und Expansionsfähigkeit beigetragen haben, welche die Ilocanen so vortheilhaft vor der Passivität der übrigen Indios civilisados auszeichnet.
Die Tracht gleicht mehr oder minder jener der Tagalen. Unentbehrlich erscheint ihnen das Waldmesser „Sual”, welches sowohl zum Bearbeiten der Erde als auch zum Behauen der Balken und Fällen der Bäume dient (Scheidnagel 124). Als Jagdwaffe benutzen sie denselben Wurfspiess wie die Igorroten, den sie gleichfalls „Cayang” nennen.
Sie bauen Reis, Indigo, Mais, Zuckerrohr, Cacao, Kaffee, Cocos, Oliven und Weinreben (Ilustr. 1860, n. 14, p. 164) und überdiess Baumwolle (Ilustr. a. a. O., Cañamaque, Filip. 29). Die Hauptnahrung ist auch hier der Reis, nächst diesem werden sehr viele Fische genossen; aus dem Fische Ipon oder Dolon, der massenhaft gefangen wird, bereitet man durch Einsalzen desselben die Speise „bayon” (Ilustr. 1860, n. 12, p. 152). Die Viehzucht ist in blühendem Zustande, indem die Ilocanen an den Bergvölkern gute Käufer ihrer Büffel, Rinder und Schweine finden. Die Pferde von Ilócos gehören angeblich zu den besten der Philippinen (Ilustr., l. c.). Früher war Viehraub an der Tagesordnung (Mas, pobl. 80).
Die Industrie der Ilocanen ist ziemlich entwickelt, sie besitzen sogar eine Specialität, nämlich aus Baumwolle gewebte Mäntel, die sogenannten „mantas de Ilócos”, welche einen wichtigen Exportartikel nach den übrigen Theilen von Nord-Luzon bilden. Nach Diaz Arenas (p. 291) liefert [23]Ilócos Sur ausgezeichnete Sinamay- und Nipis-Zeuge. In Ilócos Norte kommt die Abacá (Manilahanf) nicht mehr fort, als Surrogat dient die Mague-Pflanze, deren Fasern ähnliche Eigenschaften besitzen (Ilustr. 1860, n. 17, p. 200). Sonstige Industrieartikel entsprechen den tagalischen. Scheidnagel nennt drei Ölgattungen, welche in Ilócos erzeugt werden: Palo-María, Macabujay und Tagumbao.
Über ihre Religion zur Zeit der Conquista ist mir Nichts bekannt, sie wurden durch den Cortés der Philippinen, Don Juan de Salcedo, der spanischen Krone unterworfen, und sind schon über drei Jahrhunderte Christen. Aus den Zeiten ihrer Unabhängigkeit datirt das grosse Missverhältniss zwischen Reich und Arm. Die Edelleute (principales) haben den Reichthum in ihren Händen, ihnen gegenüber steht die grosse Masse der immer mehr verkommenden Plebejer, der sogenannten Cailianes. Die Edelleute pflegten den Cailianes Seide oder Baumwolle zu geben, welche sie zu Geweben verarbeiten sollten. Bei der Ablieferung derselben pflegten die Cailianes bedeutend verkürzt zu werden, indem die Principales bald schlechte Beschaffenheit des Gewebes oder zu geringes Gewicht zum Vorwande nahmen, um die Cailianes zu ihren ihnen rettungslos verfallenen Schuldnern zu machen, indem sie ihnen keinen Lohn zahlten (Mas, hist. II, 60). Diese harte Bedrückung verursachte zwei blutige Plebejer-Aufstände in den Jahren 1762 und 1811. Obwohl diese Übelstände in der Neuzeit so ziemlich beseitigt erscheinen, so ist es vielleicht nicht unwahrscheinlich, die rege Auswanderungslust der Ilocanen auf die unerquicklichen Verhältnisse der Heimath zurückzuführen.
Die Ibanags werden gewöhnlich Cagayanes genannt, weil ihr Hauptsitz die Landschaft Cagayán und der Unterlauf des gleichnamigen Stromes ist. Diejenigen von ihnen, welche auf den Batanes- und Babuyanes-Inseln wohnen, wurden früher als ein besonderer Stamm angesehen, doch lässt sich hierüber nichts Sicheres sagen, da unsere Nachrichten über die Batanes mehr als spärlich sind. Sie bewohnen die Babuyanes-Gruppe, welche auch den Namen Islas de Ibanag führen, die Batanes-Inseln, ferner das Küstengebiet der Provinz Cagayán; ihre Ansiedelungen gehen das Thal des Rio Grande de Cagayán hinauf bis nach Furao hin in der Provinz Isabela. Der Ibanag-Dialekt dient im ganzen Stromgebiete des Rio Grande als Verkehrssprache mit den wilden Bergstämmen, es dürfte hier das Ibanag-Idiom nach und nach die Sprachen jener Horden vollständig verdrängen. Ich glaube, dass ein ähnlicher Vorgang auch auf den Batanes sich abgespielt hat, denn die Beschreibung, welche Dampier von jenen „Bashee”-Insulanern giebt, lässt sich schwer mit den Schilderungen in Übereinstimmung bringen, welche uns die Spanier von dem Habitus, der Tracht und Lebensweise der Cagayanen zur Zeit der Conquista niederschrieben. Baron Hügel schreibt über die Batanes (S. 69): „Die Bewohner werden als ein starker, gutmüthiger und vollkommen harmloser Menschenstamm geschildert”. Diess stimmt nicht mit dem Charakter der Ibanags Luzons überein, denn diese werden einstimmig von allen Schriftstellern, von den ältesten bis zu den modernsten herab, als ein kriegerischer und trotziger Stamm geschildert, und es hat auch in der That den Spaniern die Eroberung Cagayans mehr Blut gekostet, als jene der übrigen Provinzen Luzons. Reisbau, Schweine- und Ziegenzucht, sowie die Bereitung eines Branntweines aus Zuckerrohr oder Reis entsprechen ganz den ähnlichen Verhältnissen von Cagayán. Den Golddraht, den die Batanes um die Arme tragen, trugen die Cagayanen in den Zeiten der Conquista ebenfalls. Nach Waitz (Anthr. V, 62) sind die Bewohner physisch den Dayaks ähnlich, auf S. 101 werden sie wie folgt beschrieben: Farbe: dunkelkupferbraun, Gestalt: klein und untersetzt, Gesicht: rund, Stirne: niedrig, Augen: klein mit starken Augenbrauen, Nase: kurz und klein, Haar: dick und schlicht. Diese Beschreibung entspricht auch dem Bilde der Cagayanen.
Die Ibanags von Cagayán sind seit dem XVI. Jahrhundert Christen, ebenso jene der Babuyanen, die Batanes sind aber noch zum grösseren Theile Heiden, leider ist es mir nicht möglich gewesen, etwas über ihre Religion zu erfahren. Die Cagayanen bekannten sich in der Zeit der Conquista ebenfalls zu einer Art von Ahnencultus, wie die Tagalen, Pampangos &c.
Wie bei den naheverwandten Ilocanen war auch hier die tiefe Scheidewand zwischen den Edelleuten und Plebejern vorhanden. Die letzteren heissen in Cagayan „timavas”, was wohl mit dem tagalischen „timauas” identisch ist, womit bei den Tagalen Freigelassene in den Zeiten vor der Conquista benannt wurden. Auch hier machte sich der Hass der unterdrückten Kaste durch blutige Aufstände Luft.
Die Ibanags von Cagayan und Isabela bauen dieselben Pflanzen wie die Ilocanen, die Hauptmasse der Bevölkerung widmet sich aber—zwangsweise—dem Tabaksbau, denn der Tabak dieser beiden Provinzen ist der beste der Philippinen. Die Härte, womit die Zwangscultur dieser Pflanze von der Regierung überwacht und durchgeführt wird, lässt keine nennenswerthe Industrie aufkommen (man vgl. darüber: Semper, Skizzen 41 f. und 131 f.). Die Finanzbehörde der Colonie bleibt den Tabakbauern oft Jahre hindurch den Betrag für die abgelieferten Blätter schuldig (Cañamaque, Filipinas 30).
Auch bei den Ibanags herrscht eine grosse Auswanderungslust, besonders Manila zieht sie an, wo sie halbnackt in grossen Schaaren anlangen (Buzeta I, 240). [24]
Mit dem Namen „Igorrotes” wird viel Unfug getrieben. Spanische Schriftsteller haben alle heidnischen sogenannten „wilden” Bergstämme Luzons Igorrotes getauft, und so kamen auch unter anderen „Igorroten von Camarínes”, „Igorroten von Tayabas” in die ethnographische Literatur. Andere Autoren, wie z. B. der gelehrte D. Sinibaldo de Mas, bezeichneten mit diesem Namen alle Bergstämme Nord-Luzons, mit Ausnahme der Tinguianen, was immerhin eine gewisse Berechtigung hätte. Ich fasse unter dieser Bezeichnung die Igorroten im engeren Sinne und die Busaos und Buriks zusammen, denn diese haben eine gemeinsame Sprache, welche nur geringe dialektische Verschiedenheiten aufzuweisen hat (mündliche Mittheilung von Herrn Gumersindo Morales). Auch unterscheiden sich diese Stämme nur durch Tracht und Tätowirung voneinander, während Sitten und Bräuche nur unerheblich voneinander abweichen.
Die Heimath der Igorroten bilden die Provinzen oder Districte: Benguet, Lepanto, Tíagan und Bontoc. Nach Scheidnagel (a. v. St.) finden sich auch Igorroten-Niederlassungen in den Provinzen Abra, Nueva Vizcaya und Isabela vor, doch ist es fraglich, ob Scheidnagel nicht hier den Namen der Igorroten in der oben angegebenen Weise missbraucht. Die Busaos haben die nördlichsten Sitze inne. Von der Cordillere Tila oder Tovalina an wohnen sie in den Districten Tiagan, Lepanto (nördliche Hälfte) und in Bontoc, in letzterem im Quellgebiete des Rio Caycayan. Nach der Ilustracion del Oriente (Jgg. 1818, Nr. 1, p. 4) sind sie auch in Benguet wohnhaft, was mir unwahrscheinlich vorkommt, da sie von diesem Districte durch die Buriks getrennt sind. Zu Grenznachbarn haben sie im Norden die Tinguianen und Guinanen, im Osten die Itetapanen und vielleicht auch die Suflin; südlich von ihnen wohnen die Buriks, im Osten von Santa Cruz und im Westen des Monte Data. Ihre wichtigeren Orte sind: Suyuc, Cayan, Sabangan, Cabugatan, Banao und Mancayan (Yamcayan).
Südlich von den Buriks wohnen die eigentlichen Igorroten, deren Stammland das Thal von Benguet ist, obwohl sie jetzt in diesem Thale nur in verhältnissmässig geringer Zahl wohnen, indem die blutigen Kriege, welche in den zwanziger und dreissiger Jahren dieses Säculums zur Unterwerfung dieses kriegerischen Stammes führten, das blühende Land beinahe entvölkerten. Ihre wichtigeren Orte sind Benguet, Apayao, Cabacan (Cabagan), Buguias (Bujias) &c. v. Drasche (Fragm. einer Geologie, p. 27) traf Igorroten zwischen S. Nicolas am Rio Agno und Bambang (Provinz Nueva Vizcaya), bis zum Caraballo Sur. Auch hier muss ihre Zahl erheblich sich vermindert haben, denn gegen die geringe Zahl der Individuen stach die Menge der verlassenen und verfallenen Hütten ab. Einst war das von den Igorroten bewohnte Territorium grösser, im XVII. Jahrhundert wird noch der Berg von Sto. Tomas als in der „Tierra de Ygolotes”7 liegend mehrfach erwähnt, und noch 1747 reichte das Gebiet der Igorroten bis zum Weichbilde der Pueblos Agoo und Aringay (Mozo 81). 1829 war die Grenze bis zum Monte Tongló (beim Monte Sto. Tomas) zurückgewichen (Mas, pobl. 46). In den Districten Lepanto und Bontoc zählte man 1876 19 852 unterworfene und 29 600 unabhängige Igorroten incl. Buriks und Busaos, während Diaz Arenas für das Jahr 1848 die Zahl 12 304 für die damaligen Provinzen Pangasinán („in der Cordillera grande”), Abra und Ilócos Sur angiebt.
Ihre Hautfarbe ist ein „nicht sehr dunkles Olivenbraun, seltener das Gelb der Mestizen” (Semper, Erdk. XIII, 90) oder gelblich kupferfarben (Ilustr. 1860, n. 12, p. 151). Nach Buzeta und Bravo (Diccionario I, 52) zeigt ihre Haut die Farbe gekochter Quitten. Ihr Körperbau ist kräftig, die Muskulatur gut entwickelt (Ilustracion, l. c., Semper, l. c.). Die Durchschnittshöhe der Männer beträgt nach Semper (Erdk. XIII, 89) 4′ 8″ 2‴, bei Weibern 4′ 5″ 4‴ Pariser Maass.
Professor Virchow nennt einen Igorrotenschädel „ausgezeichnet dolichocephal”, „von den Malaienschädeln ganz verschieden” und bemerkt weiter, „er nähere sich mehr den Formen von Palembang”. Nach Professor Semper ist auch das Gesicht länglicher und die Stirne mehr gebogen und zurücktretend als bei den Tagalen (Erdk., XIII, 90). Die Augen sind schwarz und gross, der äussere Augenwinkel ist spitz und etwas schräg nach oben gestellt (Semper, l. c.; Buzeta y Bravo I, 52; Ilustracion 1860, n. 12, p. 151). Die Wangen sind gross und breit (Buzeta, l. c.). Das dichte Haar ist schwarz, glatt und ohne Glanz (Semper, Erdk., XIII, 91; Mas, pobl. 24). Erwähnenswerth ist, dass nach Lillo Gracia (p. 17) es auch reinblütige Leute giebt, die einen ebenso dichten Bart haben wie Europäer, doch lassen sich nur einzelne Berg-Igorroten von Lepanto den Bart stehen, die überwiegende Mehrzahl zieht sich die Haare am Kinne, der Brust, den Achselhöhlen und Schamtheilen mit einer kupfernen Zange aus (Semper, Erdk. XIII, 91).
Allgemein wird behauptet, dass die Igorroten stark mit chinesischem Blute gemengt seien, ja es wird sogar von Mischung mit Japanern gesprochen (Novara-Reise, Ethnogr. Th., p. 32; Semper, Erdk. XIII, 89). Semper sagt: „Jemehr man sich nördlich wendet, um so schärfer tritt der mongolische Charakter hervor”. Nach ihm (Erdk., l. c.) zeigen die grossen Individuen chinesischen, die kleinen malaiischen [25]Typus. An einer anderen Stelle (l. c., S. 91) bemerkt er: „Die Weiber nähern sich im Allgemeinen mehr dem malaiischen Typus”. Mozo bemerkt hierüber: „aparecen muy semejantes á los Chinos ..... especialmente en los ojos, en que no los quitan pinta” (Misiones, p. 63). Mas (pobl. 24) findet es auffallend, dass in ihrer Sprache der spanische Laut ch, entsprechend dem deutschen tsch, vorkommt, den angeblich die Dialekte der übrigen Malaienstämme nicht kennen. Lillo Gracia sagt von ihrer Sprache, sie sei einem corrumpirten Ilocanisch ähnlich, besitze aber eine eigenthümliche nasale Accentuirung, die an das Chinesische erinnere. Eine Vermengung mit Chinesen lässt sich nicht gut nachweisen, sie müsste jedenfalls vor der Einwanderung der Ilocanen erfolgt sein, so lange die Igorroten noch im Besitze der Küste waren, denn sonst müssten die Ilocanen auch einen chinesischen Typus aufweisen, da die Chinesen wohl mehr Berührungspunkte zu einem intimen Verkehre mit diesen vorfanden, als mit den tieferstehenden Igorroten. Jedenfalls heisst es in dieser Frage nicht voreilig sein, sondern specielle Untersuchungen über diesen Gegenstand abwarten.
Das Haar tragen Männer und Weiber „vorn geradlinig über der Stirn und zu beiden Seiten des Gesichts abgeschnitten, so dass es fast die ganze Stirn bis zur Nasenwurzel, sowie die Ohren bedeckt”; am Hinterkopf lassen sie es oft lang wachsen und binden es in einen Knoten zusammen (Semper, Erdk. XIII, 91). Doch wechselt die Haartracht bei den einzelnen Stämmen (Lillo 30). Die Igorroten im engeren Sinne des Wortes tätowiren ihren Körper an Händen, Armen und der Brust (Lillo 31), doch beschränkt sich diese Sitte in den meisten Dörfern nur auf ein rohes Sonnenbild, welches auf die Handrückenfläche gemalt wird (Semper, Erdk. XIII, 90), insbesondere die Weiber dehnen die Tätowirung zumeist auf keinen anderen Körpertheil aus (Lillo, l. c.). Die Tätowirungsmuster auf Brust und Armen sind Combinationen gerader und krummer Linien, seltener findet man bildliche Darstellungen von Menschen und Thieren (Semper, l. c.). Die Tätowirungsmuster haben eine schmutzig-blaue Farbe und werden der Haut durch Nadelstiche beigebracht, die Nadel selbst ist in eine Farbmasse getaucht, welche aus Öl und einem Pulver, das durch Verbrennung blauer Baumwollenstoffe gewonnen wurde, zusammengesetzt ist (Lillo 31). Die Busaos-Igorroten tätowiren sich Blumengebilde auf die Arme (Mas, pobl. 25; Ilustracion, 1860, 152 und 285; Bastian, Reisen V. 273; Ilustr. del Oriente, 1878, Nr. 1, p. 4), andere Körpertheile werden nicht tätowirt. Die Buriks-Igorroten tätowiren sich den Körper in einer Weise, dass er wie mit einem Panzerhemde bedeckt erscheint, während die Arme mit schlangenartigen Mustern versehen werden (Mas, pobl. 25). Bemerkenswerth ist die Sitte, dass bei Vornehmen die Zähne mit einem breiten Goldblech bedeckt werden (Semper, Erdk. XIII, 90). Denselben Brauch fanden die Spanier bei der Eroberung des Archipels bei Tagalen und Visayern vor.
Den schmutzigen Körper und die nie gekämmten Haare verhüllen verschiedenartige Tracht und Gewandung. Bei der Feldarbeit wird von den Männern nur der Bajaque oder Baac—eine Art Schurz—getragen (Lillo 31). Der Bajaque besteht aus Baumwollenzeug oder Baumrinde (Mas, pobl. 23). Sonst wird noch ein Mantel getragen, „aus Baumwollenzeug verfertigt und ilocanischer Provenienz”, da dieser „Mantel” viereckig ist, könnte er wohl besser Plaid genannt werden. Der Plaid ist lang genug, dass er doppelt um den Leib herumgeschlagen werden kann, er ist blau und weiss gestreift oder schwarz; wenn ganz von weisser Farbe, gilt er als Trauergewand (Mas, pobl. 23). Diese anscheinende Anlehnung an chinesischen Brauch liefert aber kein neues Beweismaterial für die Chinesen-Abstammungs-Hypothese, denn die Spanier fanden in den Zeiten der Conquista Weiss als Trauerfarbe im ganzen Archipel, und noch heute ist es so auf den Sulú-Inseln.
Der Kopf wird meist unbedeckt getragen (Semper, Erdk. XIII, 89), sonst tragen die Berg-Igorroten ein Zeug turbanartig um den Kopf gewunden, während die Thalbewohner mit dem Salacó das Haupt bedecken (Lillo 31). Die Tracht der civilisirten Indier (gleich der tagalischen) beginnt bereits in den Grenzdistricten die nationale zu verdrängen (Lillo, l. c.). Die Weiber tragen eine bis zu den Knieen reichende Schürze, ferner ein jackenartiges Hemd mit langen Ärmeln, welches die Brüste durch einen Schlitz erblicken lässt, beide Kleidungsstücke sind indigoblau mit weissen Streifen (Semper, Erdk. XIII, 89; Ilustr. 1860, p. 151). Die Häuptlinge tragen im Kriege einen eigenthümlichen Barigués oder Porta-itac genannten Gürtel, welcher aus kleinen blendend weissen Steinchen zusammengesetzt ist (Scheidnagel 124). Die Kleider werden nie gewaschen (Lillo 31).
Als Schmuckgegenstände dienen beiden Geschlechtern Ringe und Schnüre um Hals, Arme und Beine, sowie Ohrgehänge. Um den Hals werden mit Glasperlen und Steinen bedeckte Schnüre getragen (Semper, Erdk. XIII, 90), manche legen einen aus Kupferblech bestehenden Halsschmuck an, einige tragen förmliche Hunde-Halsbänder (Lillo 30). Die Arm- und Beinringe bestehen aus Metalldraht, Glasperlenschnüren oder Pflanzenflechtwerk (Semper, Erdk. XIII, 90); eine besondere Gattung dieser Ringe heisst Bali, wird aus Kupfer verfertigt und ist mitunter vergoldet (Scheidnagel 125). Die Ohrgehänge, welche auch von den Männern getragen werden, bestehen aus Gold, Kupfer und Hundezähnen (Lillo 30; Scheidnagel, l. c.). In Ermangelung [26]von etwas besserem werden auch Holzpflöcke in die Ohren gesteckt. Je grösser die Ausdehnung des Ohrläppchens ist, desto grösser der Stolz.
Tabak, Geld und andere Gegenstände werden in einer Art Patronentasche aus Rohrgeflecht getragen, welche an einem Bandelier hängt (Lillo 30). Semper sah viele Igorroten, welche an einer (Glas-) Perlenkette einen Ohrlöffel und jene Kupferzange beständig mit sich trugen, welche zum Auszupfen der Barthaare dient.
Von ihren Geräthen und Waffen fällt zunächst ihre Axt Ligua (Aligua, Aliva) in die Augen, sie hat die Gestalt eines Trapezoids (Scheidnagel 124) und ist mit einer Spitze versehen, welche zum Aufspiessen des abgeschlagenen Feindeskopfes dient (Lillo 24). Dann kommt zunächst das zweischneidige Waldmesser Bujías oder Talibong (Talibon) in Betracht. Breite einschneidige Hackmesser, gleich den ilocanischen, und ebenso Bolos genannt, sind gleichfalls im Gebrauche. Der Talibong wird bei den Busaos nicht vorgefunden (Ilustr. 1860, p. 152). Zur Jagd wie zum Kriege dient als Hauptwaffe ein Wurfspiess mit eiserner Spitze, welcher Cayang genannt wird. Sie besitzen zwar auch Pfeil und Bogen, wissen aber diese Waffe nicht gut zu gebrauchen (Mas, pobl. 24). Als Schutzwaffe dient der aus Holz verfertigte Schild, Calata (Lillo 24). Sämmtliche Angriffswaffen sind aus Metall verfertigt, bezw. haben sie aus diesem verfertigte Spitzen, Eisen wird natürlich bevorzugt, kommt aber nur durch Handel in ihre Hände, weshalb in früheren Zeiten das Kupfer das Material zur Herstellung ihrer Waffen und Werkzeuge nahezu ausschliesslich hergab.
Von Transportgeräthen sind erwähnenswerth der Apirang und der Cayabang, ersterer ist ein auf dem Rücken zu tragender Korb aus Rohr und Bambus, letzterer ist gleichfalls ein Korb von vollendeter Arbeit, welchen nur Weiber tragen, er hat die Gestalt eines abgestumpften Kegels; zum Fortschaffen und Aufbewahren verschiedener Gegenstände dienen auch die Sackgattungen Upit und Sagupit, beide aus Bejuco und anderen Rohr- und Gras-Gattungen geflochten. Der Upit hat einen doppelten Boden (Scheidnagel 126).
Die Dörfer der Igorroten sind nicht klein und erscheinen noch grösser durch den Umstand, dass jedes Haus von dem anderen durch einen viereckigen Hofraum geschieden ist (Semper, Erdk. XIII, 90), dieser Hofraum ist von einem aus rohbehauenen Steinen zusammengefügten Walle umgeben. Die Hütten sind je nach der Lage des Dorfes aus verschiedenen Materialien hergestellt; wo spanisches Rohr und Cogongras noch fortkommen, werden aus ersterem die Wände, aus letzterem die Bedachung verfertigt, in den höheren Gebirgen dienen zum Hausbaue Dielen und Balken aus Fichtenholz (Ilustracion 1860, n. 12, p. 151). Die Igorroten-Hütten in den Niederungen von Lepanto haben bereits ilocanisches Gepräge (Lillo 31). Der Grundriss ist viereckig, die Zimmer sind vier Fuss hoch; zwischen der Zimmerdecke und dem Dache ist der Reis aufgehäuft; selten läuft um das Haus eine Galerie (Semper, Erdk. XIII, 90). Die Hütten haben keine Fenster und nur eine einzige niedrige Eingangsthür, zu welcher man auf einer Leiter—denn auch hier ruhen die Hütten etwas erhöht über dem Erdboden—gelangt (Lillo 31). Der Feuerherd befindet sich gewöhnlich in der Mitte des einzigen Zimmers (Semper, Erdk. XIII, 90). In manchen Gegenden umgeben die Igorroten ihre Häuser mit Bambuszäunen (Scheidnagel 75). Das Innere der Hütten starrt von Schmutz, Russ und Asche (Semper, Erdk. XIII, 90; Mas, pobl. 24; Ilustracion 1860, n. 12, p. 151). Früher schmückten die Igorroten das Äussere und Innere ihrer Behausungen mit den Köpfen der erlegten oder geschlachteten Thiere aus, wodurch die ganze Umgebung der Hütte durch infernalischen Gestank verpestet wurde (Mas, pobl. 20; Semper, Erdk. XIII, 94), jetzt beginnt diese Sitte zu verschwinden, wenigstens in Benguet und Lepanto.
Die Igorroten sind fleissige Ackerbauer, sie bauen Reis, Mais, Patatas, Camote und verschiedene Gemüsegattungen, ferner Tabak. Kaffee wird zwar in ihrem Lande gepflanzt, aber diese Plantagen sind im Besitze und in Verwaltung von Spaniern und Mestizen (Lillo 41). Vor dem Auftreten der Spanier scheinen sie nur Reis gebaut zu haben und diesen nicht in genügender Menge, denn zu Ende des XVII. Jahrhunderts tauschten die Igorroten in Ilócos nicht allein Schweine und Büffel, sondern auch Reis ein (Morga-Stanley 284). Lillo Gracia sagt von den Igorroten von Lepanto, dass sie beständig darnach streben, neue, ihnen unbekannte Sämereien und Pflanzen anzubauen. Hie und da, wo das schon kühlere Klima ihres Landes es zulässt, bauen sie Zuckerrohr, Mangobäume und Apfelsinen (Semper, Erdk. XIII, 72).
Bewunderungswürdig ist die Anlage ihrer Felder an steilen Berglehnen und das Berieselungssystem, welches ihren Äckern das nöthige Wasser bringt. Die schroffsten Abhänge sind durch mühseliges Aufthürmen von Felsblöcken in Terrassenfelder verwandelt worden (Semper, Skizzen 59, und in Erdk. XIII, 91; Lillo 39). Den Feldern wird das Wasser durch ausgezeichnet nivellirte Canäle zugeführt, Schluchten und Bergklüfte werden durch primitive Aquäducte überbrückt, welche aus rinnenartig ausgehöhlten Baumstämmen hergestellt sind (Lillo 40). Um fruchtbare Äcker zu gewinnen, brennen die Igorroten grosse schöne Fichtenwaldungen nieder (Lillo 46). Das Pflügen und der Terrassen- und Canalisirungs-Bau liegt den Männern ob, alle übrige Feldarbeit ist Sache der Weiber und Kinder (Lillo 32). Der Reis wird nicht geschnitten, sondern Halm [27]für Halm ausgerissen (Semper, Erdk. XIII, 91). Nach der Ernte werden die Felder unter Wasser gesetzt und dann gepflügt. Zu letzterer Arbeit wird nur in den Niederungen der Büffel mit benutzt, in den Berghöhen arbeitet der Mensch allein (Lillo 39). Der Pflug ist eine Art Harke (Semper, l. c.). In Lepanto besteht er aus eisenbeschlagenen Stäben, welche die Erde aufreissen, worauf die Schollen durch Daraufschlagen zerbröckelt werden (Lillo, l. c.).
Von einer Viehzucht in dem bei uns üblichen Sinne des Wortes ist bei den Igorroten keine Rede. Sie besitzen zwar Büffel, Schweine (und seltener) Rinder und Pferde, aber ohne sich mit deren Zucht und Pflege zu befassen, so dass sie genöthigt sind, diese Thiere in grossen Mengen in Ilócos aufzukaufen, denn bei ihren Festschmäusen werden ungeheuere Massen Fleisch vertilgt, der Bedarf ist daher ein grosser. Die Pferde werden nur des Fleisches wegen gezogen, die wenigen, welche nicht dem Schlachtmesser verfallen, sind durch frühe Dienstleistung bald ruinirt (Lillo 41). Auch der Hund muss sein Fleisch hergeben. Da das letztere Thier, sowie das Schwein und das Huhn nur unter gewissen Ceremonien und unter priesterlicher Beihülfe geschlachtet werden können (Semper, Erdk. XIII), so ist der Schluss berechtigt, dass diese drei Thiergattungen die einzigen Hausthiere der Igorroten waren, als sie Luzon betraten und ihre jetzigen Wohnsitze einnahmen. Trotz dieser Vorliebe und religiösen Scheu Schweinen und Hühnern gegenüber sind die Igorroten von Lepanto so nachlässig und träge, dass sie, anstatt diese Thiere selbst zu ziehen, solche zu ziemlich hohen Preisen von ilocanischen Händlern einkaufen (Lillo 42). Die Hunde werden hingegen gut gepflegt und sogar Nachts in die Hütte mitgenommen, wo Menschen und Thiere sich in der Nähe des wärmenden Herdes lagern (Semper, Erdk. XIII, 90). Ställe für Büffel, Rinder und Pferde giebt es nicht, diese Thiere müssen im Freien die kühlen Nächte (in Benguet +7° R.) zubringen.
Ihre gewöhnliche Nahrung besteht in Camote, Reis, dem Fleische ihrer Hausthiere und Wildpret, letzteres wissen sie für längere Zeit zu conserviren (Ilustracion 1860, n. 12, p. 152). In der Bereitung der Fleischspeisen sind sie nichts weniger als heikel, für gewöhnlich braten sie das Fleisch, doch essen sie es auch im rohen Zustande, selbst die Büffelhaut wird nicht verschmäht und in lange Streifen zerschnitten noch blutig verschlungen (Semper, Erdk. XIII, 94). Ein Leckerbissen ist den Igorroten der in den Eingeweiden eines frischgeschlachteten Büffels befindliche Koth (Mas, pobl. 23). Semper (Erdk. XIII, 94) sah bei einem Festschmause, wie sie den Saft aus den Excrementen eines geschlachteten Büffels als Sauce auf rohes Fleisch auspressten. Sie geniessen das Fleisch auch im Fäulniss-Zustande (Lillo 28).
Den grössten Theil ihrer Reisernte verwandeln sie in Bundang oder Siniput, ein saures, berauschendes Bier (Semper, Erdk. XIII, 92). Ein anderer gegohrener Trank wird aus Zuckerrohr bereitet und heisst „Basig” oder „Basi”.
Von den civilisirten Malaienstämmen der Philippinen unterscheiden sie sich vorteilhaft dadurch, dass sie keinen Buyo kauen, dagegen rauchen Männer und Weiber von früher Jugend an leidenschaftlich Tabak, und zwar aus Pfeifen (Lillo 30). Letztere werden von ihnen selbst fabricirt und bestehen aus Stein, Holz oder Bronze (Messing).
Sobald ein Weib Geburtswehen fühlt, eilt sie zu einem Flusse oder Bache, in dessen Wasser sie das neugeborene Kind sofort badet, dann legt sie das Kindlein in eine Art Korb, der über den Schultern festgehalten wird und geht damit heim (Ilustracion 1860, n. 12, p. 152). Werden Zwillinge geboren, so wird das zuletzt geborene Kind der ersten besten Familie geschenkt, die es adoptiren will; findet sich Niemand, der sich des armen Wesens erbarmt, so wird das Kind erwürgt oder lebendig begraben (Lillo 25). Dieser barbarische Brauch ist im raschen Schwinden begriffen. Das neugeborene Kind erhält den Namen desjenigen, der es zuerst beschenkt, doch werden die Namen im Leben mehrmals gewechselt (Lillo, l. c.).
Entgegen den liederlichen Sitten der Tagalen und Visayer hüten die Igorroten ängstlich die Keuschheit ihrer Mädchen. Sobald die Kinder geschlechtsreif werden, tritt eine vollständige Isolirung der Jünglinge und Mädchen ein. In jedem Dorfe giebt es zwei grosse Häuser, in dem einen bringen die Jungfrauen, in dem anderen die Jünglinge die Nacht zu; ein Greis bei den letzteren, eine Greisin bei ersteren führen die Oberaufsicht und verhindern, dass Jemand zur Nachtzeit sich hinaus- oder hereinschleiche (Lillo 27). Bei Tage werden die Jungfrauen bei jedem Ausgange von älteren Frauen ihrer Familie oder dem Vater selbst begleitet und bewacht (Lillo, l. c.). Der Fehltritt eines Mädchens wurde bei einigen Stämmen mit dem Tode (Mas, pobl. 23), bei anderen durch schwere Züchtigung bestraft (Lillo 29). Diese Strenge bewirkte, dass die Mädchen, welche ihren Trieben freie Zügel schiessen liessen, indem sie die Wachsamkeit ihrer Aufseher täuschten, vorgaben, von Affen im Walde genothzüchtigt worden zu sein (Mittheilungen des Fray Lorenzo Juan in Mas, pobl. 23). Der Verkehr mit den eingewanderten christlichen Ilocanen und Pangasinanen, sowie mit den Soldaten der Forts hat diese reinen Sitten auf vielen Punkten untergraben (Lillo 32).
Verliebt sich ein Jüngling in ein Mädchen und sind beide Eltern einem Ehebündnisse ihrer Kinder geneigt, so gestatten die Eltern der Braut dem Jünglinge, mit ihrer Tochter im Concubinate zu leben, denn es gilt vor Allem, die Fruchtbarkeit derselben zu erproben (Lillo 27). Wird [28]die Braut binnen einer bestimmten Frist schwanger, so findet erst die Hochzeit Statt, im entgegengesetzten Falle tritt der Bräutigam zurück (Lillo, l. c.). Wer ohne Grund seine Braut verliess, wurde früher geköpft (Lillo 29). Die Hochzeit beginnt mit einem religiösen Acte: die Priesterin erscheint, und unter Anrufung der Anitos verrichtet sie in Gegenwart aller Verwandten ihren Hocuspocus. Während der ganzen Ceremonie ruht der Fuss des Bräutigams auf dem der Braut (Lillo 27). Dann folgt der Festschmaus, welcher oft 8 bis 9 Tage dauert, während dieser Zeit bleibt das Ehepaar unsichtbar (Mas, pobl. 19).
Die Igorroten kennen nur die Monogamie, und die Heiligkeit der Ehe wird ungemein hochgehalten. Die noch unabhängigen Igorroten tödten jedes ehebrecherische Weib durch Kopfabschlagen, die unter spanischer Herrschaft stehenden lassen es mit einer schweren körperlichen Züchtigung bewenden (Lillo 29). Die Ehen sind nur durch den Tod löslich (Lillo 27). Die Witwe gehört zur Familie ihres verstorbenen Gatten, ohne deren (seltene) Einwilligung sie sich nicht wieder vermählen darf, in welchem Falle sie jedes Recht auf ihre Kinder von ihrem ersten Gatten verliert, deren Vormundschaft und Schutz der Familie desselben zufällt (Lillo 27). Der Witwer darf sich erst nach sieben Jahren wieder verheirathen, während dieser ganzen Zeit fordert der gute Anstand von ihm, durch dumpfes Stillschweigen und Vorsichhinbrüten, sowie durch gänzliche Vernachlässigung der ohnehin geringen körperlichen Reinlichkeit, seine Trauer um die verstorbene Gattin zur Schau zu tragen (Lillo, l. c.).
Im Familienleben der Igorroten fällt angenehm die Hochachtung auf, welche den Greisen gezollt wird (Lillo 29), minder vortheilhaft klingt die Meldung, dass noch im Anfange dieses Jahrhunderts die Igorroten ihre Kinder gern an die guten Christen von Ilócos und Pangasinán verkauften. Die Kinder wurden von den „edlen” Indiern zu Viehhirten und Knechten aufgezogen, der Preis schwankte zwischen 20 bis 30 Pesos, nur mit grosser Mühe gelang es der spanischen Regierung, diesen schändlichen Handel mit lebendigem Menschenfleisch auszurotten (Mas, pobl. 34).
Ist ein vornehmer Igorrote verschieden, so wird eine Priesterin geholt, welche an die Leiche Fragen stellt, wie z. B.: „Warum hast du deine Verwandten und Freunde verlassen?” Dann werden alle Verwandten, auch die entferntesten, von dem Todesfalle benachrichtigt, welche auch insgesammt erscheinen; jeder tritt vor den Todten, grüsst ihn und drückt ihm die Hand, wobei er die oben erwähnte Frage der Priesterin wiederholt. Der Leichnam wird nicht eher begraben, als bis alle Blutsfreunde ihm diese letzte Ehrenbezeugung erwiesen, was oft 8 bis 9 Tage währt; bei den mehr civilisirten Igorroten wird die Leiche früher bestattet oder wenigstens auf den Friedhof gebracht (Lillo 25 f.). Während der ganzen Zeit, wo der Todte von seinen Verwandten begrüsst und besucht wird, feiert man vor dem Hause ein Cañao (Fest), d. h. es werden ungeheuere Quantitäten Fleisch und Reis verschlungen und noch viel mehr Basi getrunken. Der Aufwand ist oft so übertrieben, dass manche Familie durch ein solches Todtenfest vollständig verarmt (Lillo 26). Die Igorroten von Benguet begraben ihre Todten ohne die angeführten Ceremonien und überdiess kurze Zeit nach der Sterbestunde (Semper, Erdk. XIII, 95). In einigen Gegenden werden die Leichen über einem Feuer gedörrt (Lillo 26 u. Semper, l. c.) in anderen, wiewohl selten, auch einbalsamirt (Semper, Erdk., l. c.). Der Leichnam wird sitzend (Lillo 26, Semper, l. c.) in einen kistenartigen Sarg gesteckt, welcher, wenigstens in Lepanto, aus einem Holze verfertigt wird, das angeblich die Fäulniss verhindert (Lillo, l. c.). In Benguet bestehen die Särge, an welchen mitunter Schnitzereien angebracht sind, aus Fichtenholzbrettern (Semper, Erd. XIII, 96). In den Sarg werden Lebensmittel mitgegeben. Ein Sarg enthält oft zwei und mehr Leichen (Semper, Erdk. XIII, 96). In Benguet werden die Todten meist unter oder neben den Häusern bestattet (Semper, Erdk. XIII, 95), jedoch werden mit Vorliebe Höhlen zu Begräbnissplätzen ausgesucht (Lillo 6), was um so bemerkenswerther ist, als auch die Visayer vor der Annahme des Christenthums dieselbe Weise der Todtenbestattung ausübten. Die Höhlen werden, wo die Natur sie nicht gebildet, künstlich vermittelst des Feuers in den Felsen hineingearbeitet (Semper, Erdk. XIII, 96). Die Begräbnissstätten der Häuptlinge und Vornehmen heissen „Luddut”, jede Familie hat da ihren bestimmten Platz, gleichsam ihre Familiengruft (Mas, pobl. 18). Früher geschah es mitunter, dass die Leiche (bei Leuten geringeren Standes) von den Cañao-Festgenossen aufgezehrt wurde. Mas (pobl. 19) erwähnt einen solchen Vorfall, der sich in der Igorroten-Niederlassung Baruncucureng bei dem Pueblo Tagudin noch in diesem Jahrhunderte zugetragen hat.
Jeder Mord und Todtschlag, welchen ein Fremder verübt, wird durch Blutrache gegen dessen Dorf gesühnt, falls nicht Wehrgeld erlegt wird (Mas, pobl. 18). Bei ihrem zu Gewaltthaten geneigten Sinne und dem Ruhm, den jener geniesst, der seine Hütte mit recht vielen Menschenschädeln schmücken kann, nimmt die Schlächterei unter ihnen nur dort ein Ende, wo die Autorität der spanischen Behörden volles Gewicht hat. Die Igorroten von Benguet zeichneten sich durch eine grössere Kriegslust aus als die Buriks und Busaos. Die Bewohner von Ilócos und Pangasinán waren in den Zeiten, wo die Igorroten noch unabhängig waren, beständig durch Banden dieser Kopfjäger beunruhigt. Bei einzelnen Stämmen herrschte früher der Brauch, dass, wenn [29]ein Todter 2, 3, 4 &c. Finger der Hand ausgestreckt hielt, seine Hinterbliebenen ebensoviele Menschen tödten mussten; so nahm das Morden kein Ende (Mas, pobl. 23). In der bestialischen Wuth tranken sie mitunter das warme Blut des Unglücklichen, dem sie soeben den Kopf abgeschlagen (Mas, pobl. 22). Kehrte ein Kopfjäger mit seiner schauerlichen Beute heim, so erschienen die gesammten Bewohner des Ortes in dem Hause desselben und tanzten unter wildem Geschrei und Gejohle um die blutigen Feindesköpfe, Reis- und Zuckerrohr-Branntwein wurde in Massen vertilgt, und Tage verstrichen oft, ehe diese entsetzliche Festlichkeit endete, welche den Blutdurst und die Roheit der Igorroten in grellem Lichte offenbarte (Lillo 24). Den Krieg führten sie am liebsten im Hinterhalte, wurden sie aber vom Feinde im offenen Felde angegriffen, so wussten sie sich mit grosser Bravour zu vertheidigen. Wollten die Igorroten herannahenden Fremden erklären, dass ein Betreten ihres Gebietes gleichbedeutend mit einer Kriegserklärung wäre, so legten sie Bogen und Pfeil auf den Weg und besprengten die Erde mit Blut (Mas, pobl. 44). Sie warfen auch Schanzen auf, um Feinden den Zugang in ihre Thäler zu versperren (Galvey’s Tagebuch in Mas, pobl. 58).
Ihre Religion erinnert lebhaft an jene der alten Tagalen. Sie glauben an ein oberstes göttliches Wesen, welches die ganze Schöpfung regiert und nennen es „Apu” oder „Apo” oder (in Lepanto) „Lumaoig” (Lillo 21). Die Gemahlin des Apu heisst Bangan, seine Kinder sind der Sohn Ubban und die Tochter Bugan. Ausserdem giebt es zwei Untergötter: Cabigat und Suyan. Diese Gottheiten wohnen am westlichen Himmel und stehen mit den Menschen durch die Anitos im Verkehr (Lillo, l. c.). Die Namen der Götter werden in jedem Dorfe verschieden angegeben. Donnert es, so sagen sie, der Gott Cabuniang verlange Schweine8 zum Opfer, sie kommen auch seinem Verlangen unter grossen Festlichkeiten nach (Mas, pobl. 16). Den Igorroten am Rio Agno wird die Sonne zur Gottheit, als deren Kinder die Götter Magsib und Caspök gelten, welche letzteren in Krankheitsfällen angerufen werden und auch sonst einen in Festlichkeiten bestehenden Cultus besitzen (Semper, Erdkunde XIII, 94).
Den Göttern wird aber viel weniger Verehrung erwiesen, als den Seelen der verstorbenen Ahnen, den Anitos. In jedem Dorfe befindet sich ein heiliger Baum, den man als Wohnsitz von Anitos ansieht. Unter diese Bäume werden Opferstöcke hingestellt, welche natürlich dem ersten vorbeistreifenden Hunde ein willkommenes Fressen bieten. Vor diesen Bäumen stehen oft (Lillo 20) Felsblöcke oder Steine in Form von Altären, auf welchen die Opfer den Anitos dargebracht werden. Am unteren Rio Agno giebt es nur hie und da Opferplätze (Semper, Erdk. XIII, 94). Der Anito-Cultus zieht wie der rothe Faden in dem Tauwerk der englischen Marine durch alle Anschauungen, Sitten, Bräuche und Lebensgewohnheiten der Igorroten. Bei jedem Anlasse werden sie angerufen und jeder Vorfall, besonders wenn er schlimmer Natur ist, ihrem Einflüsse zugeschrieben, deshalb sucht man sie sich stets gewogen zu erhalten. Vor der Aussaat des Reises wird ihnen ein grosses Opferfest abgehalten, damit sie Saaten und Felder schützen &c. Die Anitos rufen auch die Krankheiten hervor und erzeugen verderbliche Dünste in Feld und Flur. Die Igorroten des in Lepanto liegenden Ortes Cabugatan halten die Aale ihres Baches für Verkörperungen ihrer Anitos, weshalb sie ihnen nicht nur kein Leid zufügen, sondern sie selbst füttern (Lillo 21). Mitunter findet man (in Lepanto) rohe Holzbilder, welche einen stehenden oder hockenden Mann darstellen, es sind diess Bilder der Anitos. Semper traf bei den südlichen Igorroten keine derartigen Bilder. Besonders zur Nachtzeit ziehen die Anitos herum, um Schaden zuzufügen (Mas, pobl. 17).
Die Igorroten besitzen einen Priesterstand, dessen Mitglieder der Mehrzahl nach Weiber sind, wie diess bei den Tagalen und Visayern in den Zeiten der Conquista ebenso der Fall war. Der männliche Priester heisst Mambunung, in jedem Dorfe ist nur einer, der erst auf dem Todtenbett seinem Sohne die Gebetsformeln mittheilt (Semper, Erdkunde XIII, 94). Diese Mambunungs heilen auch Krankheiten, indem sie das Gesicht des Leidenden mit dem Blute eines geschlachteten Opferthieres beschmieren; als Bezahlung erhalten sie Gold und die besten Fleischstücke des Opferthieres (Semper, l. c.). Schweine, Hunde und Hühner dürfen nicht geschlachtet werden, ausser sie werden vom Mambunung eingeweiht und Theile ihres Fleisches den Göttern oder Anitos geopfert.
Meist werden alle religiösen Ceremonien durch Priesterinnen, die sogenannten „Asiteras”, geleitet, es sind diess gewöhnlich alte Weiber, welche die Opfer bei den religiösen Festen, den Cañaos, zu verrichten haben. Die Anlässe zur Veranstaltung solcher sind verschiedenartigster Natur, wie: Erkrankung, plötzliches Umstehen des Viehes, eine Leichenbestattung, Hochzeiten, das Erblicken gewisser Vögel oder einer Ratte, welche den Weg kreuzt, ferner der Neubau eines Hauses oder der Aufbruch eines Kopfjägers, der Blutrache ausüben will (Lillo, 19 f.). Die Asiteras leiten das Fest, das in ein Fress- und Saufgelage ausläuft, mit dem Schlachten eines Opferthieres ein, indem sie unter Hersagen verschiedener Stossgebete und Ausrufungen mit dem Opferblute die Umstehenden oder das Anitobild besprengen. Die Asiteras geben vor, von einem Anito begeistert zu sein [30](Lillo 20). Zum Abhalten dieser religiösen9 Feste, Cañaos, besitzt jedes Dorf einen kleinen Schuppen, vor dem ein offener Platz sich befindet (Lillo 24).
Das Erscheinen des Regenbogens halten die Igorroten für ein gutes Omen, kreuzt hingegen eine Schlange den Weg, so kehren sie augenblicklich um (Mas, pobl. 16). Wenn sie irgendwohin aufbrechen wollen, so zünden sie ein Feuer an, schlägt der Rauch nach der ihrem Ziele entgegengesetzten Richtung, so halten sie diess für ein sehr schlimmes Zeichen und unterlassen sofort den Zug (Mas, l. c.). Unter ihren „abergläubischen” Bräuchen verdient folgender einer Erwähnung: Wenn bei dem Neubaue eines Hauses Jemand bei der Errichtung der Grundpfeiler niest, so muss der Bau sofort unterlassen werden, sonst würde von den Betheiligten einer bald sterben müssen (Lillo 23).
Das Christenthum hat zwar bei ihnen Eingang gefunden, breitet sich aber nur langsam, wenn auch sicher, aus. Man hat schon in den vergangenen Jahrhunderten Versuche gemacht, sie zum Christenthume zu bekehren, aber P. Mozo (Misiones 80) gesteht freimüthig, dass die wenigen Igorroten, welche die Taufe nahmen, diess nur thaten, um ihre Stammesgenossen um so leichter und wohlfeiler mit Mänteln, Schweinen, Kühen und (Palm-) Wein zu versehen.
Über ihre nationalen Rechtsverhältnisse ist mir so gut wie Nichts bekannt. In zweifelhaften Fällen waren Gottesurtheile, wenn ich diesen Ausdruck hier anwenden darf, üblich. Zwei Arten derselben erwähnt Lillo (Lepanto 20). Mit einem spitzen Eisen von der Grösse und Gestalt eines kleinen Nagels werden die Köpfe der Streitenden geritzt, wer bei dieser Operation mehr Blut verliert, hat den Streit verloren. Ein anderes Mal wird ein kleiner Scheiterhaufen angezündet, worauf jeder der Streitenden ein gefesseltes Huhn in die Flammen wirft. In dem Augenblicke, wo die armen Thiere in den letzten Zügen liegen, werden sie wieder aus dem Feuer herausgezogen und der Leib geöffnet, wessen Huhn eine grössere Galle besitzt, der hat den Process verloren.
Das Jahr zählen sie nach Ernten, die Monate nach Monden, die Stunde nach dem Stande der Sonne (Lillo 44). Ihre Gesänge sind monoton und nach unseren Begriffen unharmonisch, der Kriegsgesang besteht eigentlich nur aus einem gellenden Geschrei (Lillo 24). Ihre Musikinstrumente sind nicht zahlreich, zu erwähnen wäre zunächst der Batitin, eine Trommel aus einem ausgehöhlten Baumstamme (Lillo 28), denselben Namen giebt Semper (Erdk. XIII, 93), nur mit einer geringen Modification—batiting—, den auch bei den Igorroten üblichen Gongs. Prof. Semper erwähnt an derselben Stelle auch eine Trommel, welche die Form einer Kanone besitzt und mit einem Stück Stierleder überzogen ist. Der Gong der Igorroten von Lepanto heisst la Ganza, er besteht aus Bronze. Zur besseren Handhabung ist an die Ganza ein Henkel angemacht, welcher aus dem Kinnbacken eines Feindesschädels besteht, so adjustirte Ganzas haben einen besonderen Werth (Lillo 29).
Die vornehmen Igorrotenfamilien wetteifern miteinander in Veranstaltungen von grossen Festschmäusen. Zu diesen Festen werden nur die Vornehmsten des Ortes persönlich eingeladen, die übrigen Dorfbewohner erscheinen auf das Signal von Trommelschlägen. Ehe das Gelage seinen Anfang nimmt, wird getanzt. Bei den südlichen Igorroten treten bei solchen Festen als Tänzer ein Weib mit drei bis vier Männern auf. „Das Weib dreht sich, die Arme bald weit ausstreckend, bald sie über die Brust kreuzend, wobei sie sich tief gegen die (schon bereitstehenden und mit Reisbier gefüllten) Krüge verneigt, nach einer Seite im Kreise um diese herum, in entgegengesetzter Richtung bewegen sich die Männer, deren Anführer ein breites buntfarbiges Tuch über Brust und Schultern trägt und lebhaft mit den Armen gesticulirt” (Semper, Erdk. XIII, 93). Der Tanz der Igorroten von Lepanto besteht in einem schnellen Bewegen der Beine, ohne die Füsse vom Boden zu erheben oder den Körper zu bewegen, dabei halten die Mädchen ein Tuch in den Händen, hinter welchem sie sich anscheinend zu verbergen suchen, ähnliches thut der Mann, nur fingirt er das fehlende Tuch; es tanzt immer nur ein Paar, welches rasch durch ein anderes ersetzt wird (Lillo 29).
Beim Kriegstanze ahmen die mit Schild und Lanze bewaffneten Tänzer ein Gefecht nach (Lillo, l. c.), doch beginnt diese Sitte rasch zu schwinden, da bei den den Spaniern unterworfenen Igorroten keine Kriege mehr geführt werden.
Ihre Industrie ist nur in Bezug auf Metallarbeiten und Bergbau von Belang. Sie besitzen zwar kleine Webeapparate (Lillo 42), können aber damit nur den geringsten Theil ihres Bedarfes an Baumwollgeweben decken. Aus der Rinde des mächtigen Baumes Baliti bereiten sie durch Klopfen und Dörren an der Sonne einen überaus haltbaren Stoff, welchen sie zu ihrem Kopfbunde, zu Schlafteppichen &c. verwenden (Scheidnagel 126). Im Flechten von Körben, Matten und Hüten sind sie sehr geschickt, letztere Industrie nimmt immer mehr an Bedeutung zu. Aus Holz werden verschiedene Sachen, als Tabakspfeifen, Schüsseln &c. geschnitzt. Die „Latoc” genannte Holzschüssel hat zwei Höhlungen, eine für das Salz, die andere viel grössere für die eigentliche Speise (Scheidnagel 126). Sie sind ausgezeichnete Schmiede, ihre Werkstätten liegen nie im Dorfe, sondern [31]tief im Walde versteckt (Semper, Erdk. XIII, 92). Aus Kupfer fabriciren sie Kessel, Kochtöpfe, Tabakspfeifen, Ketten und ähnliche Dinge. Auch Felle wissen sie gut zuzubereiten, besonders verdienen die aus dem bunten Felle der Bergkatze bereiteten Tabaksbeutel Beachtung (Scheidnagel 127).
Im Bergbau übertrafen sie die übrigen Malaienstämme der Philippinen. Die reichen Kupferminen um den Mte. Datá, in Mancayan &c. werden von ihnen ergiebig ausgebeutet, ebenso die Goldgruben von Acupan, Apayao und Suyuc. Jede Familie in den erzführenden Districten hatte ihr eigenes streng abgegrenztes Schürfgebiet. „Zur Förderung des Erzes bedienten sie sich des Feuersetzens, indem sie an geeigneten Stellen Feuer anzündeten, um durch die Spannkraft des in den Spalten enthaltenen erhitzten Wassers, mit Zuhülfenahme eiserner Werkzeuge den Felsen zu zerkleinern. Die erste Scheidung des Erzes wurde in dem Stollen selbst vorgenommen, das taube Gestein blieb liegen und erhöhte den Boden, so dass bei späterem Feuersetzen die Flamme der Holzstösse stets die Decke traf” (Santos, Informe sobre las minas de cobre, in Jagor, Reisen, p. 147). Reiche Erze wurden einfach geschmolzen, die quarzhaltigen einer sehr starken Röstung unterzogen (Jagor, l. c.). Scheidnagel (p. 98) führt die Gattungen des Goldgewinnes an: Die einfache Wäsche, Galerienbau und Zerklopfen des erzhaltigen Gesteines. Die Schmelzöfen der Igorroten bestehen aus einer runden Vertiefung im Thone und haben einen Durchmesser von 0,3 m und eine Tiefe von 0,15 m. „Eine damit in Verbindung stehende 30° gegen die Vertiefung geneigte conische Röhre von feuerfestem Gestein nahm zwei Bambusrohre auf, die in die unteren Enden zweier ausgehöhlter Fichtenstämme eingepasst waren, in denen sich zwei an ihrem Umfange mit trockenem Grase oder Federn bekleidete Scheiben abwechselnd auf- und abbewegten und die für das Schmelzen erforderliche Luft zuführten” (Jagor, l. c. 148). Der Kupferbergbau hat stark nachgelassen (Drasche, Fragm. zu einer Geol. 36), indem die reichsten Kupferminen sich jetzt im Besitze spanischer Actiengesellschaften und Capitalisten befinden, bei denen die Igorroten, die einstigen Grubenbesitzer, Taglöhnerdienste verrichten (Lillo 52). Das Goldwaschen ist noch heute in ihren Händen; in den Zeiten ihrer Unabhängigkeit war der Goldhandel allein Monopol der vornehmen Familien, denen die Plebejer—wenn ich so sagen darf—alles gefundene Gold abliefern mussten (Mozo 81). Die Igorroten in der Umgebung von Suyuc bringen noch jetzt Gold im Werthe von 12 000 Dollars in den Handel (Lillo 42).
In den Zeiten der Unabhängigkeit bildete—und für die noch jetzt nicht unterworfenen Stämme gilt dasselbe—jedes Dorf einen Staat für sich (Lillo 17), wir finden also hier, wie schon Mas erwähnte (Mas, historia I, 10), dieselbe staatliche Zersplitterung wie bei den heutigen Indios civilisados in der Periode der Conquista. Der Häuptling des Dorfes gehört dem Adel an, jedoch scheint diese Würde nicht in einer einzigen Familie erblich zu sein, sondern der Tapferste—dann Mainguel genannt—oder Reichste wird Chef eines Dorfes (Lillo 17). Seine Macht ist sehr beschränkt, denn die eigentliche Regierung liegt in den Händen der gesammten Adeligen (Lillo 18). Diese werden „Bacnanes” genannt, ihnen gehört der ganze Boden und das Ackerland des Dorfstaates, in welchem gewöhnlich vier, sechs oder mehr solcher Magnatenfamilien leben. Die übrigen Dorfbewohner sind nichts anderes als Leibeigene des Adels, dessen Felder sie zu bestellen haben und denen sie sonst zu Diensten stehen; als Lohn erhalten sie dafür Speise und Trank (Lillo 18). In Lepanto werden sie Cailianes genannt (Lillo, l. c.), d. h. ebenso, wie die Plebejer in Ilócos. Die einzelnen Dorfstaaten waren beständig miteinander im Kriege begriffen.
Den ersten Versuch, die Igorroten der spanischen Krone und dem Katholizismus zu unterwerfen, unternahmen die Spanier 1660, er misslang so wie mehrere andere Expeditionen, bis es 1829 den Spaniern gelang, festen Fuss im Lande zu fassen, seitdem ist ein Igorroten-Territorium nach dem anderen durch Güte und Gewalt annectirt worden. Vom 4. bis 7. März 1880 fanden neue blutige Kämpfe mit noch unabhängigen Bergstämmen Statt, welche siegreich für die Spanier endeten.
Die unterworfenen Igorroten haben dieselbe Gemeindeverfassung und Autonomie erhalten, wie die übrigen Eingeborenen der Philippinen. Jede Ranchería (Dorf) wählt einen Gobernadorcillo oder Gemeindevorsteher, Wähler sind die vornehmsten Dorfbewohner, d. h. die Bacnanes (Lillo 34). Die Gemeindegebiete sind scharf abgegrenzt, um Zusammenstösse und Streitigkeiten bei den fehdelustigen Igorroten zu vermeiden. Sie haben ebenso die Servicios und Polos zu leisten wie die Tagalen, es ist jedoch bemerkenswerth, dass diese öffentlichen Arbeiten meist von Weibern verrichtet werden, welche ihre Männer vertreten. Nur in Bezug auf den Tribut (die Kopfsteuer) haben die Igorroten einen grossen Nachlass, sie zahlen gleichsam nur eine Taxe.
Die spanische Regierung hat auch unter ihnen Schulen gegründet, in denen die Kinder im Lesen und Schreiben der spanischen Sprache, im Rechnen und in der katholischen Religion unterrichtet werden. 1876 besass der District Lepanto 7 Schulen, welche von 562 Kindern regelmässig besucht wurden, von welchen 110 fertig spanisch lesen und schreiben konnten (Lillo 44). Einige erwachsene Igorroten von Lepanto verstehen im ilocanischen Dialekte zu schreiben, andere können wenigstens ihren Namen unterschreiben [32](Lillo, l. c.). Jedenfalls verdient der gute Wille der Colonialregierung alle Anerkennung.
Wo diese beiden den Igorroten naheverwandten Stämme ihre Wohnsitze haben, war mir nicht möglich sicher zu ergründen. Nicht einmal der Name des ersteren Stammes ist sichergestellt, indem Mas (pobl. 14) und nach ihm Bastian (Reisen V, 272) Altabanes schreiben, während Buzeta y Bravo die Schreibweise Altasanes führt. Merkwürdigerweise scheint Dr. Bastian, durch diese verschiedene Schreibweise verleitet, Altasanes und Altabanes für zwei verschiedene Stämme zu halten (vgl. Bastian, Reisen V, 272 u. 274). Altasanen und Ilamuts verehren einen Gott Namens Cabiga und dessen Frau, welche bei Buzeta (Dicc. I, 60) Bujan, bei Mas (pobl. 14) Bujas heisst. Das ist Alles, was wir über diese beiden Stämme wissen. Ihre Wohnsitze sind jedenfalls in der Provinz Nueva Vizcaya zu suchen.
Die Bujuanos sind ein ebenfalls den Igorroten naheverwandter Stamm in der Provinz Isabela (Scheidnagel 35). Ihre Wohnsitze konnte ich nicht näher ermitteln.
Die Panuipuyes oder Panipuyes sind Igorrotenstämme, von denen nichts weiter bekannt ist als der Name (Mas, pobl. 28; Buzeta I, 58). Wohnstätten wahrscheinlich im westlichen Nueva Vizcaya oder Isabela. Vielleicht sind sie nur ein Zweig der Mayoyaos.
Die Isinays wohnen am mittleren Rio Agno bis gegen den von den Spaniern Caraballo Sur genannten Gebirgsstock, im westlichen Theile der ehemaligen Provinz Ituy. In ihren Sitten und Bräuchen gleichen sie den Bergstämmen der nördlichen Nachbarstriche. Zwischen 1715–40 wurden sie zum Christenthume bekehrt (Mozo 40 f.). Im Jahre 1788 gab es noch 3900 wilde Isinays (Mas, pobl. 38). Sie scheinen jetzt ihren Dialekt einzubüssen und vollständig in die Pampangos und Pangasinanen einzugehen.
Mit ihnen naheverwandt scheinen die Jumangis zu sein, die seit Mozo (Misiones 58) kein neuerer Schriftsteller erwähnt.
Die kleine Nation der Abacas lebt südlich vom Bergstock Caraballo Sur, in der Umgegend von Caranglan. Ihre Sprache scheint erloschen zu sein, wenigstens machen die spanischen Censuslisten hiervon keine Erwähnung, früher besassen sie aber ein eigenes Idiom, das sich selbst von dem der ihnen sonst in Sitten ähnlichen Italonen unterschied, wie diess Fr. Antolin de Alzaga, der unter ihnen 1702 als Missionär lebte, ausdrücklich hervorhebt (Mozo 20). Von den Italonen, mit denen sie in beständigem Kriege begriffen waren, unterschieden sie sich auch durch die Polygamie, die bei ihnen üblich war (Mozo, l. c.). Sie scheinen Kopfjäger gewesen zu sein, heute sind sie friedliche Christen.
Die Italonen wohnen nördlich vom Caraballo Sur im südlichen Theile der Provinz Nueva Vizcaya, wo auch ihre grösseren Orte Lublub, Bayombon, Dupax &c. liegen. Sie sind erst seit dem Anfange des vorigen Jahrhunderts allmählich zum Christenthum bekehrt worden, das aber nur oberflächlich an ihnen haftet. Im Jahre 1702 zählten sie 52 Dörfer, welche ein nettes Aussehen hatten, ihre Hütten waren von ansehnlicher Grösse. Obwohl sie eifrige Jäger waren und der Fischfang in ihren Bächen und Flüssen reichliche Beute lieferte, so bildete dennoch Reis ihre Hauptnahrung, sie bestellten die Äcker mit Sorgfalt und waren durch Aufspeichern von Reisvorräthen in der Lage, bei etwa eintretenden Missernten der Hungersnoth vorzubeugen (Mozo 19 u. 26). Ob sie andere Hausthiere als den Hund besassen, ist mir nicht bekannt, obwohl manches darauf schliessen lässt, dass der Büffel und das Schwein wenigstens in geringer Zahl gezüchtet oder eingehandelt wurden. Aus Zuckerrohr bereiteten sie ein berauschendes Getränk, Ilang genannt (Mozo 32). Ihre Waffen waren Lanze, Waldmesser und Schild. Ihre unbändige Kriegslust, die gegen ihre sonstige Liebenswürdigkeit (Mozo 19) eigenthümlich abstach, reizte sie zu beständigen Fehden mit den Nachbarstämmen, insbesondere den Abacas und den Balugas, wobei derjenige den grössten Ruhm davontrug, der die meisten Feindesschädel heimbrachte, denn sie waren Kopfjäger (Mozo 32, 35). Diese eigenthümlichen Trophäen wurden in der Hütte sorglich aufbewahrt, nur pflegten sie vorher den Schädel seiner Zähne zu berauben, um damit den Handgriff ihres Hackmessers auszuschmücken (Mozo 22). Ihre Kriegführung beruhte hauptsächlich auf List und Überrumpelung, der offene Kampf, Mann gegen Mann, wurde so sehr als möglich gescheut; am liebsten überfielen sie den Feind in der Nachtzeit (Mozo 34). Die erlittenen Wunden, sowie andere Krankheiten heilten sie durch verschiedene Kräuter, über welche Mozo (Misiones 56) eingehend berichtet. Sie sollen auch das Blut der erschlagenen Feinde getrunken und Theile von deren Hinterhaupte und Eingeweiden roh verzehrt haben, um den Muth des Erschlagenen zu erben (Mozo 32 f.; Mas, pobl. 22). Starb ein angesehener Häuptling, so hüllten sie ihre Waffen zum [33]Zeichen der Trauer ein, und diese Ceremonie nannten sie Magbalata.
Wie bei den Igorroten war auch bei ihnen nur Monogamie üblich, die Ehen konnten nur durch den Tod eines der Gatten gelöst werden (Mozo 19). Kebsweiber neben der Gattin zu halten, war untersagt, auch durften Blutsverwandte keine Ehen untereinander eingehen (l. c.).
Über ihre frühere Religion stehen mir nur die dürftigen Notizen des Augustiners P. Arzaga zur Verfügung. Nach diesen glaubten sie an einen einzigen Gott, der die Guten belohne und die Bösen bestrafe, doch wussten sie nicht zu sagen, in was die Belohnung bezw. Strafe zu bestehen hätte. Dieser Gott hatte nach ihrer Ansicht im Himmel seinen Wohnsitz. Auffallend ist, dass dieser Gott unbeweibt lebt, während sonst alle Bergstämme von Nord-Luzon nur Götterpaare kennen. Sie glaubten auch an die Unsterblichkeit der Seele, was den Schluss zu ziehen gestattet, dass der Ahnencultus ihnen nicht unbekannt gewesen sein mag.
Von diesen erwähnten und dargestellten Bräuchen und Sitten hat sich wenig erhalten, das Christenthum hat ihrem ganzen Leben tagalisches Gepräge verliehen.
Die wilden Ibilaos wohnen in den Grenzdistrikten von Nueva Vizcaya und Nueva Écija, vom Caraballo Sur gegen Norden und Nordwest ihre Sitze ausdehnend. Bei den Orten Levang, S. Fabian und Tongbon treten sie in unmittelbare Berührung mit den civilisirten Indiern. Sie streichen bis zum Caraballo del Baler hinüber.
Sie sind von kleiner Statur und geringer Körperstärke (Buzeta I, 57). Sie scheinen keinen Ackerbau zu treiben, sondern nur von der Jagd und dem Raube sich zu nähren, was vielleicht auf eine starke Beimischung mit Negritoblut zurückzuführen ist. Buzeta und Bravo bezeichnen das Leben, welches sie führen, als ein nur elendes (Buzeta, l. c.).
Wie bei den meisten Bergstämmen Luzons herrscht auch bei ihnen die Sitte der Kopfjägerei (Buzeta I, 57; Mas, pobl. 28). Sie lauern im Hinterhalte auf den Nichts ahnenden Reisenden, den sie mit sicherer Hand mit ihren Pfeilen tödten (Mas, l. c.). Es erinnert diess auffallend an die Negritos. Ihre Pfeile sollen nach Bastian (Reisen V, 274) vergiftet sein, ich weiss nicht, welcher Quelle diese Notiz entnommen ist. Auch sie schmücken ihre Waffen mit den Zähnen der erschlagenen Feinde. Ihre Zahl ist sehr gering (Mas, pobl. 28); am 2. Mai 1851 zählte man in der Provinz Nueva Vizcaya 330 erwachsene unterworfene Ibilaos (Diaz Arenas 515).
Von ihrer Religion ist Nichts bekannt; nach Semper (Erdkunde XIII, 94) „sollen” sie am Caraballo Sur Tempel besitzen, was höchst unwahrscheinlich erscheint.
Einzelne Ibilao-Stämme leben mit den Spaniern in Frieden, besonders jene der Provinz Nueva Écija (Cavada II, 464).
Die Ilongoten, auch Ilungut oder Ylungut genannt, wohnen in den Provinzen Nueva Vizcaya, Isabela und Príncipe, streifen aber auch nach Nueva Écija herüber. Die Cordillere zwischen Baler und Casiguran ist ihr Hauptsitz. Nach einer durch die Liebenswürdigkeit des Herrn Hofrathes Dr. A. B. Meyer mir zur Ansicht geliehenen Photographie sind ihre Augen langgeschlitzt und schief gestellt. Oberlippe und Kinn haben einen Bartanflug. Das Haar wird auch von den Männern lang getragen; es wird in einen Zopf geflochten, der oft bis zu den Hüften reicht. Ihre Kleidung besteht nur aus dem auch bei den Igorroten üblichen Lendengewand. Den linken Unterarm zieren eng aneinander (spiralförmig?) gefügte Ringe, offenbar aus Metalldraht. Semper (Skizzen 138) charakterisirt sie mit folgenden Worten: „Sie gehören mit zu den wildesten Stämmen des Landes, und sie stehen mit den Christen sowohl, wie mit den nahe wohnenden Negritos in beständiger Fehde”. Sie sind leidenschaftliche Kopfjäger (Mas, pobl. 28; Semper, Erdk. XIII, 251). Sie bekämpfen nicht nur die Negritos und fremden Stämme, ein Dorf gegen das andere steht feindlich auf, um die kostbare Schädelbeute zu erjagen. Auf eigenen Instrumenten werden die blutigen Trophäen heimgetragen und an der Thüre des Siegers aufgehängt. Ähnlich wie bei anderen Bergstämmen Luzons wird die Rückkehr einer siegreichen Kopfjägerbande mit grossen Festlichkeiten und Tänzen gefeiert. Semper (l. c.) nimmt die Ilongoten gegen den Vorwurf des Cannibalismus in Schutz.—Ihre Religion besteht in einem Ahnencultus (Semper, Erdk. X, 265). Über ihre Zahl ist mir nichts Näheres bekannt, am 2. Mai 1851 zählte man in Nueva Vizcaya 252 erwachsene und 255 noch im Kindesalter stehende friedliche Ilongoten. Die Ilongoten der Provinz Isabela leben im Augenblicke im Frieden mit den Spaniern, doch trauen ihnen diese nicht.
Die Mayoyaos oder Mayayaos sind die westlichen Nachbaren der Igorroten, durch die Cordillera Central von diesen getrennt. Sie wohnen in den Grenzdistrikten von Bontoc und Nueva Vizcaya, hauptsächlich aber in letzterer Provinz, wo die Pueblos Mayoyao, Ozcariz, Vilanova und Nueva Ocaña ihre Hauptniederlassungen sind. Zu ihnen sind zu zählen die Pungianen (Panguianen), Quianganen und Silipanen, alle in Nueva Vizcaya sesshaft10. Ich vermuthe überhaupt, [34]dass die Mayoyaos mit den Ifugaos zusammen einen einzigen grossen Dialektstamm bilden, doch lässt sich bei den dürftigen Nachrichten über diesen Gegenstand Nichts auch nur mit einiger Sicherheit behaupten. Eine Beschreibung vom Jahre 1850 sagt folgendes (Dias Arenas 506): „Einige tragen ein breitmächtiges Bracelet am linken Arm, bei anderen sahen wir Armbänder, bestehend aus dickem Kupferdrahte, welcher das Handgelenk in vielen (spiralförmigen) Windungen umschlang. Etwelche trugen Ohrgehänge, aus bis zu zwei Finger dicken Perlmuscheln zusammengesetzt, welche bis auf die Schultern herabfielen. Bei einem von ihnen sahen wir ein Halsband, welches aus einem durchlöcherten kreisrunden Stückchen Bein und weissen Steinchen, die vermittelst einer Schnur zu einer Kette verbunden waren, sich zusammensetzte; diese zierlich auslaufende Kette war drei Mal um den Hals geschlungen. Bartlos waren nicht alle, die uns zu Gesichte kamen, einige wiesen Kinn- und Schnurrbart auf, wenngleich der Haarwuchs kein dichter war”. Die Kleidung der wilden Mayoyaos und auch die der Mehrzahl der unterworfenen besteht nur aus einem Lendenschurz. Ihre Zahl muss eine recht stattliche sein, obwohl sie erst 1849 durch die Missionen der Dominicaner friedlich den Spaniern unterworfen worden sind, so zählte man dennoch 1851 4416 Mayoyaos, 1251 Silipanen, 6076 Quianganen und 2400 Pungianen, wobei zu bemerken ist, dass bei den Silipanen nur die Erwachsenen gezählt wurden (Dias Arenas 515).
Der von Cavada (I, 82) erwähnte Stamm der Bungananes ist mit den Pungianen identisch.
Die nächsten Verwandten der Mayoyaos sind die Ifugaos; dieser mächtige Stamm wohnte einst weiter nördlich und wurde erst später zu Ende des XVII. oder Anfang des XVIII. Jahrhunderts nach seinen heutigen Wohnsitzen durch die Gaddanen verdrängt. Sie wohnen heute hauptsächlich am linken Ufer des Magat, südlich und südwestlich von Furao zwischen Mayoyao und Camarag in der Provinz Nueva Vizcaya.
Ihr Äusseres soll vielfach an die Japanesen erinnern (Buzeta I, 55). Sie bauen zwar Reis, ziehen es aber vor, durch Raub sich zu ernähren. Auf das Erjagen von Feindesschädeln sind sie noch erpichter, als die Ilongoten. Auch bei ihnen ist derjenige der Angesehenste, welcher die meisten Schädel erbeutet hat, und sie begnügen sich nicht damit, die schauerliche Beute als Prunkstück in ihrem Hause aufzuhängen, sie suchen auch durch eine Art von Decoration ausserhalb der Hütte ihren Ruhm zur allgemeinen Kenntniss zu bringen, indem sie in den Ohren so viel Ringe aus Bambusrinde11 (?) tragen, als es ihnen gelungen ist, Schädel zu erjagen (Buzeta I, 56). Die feige, hinterlistige Art und Weise, mit der sie die Opfer ihres Blutdurstes überfallen, ist überaus kennzeichnend: Im Dickicht versteckt, lauern sie auf den einsamen Reisenden, dem sie plötzlich eine Art Lazo um den Hals werfen, so dass er zu Boden geworfen wird, worauf sie dem Wehrlosen den Kopf abschlagen (Buzeta, l. c.). Der Lazo ist eine auf den Philippinen ungewöhnliche Waffe. Sonst sind sie mit Lanze, Pfeil und Bogen, ferner mit zweierlei Gattungen von Waldmessern bewaffnet, am geübtesten sind sie im Gebrauche des Lazo. Alle Nachbarstämme, besonders die christlichen, haben unter ihren Nachstellungen viel zu leiden, von ihrer Mordwuth kann man sich einen Begriff machen, wenn man erfährt, dass der Oberst Galvey nach einem Gefechte mit diesen Wilden unter ihren zurückgelassenen Todten einen Krieger fand, der im Ohre 32 der obenerwähnten Mordzeichen stecken hatte (Mas, pobl. 27). Auch untereinander sind sie ewig im Kriege begriffen.
Ihre Religion im Allgemeinen, sowie einzelne Namen ihrer Götter erinnern an die Gotteslehren der Igorroten und anderer Bergstämme Nord-Luzons. Ihr höchster Gott heisst Cabunian, dieser hat zwei Söhne, Sumabit und Cabigat, und zwei Töchter, Buingan und Daunguen, diese Geschwister heiratheten untereinander und wurden so die Erzeuger der Menschen (Mas, pobl. 15). Der Regengott heisst Pati; gebetet wird zu den Dii minores: Balitoc, Piti, Misi, Sanian, Liniantacao, Bangeiz, Sipat, Batacagan, Sadibubu, Dasiasoiat, Capaiat, Dalig; Göttinnen geringeren Ranges waren: Libongan, Libugon und Limoan (Mas, l. c.). Der Ahnencultus scheint auch ihnen nicht unbekannt zu sein.
Die Ileabanes und Ifumangiës, welche Diaz Arenas als in der Provinz Nueva Vizcaya sesshaft anführt, sind Ifugao-Stämme.
Die Gaddanen (richtiger: Gad-danen) werden besonders in Missionswerken älteren Datums auch Yogades genannt. Ihr Hauptgebiet ist die Commandancia Saltan, welche von ihnen nahezu ausschliesslich bewohnt wird, von hier dehnen sich ihre Wohnsitze nach den benachbarten Provinzen Isabela, Nueva Vizcaya und Cagayán aus. Man findet sie ebenso bei Gabagan am Rio de Calao, bei Tarnauini, Ilagan, Furao im Stromgebiet des Rio Grande de Cagayán, wie bei Tuao am Rio Chico de Cagayán. Am dichtesten wohnen sie zwischen dem Rio Magat und Rio Chico de Cagayán.
Ihre Hautfarbe ist dunkler, als jene der übrigen Bergstämme Luzons. Sie besitzen einen gedrungenen Körperbau, rundgeformte Augen und eine grosse plattgedrückte Nase (Buzeta I, 56), überdiess sind sie wie die Igorroten schmutzig und unreinlich. [35]
Ihre Hütten stehen auf sehr hohen Pfählen, um der Feuchtigkeit des Erdbodens nicht ausgesetzt zu sein und um feindliche Angriffe zu erschweren, es wird deshalb zur Nachtzeit und in Kriegsgefahr auch bei Tage die Leiter, welche in die Wohnräume führt, aufgezogen. Die Hütten sind aus Holz oder Cogongräsern erbaut (Cavada I, 82).
Ein grosser Theil der Gaddanen ist zum Christenthum bereits bekehrt, wenn auch nur äusserlich. Die heidnischen Gaddanen verehren einen Gottschöpfer Amanolay und dessen Gattin Dalingay (Mas, pobl. 4; Buzeta I, 60), überdiess ist bei ihnen auch der Ahnencultus heimisch (Semper, Erdk. X, 165). Sie sind von sanfteren Sitten als ihre Nachbarstämme.
Die Itetapanen wohnen östlich von den Busao-Igorroten und westlich von den Gaddanen, welch’ letzteren sie ungemein ähnlich sind, indem sie gleichfalls eine geringe Körpergrösse und sehr dunkle Hautfarbe besitzen (Ilustr. 1860, p. 285). Auch an Unreinlichkeit können sie mit ihren östlichen Nachbarn wetteifern. Mas (pobl. 26) bezeichnet ihr Äusseres geradezu als widerlich. Durch die runde Formung der Augen unterscheiden sie sich, ebenso wie die Gaddanen, streng von den Igorroten. Buzeta und Bravo schreiben: „Die Itetapanen besitzen den vollen Negritotypus in Körperbau, Farbe und Nasenform, aber in Bezug auf Haare, Augen &c. gleichen sie den Tagalen” und weiter „Es ist ebenso schwierig, sie von ihrem wilden Leben abzubringen, wie die Negritos, mit welchen sie mehr in Bezug auf Charakter, Sitten und Bräuche als im äusseren Habitus Ähnlichkeit besitzen”. Es scheint demnach, dass die Itetapanen eine starke Beimischung von Negritoblut aufzuweisen haben. Auffallend ist bei ihrer Tracht eine Kappe, ähnlich dem Tschako der deutschen Bergleute, nur etwas niedriger. Diese Kappe, sowie alle aus Bejuco-Rohr verfertigten Gegenstände wissen sie lebhaft-roth zu färben, doch hüten sie die Bereitung dieser Farbe als ein strenges Geheimniss, obwohl anzunehmen ist, dass sie durch eine Mischung verschiedener, in ihren Wäldern wachsender Farbehölzer, insbesondere des Sibucao, erzielt wird (Buzeta I, 54). Die Farbe selbst soll unaustilgbar am Bejuco haften. Die Schultern bedecken sie mit einem aus Palmblättern oder Cogongras geflochtenen Kragen, „anaos” oder „anas” genannt (Buzeta I, 54; Ilustracion 1860, 285). Ihre Waffen sind Lanze, Pfeil und die Aliva der Igorroten.
Die Guinanen werden auch Guinaanes, Quinanes oder Quinaanes genannt. Ihre Wohnsitze liegen nördlich von denen der Busao-Igorroten, hauptsächlich auf dem Ostabhange jener Cordillere, welche die Provinz Abra von Cagayán trennt. Das rechte Ufer des Rio Abra und das linke seines Nebenflusses Pusulguan bezeichnen die Westgrenze dieses wilden und kriegerischen Stammes. Der Pueblo Bauang ist eine ihrer grössten und wichtigsten Niederlassungen.
Zu ihrem äusseren Habitus, sowie in ihren Bräuchen ist die nahe Verwandtschaft mit den Igorroten nicht zu verkennen. Ihre unbändige Kriegslust wird durch den Ruhm, den ein beutereicher Kopfjäger geniesst, beständig angefacht, und ihre Nachbarn, besonders die friedlichen Tinguianen haben vor ihnen nicht einen Augenblick Ruhe. Mit der Hinterlist, welche allen Kopfjägerstämmen eigen ist, beschleicht der Guinane sein Opfer, um demselben dann den Kopf abzuschlagen. Ist diess geschehen, so eilt der Sieger mit der bluttriefenden Beute in das heimathliche Dorf, wo die Heldenthat dann durch ein mehrtägiges Trinkgelage gefeiert wird; der Schädel selbst wird als eine kostbare Trophäe sorgfältig aufbewahrt (Ilustracion 1860, N. 12, p. 152). Haben sie keine stammfremden Feinde zu bekämpfen, so führen die einzelnen Dörfer gegen einander Krieg, und zwar in der oben erwähnten Form. Ein Theil der Tinguianen entrichtete ihnen früher Tribut (Mas, pobl. 26).
Sie sind übrigens nicht ohne alle Kunstfertigkeit, in dem Pueblo Bauang verfertigen ihre trefflichen Schmiede ausgezeichnete Aliva-Hackmesser, welche besonders von den Busao-Igorroten gern gekauft werden (Ilustracion 1860, 285); über ihre Religion ist Nichts bekannt.
Die Calauas (sprich: Cala-ú-as) wohnen von Santacruz (an einem Zuflusse des Rio Chico de Cagayán) bis Nachsiping am Rio Grande. Sie reichen bis Piat und Tuao im Süden und Malaueg im Norden, nach letzteren Orten werden sie und ihr Idiom auch Malaueg oder Malauec genannt. Bei den nördlichen Stämmen ist der Name Itaves der gebräuchlichere, im Süden aber Calauas. Ihre Tracht erinnert an ihre Nachbarn, die Guinanen, während ihre ganze Lebensweise in’s volle Gegentheil schlägt. Sie sind noch friedfertiger als die ihnen nach Mas (pobl. 28) ähnlichen Gaddanen, und zeichnen sich besonders durch fleissigen Feldbau aus. Nächst Reis wird am intensivsten Tabak gebaut, dessen Anpflanzung sie eine besondere Pflege zuwenden (Buzeta I, 56). Ihr Tabak wird als der beste der Provinz Cagayán bezeichnet, und das will so viel sagen, als dass der Tabak des Calaua-Gebietes der beste der Philippinen ist. Nach der Tabakernte werden die gesammelten Blätter zuerst einem Gährungsprocesse unterworfen, dann aber wieder an der frischen Luft getrocknet. In kleine Ballen gepackt wird dann der Tabak nach Ilócos Sur und Abra eingeschmuggelt (Mas, pobl. 8; Buzeta I, 56). [36]
Religion unbekannt. Sie sind wie die Guinanen noch unabhängig, doch ist in diesem Jahre ein Truppencorps gegen sie abgeschickt worden, um sie zu unterwerfen.
Der Name dieser beiden Stämme findet sich nur an einer einzigen Stelle bei Mas (pobl. 41) vor, nach dieser leben sie in den Bergen östlich und südöstlich von Tuao. Es ist nicht so unwahrscheinlich, dass sie nur Zweige eines grösseren Stammes, etwa der Dadayag sind.
Die Dadayags oder Dadayas wohnen in der Provinz Cagayan, und zwar am linken Ufer des Mittellaufes des Rio Grande de Cagayan (jedoch nicht unmittelbar an diesem Strome), etwa in der Höhe des Ortes Cabagan. Über ihre Lebensweise ist nichts Näheres bekannt.
Dieser Volksstamm wird auch nur einzig und allein von Mas (pobl. 41) erwähnt. Sie wohnen im Westen von Malaueg, einem Orte, welcher an einem der nördlichsten Nebenflüsse des Rio Chico de Cagayan liegt. Die Nabayuganen sind im Besitze eines eigenen Idioms. Das ist Alles, was wir gegenwärtig von ihnen wissen.
Die Aripas (auch Aribas, Aripanes genannt) wohnen in dem Landstriche südlich von der Vereinigung des Rio Grande und Rio Chico de Cagayán zwischen Nagsiping und Tubang, dann hausen sie auch in dem südlichen Theile jenes Gebirgszuges, welcher die Wasserscheide zwischen dem Stromsystem des Rio Grande de Cagayán und dem Rio Apayo bildet.
Sie sind sehr friedfertiger Natur (Buzeta I, 310). Ein Theil von ihnen giebt den Missionären grosse Hoffnung baldiger vollständiger Bekehrung.
Nach Semper (Erdk. X, 256) scheint der Name Calinga eine Collectivbezeichnung „unbekannter” Bedeutung zu sein, da so auch alle die Provinzen Isabela, Cagayán und Nueva Vizcaya bewohnenden Infieles (Heiden) genannt werden, Semper nennt deshalb auch die Irayas Calingas. Ich bezeichne hier mit diesem Namen jenen heidnischen Malaienstamm, welcher in demselben Gebirge wie die Aripas nur mehr im nördlichen Theile wohnt und speciell Calingas genannt wird. Über sie ist wenig bekannt. Sie sollen viel chinesisches Blut in ihren Adern haben (Schadenberg 165). Sie sind kriegerischer als die Aripas. Nach der Zahl der getödteten Feinde ziehen sie Streifen auf ihre Arme (Bastian, Reisen V, 274).
Die Tinguianen werden auch Itanegas, Tinggianes, seltener Tingues (so bei Morga) genannt. Sie bewohnen ein sehr ausgedehntes Gebiet, welches von Candon in Ilócos Sur sich ungefähr bis zum Mte. Pacsan an der Grenze Cagayans und Ilócos Norte ausdehnt, ja ihre am meisten nach Süden vorgeschobenen Niederlassungen reichen bis Santa Cruz in der Nähe der Punta Darigallos (Namagpacan), so dass sie die Bewohner von drei Provinzen sind, nämlich von Ilócos Sur, Abra und Ilócos Norte. Der an der Küste von Ilócos Sur 1736 begründete Pueblo Santiago war die erste christliche Niederlassung derselben, früher scheinen sie nicht bis zu den Gestaden des Meeres gereicht zu haben, sie gehen hier auch allmählich in die Ilocanen auf, indem sie deren Sprache annehmen, so dass der südliche Theil der Tinguianen unrettbar der Entnationalisirung anheimgefallen ist. Besser erhalten sie sich in den am linken Ufer des Abra liegenden christlichen Pueblos Banguet und Tayun, obwohl auch hier durch ilocanische Zuwanderer Gefahr droht. Die christliche Religion trägt auf den Philippinen am meisten zur Entnationalisirung bei, es trifft bei allen bekehrten Malaien dasselbe Bild ein mutatis mutandis, das wir von den Tagalen entworfen haben.
Bei den Spaniern finden wir die Neigung vor, die Tinguianen für einen von den übrigen Bergstämmen Luzons gänzlich verschiedenen Stamm zu halten, indem sie ihre diessfällige Meinung auf die sehr helle Hautfarbe und ihre grosse Friedfertigkeit hinweisen. Es ist diess ganz ungerechtfertigt, und diese Meinung konnte nur so lange eine gewisse Berechtigung haben, als man eben nur die Igorroten und Apoyaos kannte, welche allerdings durch ihre Grausamkeit und Kriegslust einen grellen Gegensatz zu den gutmüthigen Tinguianen darstellten. Wir haben aber gesehen, dass die Bergstämme Luzons nicht insgesammt Kopfjäger und Bluthunde sind, sondern, dass es vielmehr genug Stämme giebt, die an Friedfertigkeit den Tinguianen in gar Nichts nachstehen. In ihren Sitten und ihrer religiösen Anschauung liegt gleichfalls nichts, was die Meinung rechtfertigen könnte, die Tinguianen seien ein zu der Gesammtheit der nordluzonischen Stämme im Gegensatze stehender Stamm.
Ihre Hautfarbe ist, wie einstimmig berichtet wird, sehr hell, die Nase oft adlerartig gekrümmt (Mas, pobl. 13). Allgemein12 wird behauptet, dass die Tinguianen den Chinesen in Gestalt wie Kleidung ähnlich sähen; mit Bezug auf die Tracht sollen sie kaum von den Fischern der chinesischen Provinz Fukiang oder Fokien zu unterscheiden sein, doch berichtet Mas selbst, dass ein genauer Kenner des Chinesischen, der Erzbischof Segui, erklärt hätte, dass in der Sprache der [37]Tinguianen gar nichts vorhanden wäre, was nur einigermassen an das Chinesische erinnern könnte. Diess ist von Wichtigkeit, wenn man bedenkt, mit welcher Vorliebe die spanischen Schriftsteller jeden Stamm als von Chinesen abstammend hinstellen, sobald in den Gesichtszügen seiner Individuen Anklänge an den mongolischen Typus sich vorfinden. Jedenfalls wäre es angezeigt, bevor nicht eingehende Untersuchungen Statt gefunden haben, sich dieser Chinesentheorie gegenüber sehr reservirt zu verhalten. Die Adlernase stimmt nicht sehr zu dem Bilde eines Chinesen. Was die Sage anbelangt, wonach die Tinguianen die Abkömmlinge der Chinesischen Piraten wären, welche der Cortés der Philippinen D. Juan de Salcedo 1574 von Manila zurückschlug und das Jahr darauf aus dem Golfe von Lingayen in die Chinesische See zurückwarf, so kann ich diess ganz ruhig für eine Erfindung der späteren Zeit erklären, denn bei meinen langjährigen Studien zur Geschichte der Philippinen habe ich speciell die Schicksale jenes ritterlichen Salcedo mit besonderem Fleisse und Interesse verfolgt und fand hierbei, dass die zeitgenössischen Chronisten von dieser Angelegenheit gar nichts wissen, sondern im Gegentheil ausdrücklich erklären, dass alle Piraten, welche an’s Land stiegen, von den erbitterten Indiern niedergemetzelt wurden. Erst gegen Ende des XVII. Jahrhunderts kam die Sage auf, einige (!) jener Piraten wären aus Pangasinán nach den Bergwildnissen des Innern entkommen und hätten mit eingeborenen Weibern die Bastardrassen der Igorroten und Tinguianen erzeugt. Der geschwätzige Fr. Juan de la Concepcion und sein Epitomator Fr. Martinez de Zuñiga haben dann ihr Schärflein dazu beigetragen, dass zu Ende des vorigen Jahrhunderts die Sage für ein Factum angenommen wurde und zum Theile auch heute noch angenommen wird. Chamisso hat diese Erdichtung einer späteren Zeit auch nach Deutschland gebracht.
Von den benachbarten Igorroten unterscheiden sie sich vortheilhaft durch ihre Reinlichkeit. Charakteristisch bei ihrer Tracht ist die turbanähnliche Kopfbedeckung, welche aus einem langen Stücke Zeug besteht, dessen Enden graciös über Schulter und Rücken fallen. Die Männer tragen eine vorne zuschliessende Jacke, wie sie die chinesische Küstenbevölkerung trägt, und weite Pantalons. Die Weiber gehen in derselben Tracht umher wie jene der Igorroten, nur sind die Kleiderstoffe der ersteren weiss (Buzeta I, 55), während die letzteren dunkelblaue oder blau und weiss gestreifte Zeuge vorziehen. Man sieht also, dass auch hier sich kein Gegensatz zu den Igorroten herausklügeln lässt. Vornehme Frauen tragen Gewänder, welche mit reichgestickten weissen oder rothen Bändern verziert sind (Buzeta, l. c.). Den Kopf umwinden sie mit dem Turban oder einer schmäleren Binde (Buzeta, l. c.; Ilustr. 1860, n. 12, p. 153). Der Unterarm wird vom Ellenbogen bis zum Handgelenke mit Armbändern geschmückt. Dieselben bestehen aus buntfarbigen Glasperlen oder Steinchen, letztere kommen von den Batanes-Inseln her und werden von den Tinguianen auf den Märkten der Pueblos von Ilócos eingekauft (Ilustracion 1860, n. 14, p. 164). Diese Armbänder drücken durch ihre Schwere die Arme wund, die Eitelkeit trägt aber über den Schmerz den Sieg davon. Auch die untere Hälfte der Waden wird mit diesem beschwerlichen Schmucke versehen (Buzeta I, 55; Ilustracion 1860, n. 12, p. 153). Ohrgehänge und Geschmeide aus Kupfer und Silber tragen sie in derselben Weise wie die Igorroten (Scheidnagel 125).
In ihren kleinen Dörfern leben sie in glücklicher Zufriedenheit. Ihre Waffen, die Lanze und eine Axt „Aliva”, deren Eisenfläche Quadratform besitzt mit einer rückwärts befindlichen Spitze, dienen nur zur Abwehr der Angriffe ihrer blutdürstigen Feinde, der Guinanen13. Sie bauen Reis in reichlicher Menge (Mas, pobl. 12), ebenso besitzen sie einen reichlichen Viehstand an Büffeln, Rindern und Pferden (l. c.). Wie wir wissen, sind die Igorroten auch Ackerbauer und Besitzer von Vieh, sehen sich aber gezwungen, sowohl Reis wie Vieh von den Christen einzukaufen, während die Tinguianen beides auf die Märkte von Ilócos bringen (Buzeta I, 55). Ihre Felder besitzen ebenfalls ein künstliches Berieselungssystem (Buzeta, l. c.). Sie sind nicht ohne Industrie, besonders ihre Holzschnitzarbeiten haben einen guten Ruf; die Igorroten von Abra wagen sich sogar an das Schnitzen von Figuren (Scheidnagel 126). Ausser mit Reis und Vieh erscheinen sie auch mit Goldstaub, Wachs und Häuten auf den Märkten von Ilócos. Holz wird von ihnen auf dem Wasser ihrer Flüsse herabgeschwemmt (Buzeta I, 58). Sie kommen bis auf den Markt von Vigan (Ilustr. 1860, n. 14, p. 165).
Ein Theil von ihnen ist bereits zum Christenthum bekehrt. Die übrigen haben einen ähnlichen Ahnencultus wie die übrigen Malaien Luzons; ob sie ausser den Seelen ihrer Vorfahren andere Götter verehren, ist mir unbekannt. Wie alle philippinischen Malaien haben auch sie vor Schlafenden eine grosse Scheu, ihr stärkster Fluch lautet: „mögest du im Schlafe sterben!” (Mas, pobl. 14). Dieser Fluch beruht nach Jagor (Reisen 132) auf dem Glauben, dass, wie schon erwähnt, die Seele im Traume den Körper verlasse.
Die Geburt14 geht ungemein leicht von Statten, die Mutter eilt nach der Reinigung sofort zur gewohnten Arbeit. [38]Die Reinigung besteht darin, dass die Mutter das neugeborene Kind unmittelbar nach der Geburt in das Wasser eines Baches oder Flusses taucht, ist kein Wasser in der Nähe, so reinigt sie es mit einem Bananenblatt oder Halmen. Nach dieser Reinigung giebt die Mutter dem Kinde irgend einen Thiernamen.
Ehen werden durch die Eltern vermittelt, sobald sie eine gegenseitige Neigung an ihren Kindern wahrnehmen. Durch einen Trommler—„Batintin” genannt—werden die Hochzeitsgäste eingeladen. Das Hochzeitsfest beginnt schon zeitlich Morgens, es besteht aus einem Schmause und Trinkgelage. Der Speisezettel hat nur Reis und Braten von Schweinen, Rindern und Büffeln aufzuweisen. Die Getränke sind verschiedene aus Zuckerrohr oder Reis bereitete Branntweinsorten. Das Bankett entbehrt auch nicht der Tafelmusik, obwohl sie ausser der Trommel nur zwei Instrumente besitzen, nämlich Flöten aus Rohr und zwei Gattungen Guitarren. Letztere werden aus Rohrstückchen zusammengesetzt und sind dreisaitig, jedoch werden die Saiten nicht aus Thierdärmen, sondern aus den Blattfasern einer weiter nicht genannten Pflanze bereitet. Die Pausen während des Schmauses, an dem die gesammten Bewohner des Dorfes Theil nehmen, werden durch Tanz ausgefüllt.
Abends führt der Angesehenste die Neuvermählten in ihre Hütte, wo sie das Brautbett in Gestalt einer auf den Boden gelegten mächtigen Matte erwartet. Auf die Matte legen sich die jungen Eheleute in der Weise nieder, dass zwischen ihnen ein Raum von zwei Ellen Entfernung frei bleibt, wo sich ein 6- bis 8jähriger Knabe niederlässt, denn bis zum nächsten Tage darf die Ehe nicht vollzogen werden, ja nicht einmal Worte miteinander zu wechseln ist den Gatten erlaubt.
Die Ehen werden leicht und rasch geschieden, man geht zum Dorfältesten oder (in einem bereits spanisch gewordenen Dorfe) zum Gobernadorcillo, der gegen eine Abgabe von 5 Pesos, 2 Büffeln, 2 Schweinen, 2 Cavanen Reis, 2 Tinajas Palmwein die Ehe scheidet. Diese Geldbusse zahlt jener Gatte, welcher die Scheidung beantragt. Die Pönalsumme wird zu einem grossen Festschmause verwendet, an dem wie bei der Hochzeit das ganze Dorf Theil nimmt. Bei einer Scheidung bleiben die Säuglinge der Mutter, die übrigen Kinder werden nach dem Willen jenes Gatten vertheilt, welcher der passive Theil, d. h. der Nichtbeantrager war. Ist aber ein Streit oder gar ein Verbrechen die Ursache der Scheidung, so verliert der schuldige Theil das Recht, über den Verbleib oder die Zuweisung der Kinder zu entscheiden. In diesem Falle muss auch der schuldige Theil die oben erwähnte Geldbusse zahlen, selbst wenn der andere Gatte die Scheidung beantragt. Bei jenen Tinguianen, welche spanische Unterthanen geworden sind, wird mitunter an den Provinzgouverneur appellirt.
Die Reichen schliessen auf diese Weise 15 bis 20 Ehen nacheinander; bei den Armen finden Ehescheidungen selten oder gar nicht Statt, indem sie nicht im Stande sind, jene unumgängliche Geldbusse zu zahlen. Es ereignet sich mitunter, dass ein Mann drei, vier Mal eine und dieselbe Frau heirathet und sich wieder scheiden lässt.
Wird ein Tinguiane krank, so erhält er so gut wie keine Pflege; sobald die Krankheit einen derartigen Verlauf nimmt, dass keine Hoffnung auf Genesung vorhanden ist, so wird der Kranke von den Seinen lieblos verlassen, und muss ähnlich wie der Eskimo sein Leben beschliessen. Kaum hat der Sterbende den letzten Athemzug gethan, so wird auch schon seine Leiche aus der Wohnstätte herausgeschafft und dicht unter der Hütte vergraben. Über dem Grabe werden grosse Steine aufgehäuft. An gewissen Tagen des Jahres werden auf diese eigenthümlichen Grabmonumente Lebensmittel gelegt, damit die Seelen der Verstorbenen ihren Hunger stillen könnten.
Die Namen der Verstorbenen werden von deren Hinterbliebenen nicht mehr genannt, so dass, wenn man einen Tinguianen nach dem Namen eines seiner Ahnen fragt, dieser den Fragesteller an einen Kameraden weist, da er selbst die Antwort nicht ertheilen dürfe. Diese Sitte ist für die spanischen Beamten keine Erleichterung in ihrem Dienste.
Im Jahre 1624 begannen die ersten unglücklichen Versuche der Spanier, die Tinguianen zu unterwerfen, erst seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts drang die spanische Herrschaft immer mehr in die Berge und Thäler jenes intelligenten Stammes vor, bereits 1848 zählte man, nach Diaz Arenas, 8717 Tinguianen, welche die spanische Hoheit anerkannten, während heute nur ein geringer Theil noch seine Unabhängigkeit bewahrt hat. In diesem Theile Luzons breitet sich das spanische Hoheitsgebiet sehr rasch und unblutig aus.
Der Name der Adangs hat zahlreiche Variationen und Lesearten aufzuweisen: Adangtas, Adanginos, Adanes, Adamitas. Sie wohnen im nordwestlichen Winkel Luzons, um den Pueblo Adan(g) und den gleichnamigen Berg15. Ihre Zahl ist keine grosse, trotzdem bilden sie eine Nation für sich, indem ihre Sprache keine Ähnlichkeit mit jener ihrer Nachbarn (der Ilocanen, Tinguianen, Apoyaos, Cagayanen) besitzt (Buzeta y Bravo I, 271). In ihren Sitten haben sie vieles, was an die Apayaos erinnert (Ilustr. 1860, n. 17, p. 200). Seit 1720 begann ihre Christianisirung, und bald erfolgte auch die Gründung des christlichen Pueblos Adan(g) [39](Mozo 73). Das Christenthum wird auch hier tagalisirend einwirken.
Der gefürchtete Kriegerstamm der Apayaos wohnt in den Bergregionen des Stromgebietes des Rio Apayao, ferner in dem nördlichen Theile der Ostabhänge jenes Gebirges, welches die Provinzen Cagayán und Ilócos Norte scheidet. Im Süden reichen sie bis zur Stadt Malaueg (oder Malauec) im Stromgebiet des Rio Chico de Cagayán. Sie werden auch Apayos oder Apoyaos genannt.
Ihre Hütten sind aus Balken einer Cedergattung „Danigga” erbaut, sie ruhen auf sehr hohen Pfeilern, während die Dachbedeckung durch Rohr ähnlich wie in Ilócos hergestellt wird (Mas, pobl. 28). Der Grundriss ist stets viereckig und an den vier Ecken stehen mächtige grosse Pfeiler. Der Fussboden besteht aus glatt zugehauenen Cederdielen, die Zwischenwände sind aus Palmblättern verfertigt. Der Feuerherd ist in einer Ecke der Hauptwohnung angebracht. Wodurch sie sich aber vor allen übrigen Bewohnern Luzons auszeichnen, ist die Sorgfalt, mit der sie das Innere ihrer Hütten ausschmücken, besonders beliebt sind chinesische Krüge und Vasen (Buzeta I, 57). Sie bauen auch Getreide, insbesondere Mais (Buzeta, l. c.). Auch Tabak wird, und zwar im grossen Stile, angepflanzt und damit ein schwunghafter Schmuggel getrieben (l. c.). Sie pflanzen auch einen vorzüglichen Cacao, den sie nach Ilócos exportiren (Mas, pobl. 28; Buzeta, l. c.).
Ein Theil der Apayaos ist bereits christlich geworden (Buzeta I, 306), die übrigen hängen fest an ihrem alten Glauben, der in einem intensiven Ahnencultus besteht. Die Waffen und Schmuckgegenstände der verstorbenen Ahnen werden an den Wänden der Hütten aufgehängt, und um diese Trophäen herum rothgefärbte Bejuco-Stäbe, zu verschiedenen Figuren zusammengestellt, an der Wand befestigt (Buzeta I, 60), oder es wird die Lanze16 des Ahnen in die Wand gebohrt und mit rothgefärbtem Bejuco-Geflecht oder den aus bessern Zeugen bestehenden Lendenschürzen17 des Verstorbenen behängt (Mas, pobl. 16). Zu den Seiten dieser Trophäen werden Matten, verfertigt aus der Rinde des Afutag-Baumes, aufgespannt oder befestigt (Buzeta, l. c.). Dabei fehlt nie ein eigenthümlich geformtes irdenes Trinkgeschirr, aus welchem sie bei ihren Festgelagen den Anitos, d. h. den Seelen ihrer Vorfahren, Libationen darbringen (Mas, pobl. 16; Buzeta I, 60). Diese Trophäen werden von ihnen ängstlich gehütet und sind ihnen auch zu keinem Preise feil.
Auch sie sind Kopfjäger. Starb einer, insbesondere ein Vornehmer, so machten sich seine Verwandten auf, um auf die Kopfjagd auszugehen. Je höher im Ansehen der Verstorbene stand, desto mehr Köpfe sollten zum Todtenopfer fallen (Mozo 69; Buzeta I, 306). Sie legen sich dann in einen Hinterhalt, um dann plötzlich den arglosen Reisenden zu überfallen und mit Lanzenstichen zu tödten, worauf sie den Kopf abschneiden, den übrigen Leichnam aber am Orte der Blutthat zurücklassen. Die erbeuteten Schädel werden dann um den Todten aufgestellt, worauf ein Schmaus und Trinkgelage Statt findet, bei welchem viehisch gegessen und getrunken wird. Ist diese lärmende Festlichkeit vorüber, so wird dann erst der Leichnam bestattet, und zwar werden ihm in das Grab Speisen, Getränke und jene Feindesschädel mit hineingegeben (Mozo 69). Heute ist diese grausame Sitte im Abnehmen begriffen, nur die im Quellgebiete des Rio Apayao lebenden Apayaos wollen davon nicht lassen. Viele Apayaos sind bereits spanische Unterthanen geworden.
Die Catalanganen sind nur ein Zweig der Irayas, verdienen aber eine Sonderstellung, weil sie in ihren Sitten, Bräuchen und Anschauungen von den letzteren gänzlich abweichen. Ihren Namen erhielten sie von dem Rio Catalangan, einem rechten Zuflusse des Rio Grande de Cagayán, an dessen Ufern ihre Hauptsitze zu suchen sind (Provinz Isabela).
Prof. Semper hält sie für stark mit chinesischem Blute gemischt und bemerkt hierüber: „Die Abstammung von der mongolischen Rasse liess sich auf den ersten Blick erkennen, an dem hohen Körperbau der Leute, dem länglichen schmalen Gesichte mit stark zurücktretendem Kinn und der hohen, von Haarwuchs freien, aber sehr nach hinten gekrümmten Stirn, an den starken Backenknochen und den kleinen Augen” (Erdk. X, 257). Innere historische Gründe sprechen gegen eine starke Beimischung chinesischen Blutes. Semper nimmt auch Mengung mit Japanen oder wenigstens starken japanischen Einfluss an (Semper, Erdk. X, 265, und Skizzen 55). Unter den Catalanganen leben friedlich Negritos (Semper, Erdk. X, 260; Cavada I, 81). Was die günstigen Seiten ihres Charakters anbelangt, so werden ihre Friedfertigkeit, welche aber nur ihrer grossen Feigheit zu verdanken ist, ihre Ordnungsliebe, Subordination, Nüchternheit und Frugalität gerühmt, ihnen dagegen aber Habsucht, Geiz, Indolenz, Ungastlichkeit &c. vorgeworfen (Semper, Erdk. X, 261). In Bezug auf letzteres hebt Cavada gerade das Gegentheil hervor, vielleicht im Irrthume begriffen, indem er die Irayas meinte, oder es hat seit Semper’s Besuch ein Umschwung Statt gefunden.
Sie tätowiren sich, die Muster sind chinesischen oder japanischen Ursprunges (Semper, Erdk. X, 265, u. Skizzen 55), nach einer anderen Stelle (Semper, Erdk. X, 254) aber von [40]derselben Art, wie sie bei den Negritos üblich ist. Die Männer und Weiber tragen eine ähnliche Kleidung wie die „Indier”, d. h. die christlichen Malaien. Um den Leib über Hüften und Nabel werden buntgefärbte geflochtene Bänder und Messingstreifen getragen (Semper, Erdk. X, 260). Ausserdem tragen Männer und Weiber einen Gürtel mit einer dicken Patronentasche, welche rückwärts hängt und in welcher der Buyo, der von ihnen auch mit Leidenschaft gekaut wird, sich befindet (l. c.). Diese Tasche dient auch als Stützpunkt für die kleinen Kinder, welche mittelst eines Zeuges von der Mutter auf dem Rücken nach Zigeunerart getragen werden (l. c.).
Ihre Schmucksachen gleichen denen der Negritos (Semper, Erdk. X, 260). Am Arme und in den Ohren tragen sie Messingringe, in einem Ohre mitunter 6 Ringe, wodurch die Ohrlappen eine unnatürliche Verlängerung erleiden (l. c.). Auch Glasperlen, Ohrgehänge aus Silber oder schlecht vergoldetem Kupfer kaufen sie gern von christlichen und chinesischen Krämern ein (Semper, Erdk. X, 259). Ihre Waffen sind Bogen und Pfeile (l. c. 261).
Ihre Rancherías bestehen nur aus wenigen Hütten, und diese selbst liegen weit auseinander, so dass selbst die grössten Dörfer nicht mehr als 20 bis 30 Hütten zählen (Semper, Erdk. X, 258). Die Hütten stehen auf Pfählen, so dass man nur auf einer Leiter in das Innere gelangen kann; in der Nacht wird die Leiter aufgezogen. Die Dächer sind sehr dicht und solid aus Gras oder Rohr über dem Gebälke hergestellt (Semper, Erdk. X, 260, u. Skizzen 54). Das Innere der Hütte wird nur durch eine Schwelle in Küche und Wohnzimmer geschieden, der Rauch muss sich durch die Thüre und durch die Fensterluken (selten mehr als zwei) den Ausweg suchen (Erdk. X, 259). Oft ist an das übrigens kleine und niedrige Haus eine ebenso armselige Scheune angebaut (l. c.), und wenige Hütten giebt es, welche ohne eine Schmiede wären, die stets den Ahnen, den Anitos, geheiligt ist (l. c. 262). Neben dem Hause liegen gewöhnlich zwei Scheunen, eine für den Reis, die andere für den Mais (l. c. 257), ebenso sind auch in der nächsten Nähe kleine Götterhäuschen angebracht (l. c.). Die Hütten selbst liegen auf freien, sorgfältig reingehaltenen (man denke an den Igorrotenschmutz!) Plätzen (l. c. 256), selbst der unter dem Hause befindliche freie Raum wird sauber gefegt (Semper, Skizzen 55).
Die Catalanganen sind Ackerbauer, und zwar sind wie bei den Apayaos Mais und Reis diejenigen Feldfrüchte, welche nahezu ausschliesslich cultivirt werden (Semper, Erdk. X, 257). Ausserdem bauen sie Zuckerrohr, einen trefflichen Tabak, die Wurzeln: Samate, Ubi, Gabe oder Gabi (l. c. 258), letztere ist uns schon bekannt, überdiess wird noch ein Strauch „Tubá” gezogen, dessen gepulverte Frucht zum Betäuben der Fische verwendet wird (l. c. 259). Sie zeichnen sich durch die Sorgfalt aus, mit der sie ihre Äcker von Baumstümpfen, Steinen und Unkraut reinigen (l. c. 257; Semper, Skizzen 54). Ihr Fleiss ist schon dadurch gekennzeichnet, dass sie—wenigstens vor zwanzig Jahren—nur in einer einzigen Ranchería Büffel besassen und zur Feldarbeit benutzen konnten, während in allen übrigen Dörfern nur Menschenhände zur Verfügung standen (Semper, Erdk. X, 258, Skizzen 54). Da sie keine Werkzeuge zum Säen und Ernten besitzen, so müssen sie bei der Ernte mühsam jeden Halm mit einem kleinen Messer abschneiden (Semper, Skizzen 54). Durch Anlage von Dämmen suchen sie ihre Felder vor Überschwemmungen zu sichern (Semper, Skizzen 56). Durch Aufspeichern grosser Getreidevorräthe haben sie sich für die Zeiten der Hungersnoth, der Missernte &c. geschützt, werden aber durch diese weise Vorsicht geizig und ungastlich, sie weigern sich sogar, etwas von ihren Vorräthen zu verkaufen (Semper, Erdk. X, 257, u. Skizzen 55). Ausser den Früchten ihrer Felder bildet Honig auch einen Hauptbestandtheil ihrer Nahrung, während sie das Wachs wie alle Bergstämme an die Christen verkaufen (Semper, Erdk. X, 258). Da ihre Flüsse und Bäche von Fischen wimmeln, so liefert das Fleisch derselben nicht nur ihre wichtigste animalische Kost, sie sind vielmehr in der Lage, selbst von ihrem Überflusse an die Christen etwas zu verkaufen und zwar sind es meist gesalzene Fische, welche der Gegenstand dieses regen Handelsverkehrs sind (Semper, Erdk. l. c.). Der Fischfang selbst findet auf alle mögliche Weise Statt: das Betäuben der Fische durch die Tuba-Frucht, das Ausspannen von Grundnetzen, die Benutzung von Angeln, Fischreusen, das Sperren, alle diese Methoden werden nebeneinander angewendet (Semper, Erdk. 258 n. f.; Skizzen 57).
Ihre Religion kennt zwei Götterpaare, welchen zu Ehren grosse hölzerne Tafeln unter dem Dache der Thür gegenüber schräg befestigt werden, auf den Tafeln sind Schriftzeichen angebracht, „die sehr an chinesische erinnerten” (Semper, Erdk. X, 261). Die Namen dieser Götterpaare sind: Tschiehónau18 mit einer Frau Bebenángan und Sialó mit seinem Weibe Binalínga. Sie scheinen auch Götteridole zu besitzen, wenigstens erwähnt Semper, er hätte in einem Hause das geschnitzte Bild eines Gottes gesehen (Semper, Erdk. l. c.). Im Juni wird diesen Götterpaaren zu Ehren in einem ihrer Dörfer ein Fest gefeiert, in jener Ranchería ist ihnen nämlich ein Haus geweiht, „worin der letzte Priester Hantasan und sein Weib Talamajäu19 gewohnt haben”; seit dem Tode dieses Priesterpaares kennen die [41]Catalanganen keine Priester mehr (Semper, Erdk. X, 261). Es wäre sehr interessant, wenn wir über diese Sage mehr in Erfahrung brächten.
Wie bei allen Malaien der Philippinen wird auch hier den Seelen der Ahnen, den Anitos, eine grössere Verehrung erwiesen, als den eigentlichen Göttern. Anito wird die Seele eines jeden Todten, der zu seinen Lebzeiten Grossvaterfreuden erlebte (Semper, Erdk. X, 262). Der Anito behält auch als solcher den Namen, den er einst als Mensch getragen. Vor den Hütten werden den ältesten Anitos der Familie rohe Hausmodelle von 1½ bis 2 Fuss Höhe als Wohnsitz angewiesen, dem ältesten Anito aber ist „der kleine freie Platz vor der Leiter, auf dem der Pilan (Reismörser) steht, geweiht; er darf weder durch Feuer noch durch Essen entweiht werden” (Semper, Erdk. X, 262). Jüngeren Anitos sind eigenthümlich geformte Bänke, auf denen dem Chinesischen ähnliche Schriftzeichen eingeritzt sind (Semper, Erdk. l. c.), geweiht. Anderen Anitos sind als Sitze Töpfe in irgend einer Ecke aufgestellt (Semper, Erdk. l. c. u. Skizzen 56). Die Catalanganen heben die Perlenschnüre und Schmucksachen ihrer Verstorbenen als wunderthätige Reliquien auf und verkaufen sie, ähnlich den Apayaos, um keinen Preis (Erdk. l. c.). Von jeder Schüssel wird beim Speisen den Anitos ein Theil geopfert, während aber bei einigen Stämmen Luzons ein kleiner Rest zu dieser Art Libation verwendet wird, pflegen die Catalanganen diess Opfer zu bringen, bevor sie zu essen beginnen (Semper, Erdk. X, 263). Ähnlich den anderen Bergstämmen feiern sie den Anitos zu Ehren zur Saat- und Erntezeit allgemeine Feste (l. c.).
Ihre religiösen und nationalen Feste richten sich nach dem Laufe der Sonne (Semper, Skizzen 57). Bei diesen Festlichkeiten bildet Tanzen einen wichtigen Programmpunkt. Ihre Tänze sind pantomimische Darstellungen der Liebe, und so tritt immer nur ein Paar auf: die Tänzerin dreht sich mit unbeweglich ausgestreckten Armen um sich selbst, während der Mann wie rasend mit den Armen herumfuchtelt und das Weib stampfend umkreist. Sinkt der Tänzer erschöpft zur Erde, so tritt sofort ein anderer für ihn ein. Ihre nationalen Musikinstrumente sind Gongs, welche mit flachen Händen bearbeitet werden. Ausser diesen Liebestänzen besitzen sie auch einen Kriegstanz (Semper, Erdk. X, 263).
Die ehelichen Bande sind leicht zu lösen: sind Eheleute gegenseitig unzufrieden, so gehen die Gatten ohne jeden Ceremonienkram auseinander und schliessen neue Ehen; trotz dieser Leichtigkeit der Ehescheidung kommen solche Fälle nur selten vor (Semper, Erdk. X, 264).
Die Särge sind an beiden Enden offen; die Todten werden in ihren Kleidern und Schmucksachen in diese Särge gelegt, auch Habseligkeiten werden mit hineingegeben. Unter grossem Heulen und Wehklagen der Hinterbliebenen wird der Sarg unter dem Hause in die Erde gesenkt, bemerkenswerth ist, dass bei dieser Gelegenheit die Trauernden um das Grab herum knieen (Semper, Erdk. X, 263). Die Leichenfeier wird mit einem Festschmause geschlossen (l. c. 264).
Prof. C. Semper rühmt ihnen Achtung vor dem Eigenthume nach: Diebstahl wird mit dem Feuertode bestraft (Semper l. c. 261).
Sehen wir von dem Flechten von Matten ab, so ist der wichtigste Zweig ihrer Industrie die Verfertigung von Booten, welche sie an Christen und chinesische Händler in Ilagán um einen geringen Preis verkaufen (Semper, Erdk. X, 259).
Seit 30 Jahren sind sie der spanischen Regierung unterthan, doch begnügt sich diese mit der Einhebung einer kleinen Kopfsteuer (dem „Reconocimiento”), welche ein Commissär jährlich einhebt. Die Spanier haben in jedem Dorfe einen Gemeindevorsteher, den Gobernadorcillo, durch Scheinwahl eingesetzt; diese Gobernadorcillos haben aber in ihrem Dorfe weder Ansehen noch Macht, nur ihre Eitelkeit kann sich durch das Tragen des silberbeschlagenen Amtsstockes und einer dunklen Jacke befriedigt fühlen und sie so für die Lasten und Verantwortlichkeiten entschädigen, die sie den spanischen Behörden gegenüber übernehmen (Semper, Erdk. X, 264).
Die Irayas wohnen südlich von den Catalanganen, hauptsächlich an der Westseite der Cordillere von Palanan. Auch über sie berichtet, wie über den Bruderstamm der Catalanganen Prof. Semper auf das Ausführlichste. In ihren Adern rollt eine starke Dosis Negritoblut (Semper, Skizzen 51 u. 54), was kein Wunder ist, da unter ihnen „zu einer Familie verbunden” Negritos leben und Mischlinge beider Rassen vorhanden sind (Semper, Erdk. X, 255 u. 264). Obwohl sie nun zum Theile stark mit Negritoblut inficirt sind, so fand doch Semper Anklänge an eine „Abstammung von einem mongolischen Stamm”, man sieht aber trotzdem „unter ihnen mehr Leute, die sich dem tagalischen Typus nähern” (Semper, Erdk. X, 264). Ihre aus geraden und krummen20 Linien bestehenden Tätowirungsmuster, ferner Schmucksachen und Verzierungen sind dieselben, wie wir sie bei den Negritos jener Gegend vorgefunden haben (Semper, Erdk. X, 254 u. Skizzen 55).
Ihre Hütten sind unsolid und schleuderhaft gebaut, vor Wind und Wetter schlecht verwahrt (Semper, Skizzen 54), ganz im Gegentheil zu der Reinlichkeitsliebe der Catalanganen wird aller Unrath unmittelbar vor das Haus geworfen [42](Semper, Erdk. X, 264). Sie bauen Zuckerrohr und Reis (Erdk. X, 265), bei ihrer Trägheit werden aber die Felder schlecht bestellt, liefern daher im Vergleiche zu denen der Catalanganen einen geringen Ertrag (Semper, Erdk. X, 264, u. Skizzen 54), trotzdem speichern auch sie Vorräthe für schlimme Zeiten auf (Semper, Skizzen 57). Als Hausthier und Mitarbeiter für die Reisfelder wird allgemein der Büffel gehalten (Semper, Erdk. X, 264, u. Skizzen 54). Wie bei den Catalanganen, liefern auch ihnen Flüsse und Bäche reichliche Fischkost.
Ihre Religion beschränkt sich auf den Anitocultus allein (Semper, Erdk. X, 265), die Götterpaare der Catalanganen fehlen ihnen (l. c.). Ob sie sonst andere Götter besitzen, ist nicht auszuschliessen, die Bemerkung, welche Semper an einer anderen Stelle (Erdk. XIII, 94) macht, dass nämlich die Religion der Irayas jener der Igorroten ähnlich sei, lässt diese Deutung zu.
Im Gegensatze zu den düsteren und ungastlichen Catalanganen sind die Irayas ein fröhliches heiteres Völkchen, dessen Gastfreundlichkeit nicht nur Negritos, sondern auch jene flüchtige Christen („Remontados”) und entlaufene Verbrecher freundlich aufnimmt (Semper, Erdk. X, 265, u. Skizzen 54 u. 55). Die Zahl der Christen, welche unter ihnen lebte, schätzte Semper vor zwanzig Jahren auf 200 Köpfe (Semper, Erdk. X, 256). Die unter ihnen lebenden Negritos hatten Ackerbau, Religion und Kleidung der Irayas angenommen (l. c.).
Die Irayas stehen in demselben losen Abhängigkeitsverhältniss zur spanischen Regierung, wie die Catalanganen, wie sie denn auch das Institut der Gobernadorcillos besitzen (Semper, Erdk. X, 266).
Die Catubanganen sind ein wilder Bergstamm in den Gebirgswildnissen von Guinayangan in der Provinz Tayabas. Sie werden, so viel mir bekannt ist, nur von Cavada I, 198, erwähnt, welcher von ihnen nichts Anderes berichtet, als dass ihre Sitten jenen der Negritos (welche ebenfalls in jenen Bergen hausen) gleichen, und dass sie die christlichen Ortschaften beständig überfallen, um Vieh und Getreide zu rauben. Die dürftige Notiz ist Alles, und es lässt sich unmöglich darnach entscheiden, ob wir hier die Trümmer eines grösseren selbständigen Stammes oder verwilderte Abkömmlinge von Remontados mit Negritoblut gemengt vor uns haben. Vielleicht dürfte das letztere das Wahrscheinlichere sein.
Die Vicols bewohnen den südlichsten Theil Luzons, im Norden beginnt die Sprachgrenze an der Ostküste bei Paracáli und Mambuláo in der Provinz Camarínes Norte, an der Westküste aber schon bei den östlichen Gestaden der Provinz Tayabas, so dass die Vicols in Camarínes Norte die Hauptmasse, in Tayabas aber nur einen Bruchtheil der Bevölkerung ausmachen. Camarínes Sur, Albay, ferner die Inseln Masbate, Ticáo, Burías und die Inselgruppe der Catanduanes werden von ihnen ausschliesslich bewohnt.
Die Vicols gehören wie die Tagalen, Pampangos &c. zu jenen Malaienstämmen Luzons, welche schon in den Tagen der Conquista eine gewisse Civilisation aufzuweisen hatten, sie sind auch die ersten Bewohner Luzons, welche (in Albay zunächst) sich, und zwar im Jahre 1569, den Spaniern unterwarfen. Von den wenigen „wilden” Stämmen, welche in den Bergen von Camarínes hausen, will ich am Schlusse dieses Artikels Näheres mittheilen und mich vorerst mit den civilisirten christlichen Vicol-Malaien beschäftigen.
Obwohl von kräftigem Körperbau (Buzeta I, 281), stehen sie dennoch physisch wie geistig den Tagalen nach (Jagor, Reisen 120). Sie besitzen nicht den stolzen kriegerischen Geist der Bewohner Nord-Luzons, sie sind vielmehr friedfertig und demüthig (Cavada I, 213 u. 221). Obwohl im Allgemeinen arbeitsam, so besitzen sie dennoch nicht jene ausgebreitete Hausindustrie, welche wir bei den Tagalen vorgefunden haben. Insbesondere unterscheiden sie sich von letzteren durch ihre grosse Unreinlichkeit, die vorzüglich im Süden in die Augen fällt, zumal, wenn in den betreffenden Orten kein weisser Pfarrer stationirt ist (Jagor, Reisen 105). Hautkrankheiten und Krätze sind deshalb sehr verbreitet (Jagor, Reisen 130). Dr. Jagor schreibt (Reisen 145): „Ich glaube kaum, hier (Mambulao) eine Indierin ohne Krätzflecke gesehen zu haben”.
Ihre Hütten weichen in ihrer Bauart nicht von denen der Tagalen ab, doch wird gewöhnlich das leichteste Rohrmaterial zum Bau vorgezogen, was in der Häufigkeit und Intensität, mit der hier die Erdbeben auftreten, seine Erklärung findet. Der Bau eines Hauses in Camarínes incl. Material kostet nicht mehr als vier bis fünf Dollar (Jagor, Reisen 125). Die Möbel beschränken sich wie bei den anderen Malaien meist nur auf Matten. Das Innere der Häuser wird bei den Vicols bei Armen durch Harzfackeln erleuchtet, während Reichere zu diesem Zwecke sich jener Lampen bedienen, welche auch den Tagalen bekannt sind und aus einer grossen Schnecke mit eingelegtem Binsendochte bestehen (Jagor, Reisen 127).
Als der holländische Corsar Noort 1600 vor Camarínes anlangte, fand er die meisten der Bewohner fast nackt vor und die „Vornehmsten, welche von den ehemaligen Landesfürsten herstammeten, hatten sich allerlei künstliche Figuren in die Haut geritzet” (Allgem. Historie der Reisen XI, 369). Auch die Bewohner der Catanduanes [43]bemalten sich, trugen jedoch ein ärmelloses Gewand (l. c. 398). Die heutige Tracht der Vicol-Malaien ist decenter, die Tracht der Männer gleicht so ziemlich jener der Tagalen, wohingegen die Frauen sich ganz anders als die Tagalinnen kleiden. Vor Allem fehlt hier der Tapis und die Saya (Buzeta I, 281), an Stelle derselben tritt der Patadíon, ein Frauenrock, der von der Hüfte bis zu den Knöcheln reicht, dann ein kurzes Hemd aus Guinara-Stoff (Zeug aus Abacáfasern) und ein Umhängtuch; im Haare wird ein Kamm getragen (Jagor, Reisen 127). Statt des einfachen Waldmessers der übrigen Malaien Luzons tragen die Vicols den geflammten Kris der mohammedanischen Malaien der Sunda (Scheidnagel 123).
Die Vicols bauen dieselben Getreidearten22 und Culturpflanzen wie die Tagalen, die grösste Sorgfalt wird aber dem Abacá- oder Manila-Hanf zugewendet, denn in Camarínes und Albay gedeiht diese für den Exporthandel der Philippinen so ungemein wichtige Pflanze am besten. Herr von Scherzer (Novara-Reise I, 598) schreibt darüber wie folgt: Um den Abacá-Hanf zu gewinnen, wird der Stamm, sobald die Fruchtkolben, zum Vorschein kommen, von den mächtigen Blättern gereinigt und bleibt etwa 3 Tage hindurch der Gährung ausgesetzt. Hierauf wird derselbe in Stücke abgeschält, und diese werden unter Anwendung eines entsprechenden Druckes zwischen zwei Eisen durchgezogen, um den durch die Gährung mürbe gewordenen Bast von den zum Vorschein kommenden Hanffasern zu entfernen. Dieses Verfahren wird so lange fortgesetzt, bis letztere rein genug erscheinen, um an der Sonne getrocknet zu werden.
Aus den Fächerpalmen wird in der Weise Zucker gewonnen, dass das obere Ende des Stammes quer abgeschnitten wird, und zwar mit etwas geneigter Schnittfläche. Aus der Wunde quillt der zuckerhaltige Saft (täglich 10 Quart), aus welchem der Zucker durch Einkochen gewonnen wird; eine Palme liefert einen Reingewinn von 5 Mark, der Baum geht aber auch ein (Jagor, Reisen 155 f.).
Auch Cacao wird vielfach gepflanzt, wenn auch nicht sorglich gepflegt. Die Vicols geniessen die Chocolade, indem sie ihr geröstete Pilikerne zusetzen (Jagor, Reisen 79). Da ein grosser Theil des besiedelten Landes von Sumpfstrecken durchsetzt ist, und überdiess in der Regenzeit selbst die Strassen versumpfen, so sind die Vicols auf die Construction eines Transportmittels verfallen, welches ihnen die Fortschaffung von Lasten selbst im Sumpfgebiete gestattet. Es ist diess die Pavavá (man vgl. die Abbildung in Jagor, Reisen 118), welche aus zwei parallelen Stangen besteht, die an ihren Obertheilen einen gedeckten Kasten tragen. Die unteren Enden der beiden Stangen schleifen auf der Erde, die oberen ruhen hüftehoch über der Erde auf der Gabeldeichsel, deren untere Enden sich ebenfalls nach hinten verlängern, so dass, wenn der Büffel diese schlittenartige Pavavá durch tiefen Sumpfbrei schleift, die zwei unteren Enden jener Parallelstangen und die zwei hinteren Enden der Doppel-Deichsel die Last tragen. — Die Vicols besitzen zwar einen reichen Viehstand, kümmern sich aber nicht einmal um die Fütterung ihrer Thiere (Jagor, Reisen 123). Fischfang wird auch hier fleissig betrieben, sie benutzen hierzu die faustgrossen Früchte einer Barringtonie, indem sie wegen ihres geringen specifischen Gewichtes statt des Korkes bei den Netzen verwendet wird oder indem man ihre betäubende Eigenschaft durch Ausstreuen pulverisirter Früchte benutzt (Jagor, Reisen 152).
In ihren Sitten und Bräuchen fällt zunächst der Umstand auf, dass sie nicht so leidenschaftliche Raucher sind, wie die übrigen Luzonier, sie geniessen lieber den Tabak in der Weise, dass sie die Cigarren mit dem Buyo zusammen kauen (Jagor, Reisen 127), obwohl ausserdem noch genug geraucht wird. Über ihre Bräuche bei Geburten &c., ihren Aberglauben ist mir Nichts bekannt. Dr. Jagor (Reisen 130) erwähnt, dass die ersten Excremente eines neugeborenen Kindes unter dem Namen Triaca — aus Theriacum — als Universalmittel gegen Schlangen- und Hundebiss angesehen werden. Von ihren Gespenstern sei der Calapitnan, der Herr der Fledermäuse, erwähnt, der in der prachtvollen Tropfsteinhöhle bei Libmanan (Camarínes Norte) seinen Sitz aufgeschlagen hat (Jagor, Reisen 138). Obwohl seit drei Jahrhunderten Christen, sind sie nicht nur sehr abergläubisch, sondern auch lau in der Beobachtung der kirchlichen Vorschriften (Cavada a. v. St.).
Ihre nicht grosse Industrie befasst sich meist nur mit feinen Webwaaren und Stickereien (Scheidnagel 24), die Sinamay- und Nipis-Zeuge von Camarínes rangiren an Güte unmittelbar nach denen von Ilócos Diaz (Arenas 291).
Vicol-Heiden. Ausser den christlichen und civilisirten Vicols wohnen in den Provinzen Camarínes Norte y Sur und Albay auch noch hie und da in den Gebirgswildnissen zerstreut Horden von heidnischen halb- oder ganz-„wilden” Vicol-Malaien, welche von den Spaniern fälschlich Igorroten (neben „Cimarrones”) genannt werden. Sie sind allem Anscheine nach Abkömmlinge jener Malaien, welche in den Zeiten der Conquista vor dem spanischen Joche in die ungangbaren Bergwälder flohen und dann auch späterhin durch dem Steuerdruck sich entziehende Vicols, also durch „Remontados” frischen Nachschub erhielten. Waren doch die faulen Vicols stets geneigt, den lästigen Frohnden und der strengen Kirchendisciplin sich durch die Flucht in die Gebirgswälder zu entziehen, wir wissen ja, dass in der ersten Hälfte des XVIII. Jahrhunderts das Innere der Insel [44]Masbate eine dichte Bevölkerung von solchen Flüchtlingen, die selbst von Luzon aus dort ihr Asyl gesucht hatten, besass (Fray Juan de la Concepcion VIII, 142). Selbst heute noch kommt dieses „remontarse” (sich in die Berge flüchten) häufig vor, die kleinen unbewohnten Inseln an der Küste von Camarínes Norte beherbergen oft zahlreiche solche Flüchtlinge—„los marítimos” genannt (Cavada II, 447)—, bis der Hunger oder der Arm der Behörde sie wieder zur Rückkehr in die Heimath zwingt. In den ersten Jahrhunderten der spanischen Herrschaft, beständig wie ein Wild gehetzt, sanken sie zu nomadisirenden Horden herab, die keine feste Niederlassung besassen, und in dieser Periode ihrer Entwickelung scheinen sie mit den ein ähnliches Leben führenden Negritos engere Beziehungen angeknüpft zu haben, wenigstens weist Jagor (Reisen 106) bei den Heiden von Isaróg nach, dass sie Mischlinge von Vicol-Malaien und Negritos wären.
Solche Vicol-Heiden leben um die Vulcane Isaróg, Iriga, um Buhi, um den Vulcan Mazaraga, in der Cordillere von Caramuan, in der Nähe der Orte Libog und Tabaco. Aus dem Jahre 1848 liegt uns bei Diaz Arenas sogar eine Schätzung der Zahl dieser Heiden, und zwar jener der Provinz Camarínes Norte vor; darnach gab es dort in jenem Jahre: 3703 die Oberhoheit der spanischen Krone anerkennende „Infieles”, 8000 Cimarrones del Isaróg, 500 Cimarrones del Iriga, 300 Cimarrones de Buhi und 4000 Cimarrones der Cordillere von Caramuan. Die Zahlenangabe bezüglich der Heiden vom Isaróg ist offenbar ein Druckfehler, die Zahl scheint mir zu hochgegriffen zu sein. Ich will nun die einzelnen Horden näher in Betrachtung ziehen.
Da mir über die Heiden der Cordillere von Caramuan nichts Näheres bekannt ist, so gehe ich sofort zu den Heiden vom Isaróg über. Diese wohnen bei dem genannten Vulcane in der Nähe der Pueblos Goa, Pili, Lagonoy, Bula, Quipayo &c. Sie sind zahlreich, in den drei Rancherías von Mahaluas (Magarao?), Siano und Paltoc sollen allein 2000(?) leben (Cavada I, 213). Nach Jagor (Reisen 163 u. 168) ist ihre Zahl durch Kämpfe mit den spanischen Finanzwachsoldaten und durch Fehden untereinander im Abnehmen begriffen. Jetzt haben die Kämpfe mit den Spaniern aufgehört, indem diese den Heiden den Ertrag ihrer Tabakfelder abkaufen (l. c. 164), und andererseits durch die liebenswürdige und hochherzige Verwendung des Dr. F. Jagor ihnen von der spanischen Regierung eine Anzahl von Begünstigungen zu Theil wurden. Jagor (l. c. 162) erwähnt von ihnen: „Sie sind es, die nach dem Urtheil des Pfarrers von Camarínes die Vicol-Sprache am reinsten sprechen. Ihre Sitten und Gebräuche sind in vielen Punkten denen, welche die Spanier bei ihrer Ankunft vorfanden, sehr ähnlich, andererseits erinnern sie vielfach an diejenigen, welche noch heute bei den Dayaks herrschen”. An letztere erinnert auch die freilich im Erlöschen begriffene Sitte, den, wenn auch natürlichen Tod eines Verwandten, durch die Ermordung des ersten besten Fremden zu rächen (l. c. 171), da aber dem Ermordeten der Kopf nicht abgeschlagen wird, so ist diess eher auf ein Herübernehmen des ähnlichen Negritobrauches zurückzuführen, denn die Heiden vom Iriga beweisen durch eine leichte Kräuselung ihres Haares (l. c. 170), dass auch Negritoblut in ihren Adern rollt. Einen Schädel, der von einem erschlagenen Heiden vom Isaróg herrührte, erklärte Prof. Virchow in gewissen Beziehungen ähnlich mit den Malaien-Schädeln von den Sunda-Inseln, noch mehr aber mit Dayak-Schädeln (Jagor 169 u. 92). Die in der Nähe von Quipayo hausenden Isaróg-Heiden haben keine festen Niederlassungen, sondern schweifen wie die Negritos unablässig herum (Cavada I, 213), die anderen aber besitzen Hütten, welche hie und da vereinzelt im Walde stehen (Cavada I, 213 u. 221), nur diejenigen, welche der spanischen Regierung unterthan geworden, wurden gezwungen, in kleinen Weilern, deren Hütten aber auch weit auseinanderliegen, zu wohnen (Jagor, Reisen 163). Den Zugang zu ihren Hütten schützen sie durch Fussangeln oder Fusslanzen, welche mit Blättern und Reisig geschickt verdeckt sind (l. c. 166). In der Gestalt und Bauart unterscheiden sich ihre Hütten in Nichts von denen armer Vicol-Christen (l. c. 167). Sie bauen Bataten, Caladium, Mais, Zuckerrohr, Tabak (Jagor, Reisen 167; Cavada I, 213), und jene, welche in den oben erwähnten Rancherías Mahaluas, Siano und Paltoc leben, selbst Cacao, Abacá, Camote (Cavada, l. c.). Hausthiere sind Hunde, Katzen und Hühner (Jagor I, 168). Bei jenen Isaróg-Heiden, welche Dr. Jagor kennen lernte, waren die Weiber decent, wie christliche Indierinnen gekleidet (Jagor, Reisen 167), wogegen in jenen drei Rancherías die Weiber ebenso wie die Männer nur einen Lendenschurz tragen (Cavada I, 213). Ihre Waffen sind Pfeile, Lanzen, runde hölzerne Schilde am Rande mit Rotang beflochten und das Campilan-Waldmesser (Jagor, Reisen 169; Cavada, l. c.). Die Pfeile sind vergiftet (Cavada, l. c.). Während einige Horden die Christen durch Räuberüberfälle belästigen (Cavada I, 212), ist die Mehrzahl der Isaróg-Heiden mit denselben in freundlichem Verkehr, denen sie ihre Bodenproducte, ferner Honig, Wachs und Harze verkaufen (Jagor, Reisen 168; Cavada I, 213). Sie leben gewöhnlich nur mit einer Frau, obwohl Polygamie gestattet ist; die Frau wird um den Durchschnittspreis von 10 Waldmessern und 10 bis 12 Dollars baar gekauft (Jagor, Reisen 171). Der Vater der Braut veranstaltet einen Schmaus, bei dem grosse Mengen Palmwein vertilgt werden (Jagor, Reisen 172). Ihre musikalischen Instrumente sind Laute, Guitarre nach spanischem Muster und Maultrommeln aus Bambusrohr (Jagor, Reisen 167). [45]
Die Heiden vom Iriga sind dunkelbraune Mischlinge von Negritos und Indiern, obwohl nur einige krauses Haar besitzen (Jagor, Reisen 106). Ihre Hütten sind bequem gebaut (Jagor, l. c.) und mit einem Hausgeräthe versehen, welches aus Cocosnussschalen, Bambusgeräthe, irdenen Töpfen und Waffen besteht (Jagor, l. c. 107). Die Tracht der Männer beschränkt sich nur auf ein Schamband, während die Weiber einen Schurz tragen, der den Unterleib und die Oberschenkel, von der Hüfte bis zu den Knieen, deckt (Jagor, l. c.). Sie bauen einige Knollengewächse und etwas Zuckerrohr an (Jagor 106). Zur Jagd auf die Wildschweine dienen vergiftete Pfeile (Jagor 107), deren Gift aus zwei unbekannten Baumrinden bereitet wird. Das fertige Gift hat die Consistenz einer zähen Salbe. Für einen Pfeil braucht man nur ein haselnussgrosses Stück, worauf der vergiftete Pfeil mit seiner Wirkung für viele Schüsse ausreicht (Jagor 112). Mit den Christen unterhalten sie Handel und Verkehr.
Die Heiden, welche beim Vulcane Mazaraga in einigen verstreuten Hütten wohnen, sind freundliche Leute (Jagor, Reisen 178). Dasselbe gilt für jene Horden, welche bei Libol und Tabaco in der Provinz Albay wohnen, sie stehen mit den Christen in Verbindung, ja einige lassen sogar ihre Kinder taufen (Cavada I, 221). Nach der Nummer 877 des „Comercio” (Manila, den 16. Aug. 1881) sind in jüngster Zeit in der „La Rinconada” (Provinz Camarínes Sur) neue Pueblos solcher „monteses” von der Colonial-Regierung gegründet worden. Die Ausbreitung der spanischen Herrschaft unter diesen Heiden scheint also Fortschritte zu machen.
Unter dem Namen Manguianen sind die halbwilden Malaien-Stämme zu verstehen, welche das Innere der grossen Insel Mindoro und (nach Cavada II, 127) auch die Gebirgswildnisse der Inseln Romblon und Tablas bewohnen. Ob sie ein eigener Zweig der philippinischen Malaien sind, lässt sich nach den zwar zahlreichen, aber dürftigen und sich vielfach widersprechenden Notizen, die uns von diesen Wilden Nachricht geben, gar nicht entscheiden. Das eine aber scheint mir sicher zu stehen, dass sie mit den Tagalen Nichts gemein haben und wohl eher als ein besonderer Zweig der Visayer aufgefasst werden könnten, aber eben nur könnten. Es könnte leicht sein, ihre Existenz auf ähnliche Weise zu deuten, wie diess bei den Vicol-Heiden geschehen ist. Der Ansicht, die in Waitz V, 61, entwickelt wird, wonach die Manguianen „wenige, den Angriffen der Piraten23 entgangene Flüchtlinge sind, die von den Urbewohnern (welchen?) des Centralgebirges verschieden zu sein scheinen”, kann ich unmöglich beipflichten, wie Jeder, der die Geschichte der Philippinen vom Beginn der spanischen Occupation an genau studirt hat. Nach der Allgem. Historie XI, 393, wären sie eine Bastardrasse von Negritos und (Visayer-?) Malaien, was also den Ursprung dieser Manguianen auf ähnliche Weise erklären würde, wie jenen der Vicol-Heiden. Die Manguianen waren seiner Zeit in der gelehrten Welt sehr genannt, indem Careri (p. 42) von ihnen nach den Berichten der Jesuiten erzählte, sie hätten vier bis fünf Zoll lange Schwänze. Gemelli-Careri berichtet überhaupt von ihnen, dass sie bis auf eine dürftige Bedeckung der Schamtheile nackt gingen, und ihre Wohnungen nach der Jahreszeit veränderten, weil sie sich blos von wildwachsenden Früchten nährten. Den Christen verkauften sie Wachs, wofür sie Nägel, Messer, Nadeln und Zeug erhielten. Es ist diess ein Bild, das, auch auf Negritos angewendet, vollkommen treffend wäre, und dennoch ersieht man, dass Careri sie scharf von den Negritos zu trennen weiss. Auch Fray Juan de la Concepcion VII, 11, spricht von ihrer starken Zahl, welche in der jüngsten Zeit auf 30 000 Köpfe veranschlagt wird (Cavada II, 37). Im Äusseren sollen die Manguianen den (eigentlichen?) Malaien ähnlich sein (Waitz V, 100, nach Journal III, 758).
Die Manguianen von Mindoro zerfallen wieder in kleinere Stämme, welche die Namen Buquit, Tadiaban, Bungon &c. führen. Einige dieser Stämme stehen in friedlichem Verkehre mit den Christen, andere aber, besonders jene tief im Innern des Landes, fliehen vor jeder Berührung mit den christlichen Küstenbewohnern (Cavada II, 37). Die Manguianen von Romblon lieben ein herumschweifendes und müssiges Leben und rauben den Christen Vieh (Cavada II, 127). Die Manguianen von Mindoro bestatten noch jetzt, wie alle philippinischen Malaien in den Tagen ihrer Unabhängigkeit, ihre Todten in Höhlen, am bekanntesten ist als solche Grabstätte eine grosse Höhle an der Ostküste der Insel (Semper, Erdk. XIII, 95).
Die Mundos sind wilde Bergvölker auf Cebú (Mozo 134) und Panay (Mozo, l. c. u. Hügel 367). Nach Hügel (l. c.) gleichen sie den Igorroten in „Allem”, was aber nach den genaueren Nachrichten Mozo’s nicht wahr ist, denn nach diesen theilen sie die Sitten und Bräuche der Tagalen und Visayer, und Hügel hat jenes „in Allem” wohl nur den Manilesen nachgesagt, die alle wilden Heiden „Igorrotes” tituliren, denn Panay hat Baron Hügel nicht besucht.
Sie glauben an den Patianac, der uns schon von den Tagalen her bekannt ist, ihm schreiben sie es zu, wenn sie auf einem Pfade sich verirren. In diesem Falle entledigen [46]sie sich ihres ohnediess nur dürftigen Anzugs, denn der Patianac flieht vor den Nackten, und so können sie auf diese Weise den verlorenen Weg wiederfinden (Mozo 137). Um Diebe zu entdecken oder verlorene Sachen wiederzufinden, bedienen sie sich gewisser Zauberformeln, welche sie Bilao nennen (l. c.). Sie halten überhaupt viel auf Zauberei, weshalb unter ihnen auch zahlreiche Zauberer wohnen, welche sich in Crocodile oder andere Thiere verwandeln können und dann den Menschen viel Unheil zufügen (Mozo 135). Sie glauben an Behexung, „Gavay” genannt, von der man sich durch besondere Ceremonien, welche Mozo (Misiones 136) beschreibt, wieder befreien oder enthexen kann. Die Christen haben deshalb eine grosse Scheu vor diesen Wilden und wollen ihre Niederlassung in ihren Dörfern nicht dulden. Sie leiden sehr an Magenkrankheiten, „Bungsol” genannt (Mozo 136).
Die Zahl der Mundos ist eine beträchtliche; 1848 zählte man nach Diaz Arenas allein in der Provinz Ilo-ilo (Insel Panay) 5000 Mundos. Nach eben demselben Autor leben unter ihnen viele Remontados. Es ist überhaupt noch fraglich, ob die Mundos ein selbständiger eigenartiger Stamm sind, ich vermuthe nach ihren abergläubischen Bräuchen, dass sie Visayer im Stadium der Vicol-Heiden vom Isaróg, Iriga, Caramuan &c. sind. Sie scheinen von Remontados und Negritos abzustammen (man vgl. Buzeta II, 103).
Der Name dieses Stammes wird nur von Diaz Arenas erwähnt, nach welchem sie 1848 auf der Insel Negros in der Kopfzahl von 2322 in dem Gebirgszuge lebten, der sich von der Hauptstadt gegen Cauayan hin ausdehnt. Wahrscheinlich ist diess nur ein besonderer Name für einige Horden von Visayer-Heiden.
Die Visayer bewohnen alle jene Inseln, welche südlich von Luzon, Masbato, Burías, Ticao und Mindoro und nördlich von Borneo, Sulu und Mindanao liegen. Auf letzterer Insel wird von ihnen auch die ganze Nord- und Ostküste bewohnt, jedoch streng genommen nur an der Küste. Im südlichen Theile von Palawan (Paragua der Spanier) scheinen andere Malaien bereits zu wohnen.
Die Visayer-Sprache zerfällt in die Dialekte von Cebú, dem eigentlichen Visayer-Dialekt und jenem, der auf der Gruppe der Calamianen und Cuyos-Inseln gesprochen wird. Eine Unterabtheilung des Visayer-Dialektes sollen wieder der Dialekt von Süd-Panay, das Panayano, ferner der Dialekt von Capiz sein, doch widersprechen sich da die Nachrichten, und da ich der Visayer-Sprache unkundig, so will ich darüber hinweggehen. Nach ihren Sitten und Bräuchen zerfallen sie in die eigentlichen Visayer, in die Caragas und Calamianen incl. Coyuvos.
a) Visayer im engeren Sinne des Wortes. Diese bewohnen die Inseln Panay, Romblon, Tablas, Masbate (sporadisch neben den Vicols), Negros, Cebú, Bóhol, Sámar, Leyte, den Surigao-Archipel und die Landschaft Dapitan der Provinz Misámis auf der Nordküste von Mindanao. Auf dem übrigen Theil der Nordküste von Mindanao (Misámis, Iligan, Cagayán und Butnan) wohnen zwar auch Visayer, aber sie sind mit den eingeborenen Stämmen sehr stark vermischt, doch bleibt ihre Sprache dort die herrschende. Am Meerbusen von Davao sind viele Visayer angesiedelt, welche die Spanier seit dem Jahre 1848, wo sie jenes Land occupirten, dorthin gebracht haben. Die Visayer sind nicht so weit im Archipel verstreut, wie die intelligenteren Tagalen, doch finden sich welche, meist Fischer, selbst auf den Babuyanen, besonders auf Camiguin25 (Mas, pobl. 42). Die Visayer der Küstendistricte sind alle Christen und civilisirt, im Innern dieser Inseln leben sie aber als halbwilde Heiden, welche von jenen Visayern abstammen, die sich den Spaniern nicht unterwerfen wollten, und welche durch Remontados immer neuen Zuschuss erhielten und zum Theil noch erhalten. Ich werde zunächst mich mit den Christen befassen.
Die Visayer waren zur Zeit der Conquista bereits ein civilisirtes Volk, das, entgegen den Ansichten der modernen spanischen Schriftsteller, welche ohne auf die ursprünglichen Quellenwerke zurückzugehen, über die Geschichte der Philippinen Essays schreiben, einen noch höheren Grad von Cultur besass als die Tagalen. Borneo, Mindanao und den Molukken näher gelegen als die Tagalen, standen sie auch mit diesen Ländern in regerer Verbindung, und diese mag auch die Ursache sein, dass ihr Typus dem der eigentlichen Malaien sich mehr nähert, als jenem der Tagalen. Im XVI. und XVII. Jahrhundert wurden sie von den Spaniern Pintados genannt, weil sie ihren Körper zu bemalen pflegten. Sie nahmen ohne besondere Schwierigkeiten das Christenthum an und halfen mit ihren Kriegern den Spaniern die Tagalen unterjochen.
Ihre Hütten sind nach demselben Modell gebaut, wie jene der Tagalen, dagegen unterscheiden sie sich von letzteren durch Tracht und Gewandung. Während die Tagalen das Haar verschneiden, lassen auch die Männer bei den Visayern das Haar lang wachsen (Buzeta I, 242). Die Frauen tragen keinen Tapis, sondern nur die aus grobem aber durchscheinenden Guinara-Zeug verfertigte Saya und die kaum die Brüste bedeckende Camisa (Jagor, Reisen 188). [47]Um das Haar schlingen die Frauen ein Stück Zeug (Buzeta, l. c.). Sie bauen alle Getreidesorten und Culturpflanzen, die auf Luzon cultivirt werden, Reis insbesondere auf Panay, Zucker auf Cebú, Bóhol, Negros, vorzüglichen Cacao auf Cebú, Tabak auf Cebú und Bóhol, Mais auf Cebú, Abacá auf Leyte, Kaffee in der Provinz Misámis auf Mindanao. Viel stärker als auf Luzon wird auch rother Pfeffer cultivirt, da die Visayer damit alle ihre Speisen, besonders aber die Morisqueta, stark würzen (Buzeta I, 33). Cocospflanzungen sind überall, Viehzucht wird lässig betrieben. Sie sind noch eifrigere Fischer als die Tagalen, der Fang von Trepang („Balate”), der hier häufigeren Manatis und Schildkröten liefert ihnen reichen Gewinn, desgleichen das Suchen der Schwalbennester (Buzeta, Mas, Semper, Cañamaque, Cavada a. v. St.).
Von den Tagalen unterscheiden sie sich unangenehm durch ihre Unreinlichkeit (Jagor 188) und durch ihre Trunksucht (Cavada a. v. St.). Ihre alte Religion glich in vielen Punkten jener der Tagalen, auch sie kannten den Ahnencultus, nur wurden die Nonos und Anitos der Tagalen und Nord-Luzonier hier Diuatas oder Divatas genannt. Sie besassen Idole, Liche oder Laravan mit Namen. Ihre Priesterinnen hiessen Babaylanas, neben diesen waren auch Priester. Selbst unter den Christen erhielt sich der alte Glaube insgeheim, 1797 noch entdeckten die Mönche in dem seit der Conquista christlichen Pueblo Sibalon auf Panay (Provinz Antique) 180 Babaylanas (Buzeta I, 300). Selbst unter den Cabezas de Barangay auf Sámar gab es 1648 heimliche heidnische Priester (Tanner III, 544). Auch bei den Visayern war das Schwein das bevorzugte Opferthier.
In den Zeiten der Conquista herrschte bei den Visayern die Polygamie. Das Christenthum beseitigte diese, nicht aber die grenzenlose Unsittlichkeit und Unzucht, über welche alle älteren Schriftsteller schauderhafte Details berichten (man vgl. vorzüglich: Morga-Stanley 304 und Carletti 148). Auch heute ist Ehebruch ungemein häufig, um so mehr, als die Gatten keine Eifersucht kennen, und wie in den Zeiten der Conquista, geben sich die Frauen viel leichter preis und sind auch viel geiler als die Mädchen (Jagor, Reisen 236). Der Freier dient, ähnlich wie bei den Tagalen es vordem häufiger üblich war, 2–5 Jahre dem Vater seiner Braut umsonst, ehe er diese als Gattin heimführt (Jagor 235). Francisco Cañamaque (Fil. 186 f.) beschreibt die Brautwerbung wie folgt: Der Freier geht mit einem angesehenen Manne seines Dorfes zu den Eltern seiner Auserwählten, und beide fragen letztere, ob sie zur Eheschliessung geneigt ist, worauf sie mit Ja antwortet. Das Herkommen erfordert es, dass die Braut hierbei des Leides gedenkt, das ihr die durch die Ehe nöthig werdende Trennung von den Eltern verursachen müsste. Die letzteren pflegen, selbst wenn sie wohlhabend sind, dem Freier zu erklären, sich wohl Alles zu erwägen, denn ihre Tochter habe kein Vermögen, besitze keine Kenntnisse und sei überdiess recht albern. Der Freier und sein Genosse wiederholen aber die Werbung immer von Neuem, bis der Vater einwilligt. Ist diess geschehen, so fangen die vor der Thüre versammelten Freunde des Freiers an, Raketen steigen zu lassen und Musikinstrumente zu bearbeiten, andere gehen in das Haus hinein, überreichen süsse Bäckereien, Tabak, Buyo &c. Nach der kirchlichen Trauung durcheilt die junge Frau, begleitet von Freundinnen, die Gassen des Dorfes, um alle Verwandten und Freunde zu einer Chocoladegesellschaft (mit Tanz und Gesang) einzuladen. Wenn die Jungfräulichkeit der soeben Getrauten über allem Zweifel erhaben ist, so tanzen die beiden Gatten zusammen einen Tanz, worauf die geladenen männlichen Gäste eine grosse Anzahl von Töpfen und Schüsseln, welche aber noch nie gebraucht worden sind, zu den Füssen des Paares zerbrechen und hinwerfen. Bei dem Hochzeitsmale essen zuerst die Frauen, nach diesen die geladenen Männer und dann erst die zum Hause Gehörigen, wobei die Sitte erfordert, dass jedes Mal ganz neue Gerichte auf den Tisch oder, richtiger gesagt, auf die über den Boden gelegte Matte, aufgetragen werden, selbst wenn grosse Speisequantitäten von der vorhergehenden Tafel übrig sind. — Die Ehen sind sehr fruchtbar, man zählt oft 12 bis 13 Kinder in einer Ehe, doch ist dafür auch die Kindersterblichkeit eine grosse (Jagor, Reisen 236).
In ihren sonstigen Bräuchen und Sitten weichen sie nicht sehr von den Tagalen ab. Ihre Todten begruben sie in den Zeiten ihrer Unabhängigkeit, ähnlich wie die Igorroten, in Höhlen, das hat natürlich unter dem Christenthum aufhören müssen. Wie die Tagalen feiern auch die Visayer ein neuntägiges Todtenfest, das am letzten Tage in einer eigenthümlichen Weise seinen Abschluss findet. Der beste Theil des Hauses wird schwarz ausgeschlagen und eine Art Thronhimmel in demselben errichtet, auf dessen Hintergrund 10 bis 12 Todtenköpfe gemalt oder solche aus Papier ausgeschnittene befestigt werden. Dann wird unter diesem Thronhimmel ein Katafalk aufgerichtet, der mit allen Heiligenbildern, die die Verwandtschaft der verstorbenen Personen auftreiben kann, beklebt wird. Um 8 Uhr Abends halten dann die Hinterbliebenen das letzte Gebet für den Verstorbenen ab, was eine halbe Stunde in Anspruch nimmt, worauf das Haus für alle Eintretenden geöffnet wird. Speisen und Getränke stehen Jedem in reichlicher Fülle zur Verfügung. Ist der Magen der Anwesenden befriedigt, so werden von den Anwesenden improvisirte Coplas gesungen, deren Inhalt mit dem Todesfalle in gar keinem Zusammenhange steht, sondern sich meist um Schlachten oder fröhliche Dinge dreht. Diese Coplas werden nach einer durch eigenthümliche Regeln geordneten Weise, ähnlich wie [48]bei dem deutschen Pfänderspiel „zusammengesetzte Hauptwörter”, von Burschen und Mädchen gesungen, welche als Theilnehmer dieses Spieles bellacos und bellacas26 heissen, der Anführer des Chors heisst: Dueño de Jato27 und das Spiel selbst Duplo28 (Cañamaque, Fil. 180–185).
Ihre Industrie beschränkt sich hauptsächlich auf Herstellung von groben Sinamay- und Nipis-Zeugen (Diaz Arenas 291). Einen besonderen Ruf geniessen die wunderbar feinen Piña-Gewebe, bei deren Herstellung Fenster und Thüren fest verschlossen bleiben müssen, da der geringste Luftzug hinreicht, die zarten Fäden zu zerreissen (Buzeta I, 211). Die Ausfuhr von Geweben aus Ananasfasern wird denn auch in dem einzigen Hafen Ilo-ilo allein auf 1 000 000 Dollar geschätzt (Jagor 241). Die beste und feinste Piña wird in Antique gearbeitet (Scheidnagel 127). Durch Gährung wird aus den Cocosnüssen ein stinkendes Öl mit Namen aceite de caracoas oder mabajon lañgis bereitet (Buzeta I, 31), welches in grossen Massen ausgeführt wird. Bei der Ölgewinnung geht man sehr nachlässig vor (Jagor, Reisen 214). Sonst sind noch als Exportartikel der Visayer-Industrie Stöcke und Messergriffe aus Horn erwähnenswerth (Scheidnagel 128).
Das Innere aller der von Visayern bewohnten Inseln ist von „wilden” Visayern, „Infieles, Montesinos, Cimarrones” der Spanier bewohnt. Diese stammen sämmtlich von Flüchtlingen ab, welche vor dem Christenthum und der spanischen Herrschaft in die Wälder flohen. Sie sind meist gutmüthiger Natur und beginnen allmählich, ihren Nacken unter das spanische Joch zu beugen, obwohl trotzdem noch Jahrzehnte verfliessen werden, ehe die Spanier Herren der Binnenlandschaften der Inseln werden, deren Küstensaum sie beherrschen.
b) Calamianen. Die Calamianen bewohnen den gleichnamigen Archipel und den nördlichen Theil von Palawan oder Paragua, die von ihnen fast gar nicht verschiedenen Coyuvos die kleine Inselgruppe von Cuyo. Die sogenannten Agutainos bilden die nördliche Hälfte der Coyuvos. Die Calamianen sind dunkler gefärbt als die übrigen Visayer und haben etwas krauses Haar (Waitz V, 98; nach Mallat I, 335 und Crawfurd), was auf eine Beimischung von Negritoblut hindeuten würde. Ihre Gesichtszüge sollen einen wilden Ausdruck besitzen (Bastian V, 274). Sie bauen Reis, Cacao, Kaffee, Baumwolle und Pfeffer, aber Alles in so geringen Quantitäten, dass nicht einmal der heimische Bedarf damit gedeckt wird (Buzeta I, 452). Desto eifriger wird Fischfang getrieben (Cavada II, 21; Scheidnagel 45), besonders aber die Balate- oder Trepangfischerei; die Calamianen sind auch die eifrigsten und gewandtesten Sucher der essbaren Schwalbennester, weshalb ihre Länder als der Hauptsitz des Schwalbennesterhandels anzusehen sind (Buzeta I, 41; Cavada II, 21). Der Handel mit dem von den Wilden aus dem Gebirge eingetauschten Wachs und Honig wird eifrig betrieben. Sie werden als abergläubisch, indolent und faul geschildert, das „Remontarse” ist unter ihnen besonders häufig (Cavada, l. c.). Industrie existirt kaum dem Namen nach und beschränkt sich nur auf weibliche Webearbeiten.
c) Caragas. Die Caragas bewohnen die Ostküste von Mindanao vom Cap Surigao bis zum Cap S. Augustin. Sie gehören zu dem kriegerischsten Stamme der Visayer, ihre wilde Tapferkeit machten sich die Spanier in jenen grossen Kriegen zu nutze, welche sie im XVII. Jahrhundert gegen die Holländer und die Sultane von Buhayan, Mindanao und Sulu führten. Von ihrem kriegerischen Wesen zeugt die noch zu Ende des XVII. Jahrhunderts übliche Sitte, dass wer von ihnen sieben Menschen getödtet hatte, das Recht erhielt, einen rothen Turban zu tragen. Dieser Turban führte den Namen Bajacho. Natürlich hat diese Sitte seit lange bereits aufgehört. Die heutigen Caragas, seit drei Jahrhunderten Christen, unterscheiden sich jetzt wenig von den übrigen Visayern. Ihr Hauptnahrungszweig ist die Fischerei, dann erst der Reisbau; Industrie gering.
Die Manobos sind ein in fast allen Theilen der Insel Mindanao wohnhafter heidnischer Stamm. Ihre Wohnsitze sind die Bergwildnisse südlich von Dapitan (Cavada II, 197), dann durch christliche Visayer-Niederlassungen vom Meere getrennt in den Bergen südlich von Iligan, Cagayán (de Mindanao), Butuan und in den Thälern, welche die bei den letztgenannten Städtchen mündenden Flüsse in ihrem Laufe bilden (Semper, Skizzen a. v. St.; Cavada a. v. St.). Im Süden reichen sie bis zu dem Meerbusen von Davao (Cavada II, 221, 222), wo sie hauptsächlich am östlichen Gestade wohnen, während am linken sich nur einzelne Niederlassungen finden. Sie reichen im Westen bis in die Nähe von Cotta bató (Jagor 44; Cañamaque 43). Doch muss man bei diesen Angaben, soweit sie nicht, wie von Semper als Augenzeugen, sichergestellt sind, sich sehr reservirt verhalten, denn Manobos (Varianten: Manabos, Manobas) ist in Mindanao zu einem Collectivnamen für heidnische Bergstämme geworden29) (Waitz V, 56; D. Claudio Montero y Gay, in dem Bol. de la Sociedad geográfica de Madrid I, n. 4, p. 322). [49]
Die Manobos erinnern in ihrem äusseren Habitus etwas an Chinesen (Semper, Skizzen 59). Sie leben in ganz kleinen Horden, welche gewöhnlich nur aus dem Häuptling — Bagani genannt — und den Brüdern seiner Frauen sich zusammensetzen (l. c. 60). Ihre Hütten stehen auf hohen Pfählen (l. c.), ebenso die Scheunen und Vorrathshäuser, welche mitten in den Feldern stehen (l. c. 61). Die Manobos im Norden treiben Ackerbau, und zwar sind Gegenstände desselben Tabak, Mais, Camote und insbesondere Reis, welch’ letzteren sie in solcher Fülle ernten, dass sie im Stande sind, ganze Bootsladungen an die christliche Küstenbevölkerung zu verkaufen (l. c. 60). Ausserdem obliegen sie dem Dalag-Fischfang mittelst Fischreusen und Netzen (l. c. 47). Die Manobos, welche am Meerbusen von Davao wohnen, scheinen keinen Ackerbau zu treiben, sondern sich nur vom Fischfange und Wurzeln, ja im Nothfalle selbst von ekelhaften Reptilien zu nähren (Cavada II, 223). Die ackerbauenden Manobos sind deshalb nicht sesshaft; sobald ihr nie gedüngter Ackerboden erschöpft ist, verlassen sie ihre Niederlassung und gründen sich an einer anderen günstigen Stelle ein neues Heim (Semper, Skizzen 62). Sie leben in Polygamie, doch gilt nur eine Frau als die legitime, der die anderen zu gehorchen haben (l. c. 60). Jede Frau hat eine Hütte für sich, in welcher sie mit ihren Kindern und den ihr zugewiesenen Sclaven lebt (l. c.). Da die Feldarbeit nur auf den Schultern der Frauen, Kinder und Sclaven ruht, so besteht in der grösseren Zahl derselben auch der grössere Reichthum des Mannes (l. c.). Ihre Waffen sind Lanzen, Schilde, Dolche und Schwerter (Semper, Skizzen 62), die Manobos von Davao wissen auch meisterhaft Bogen und Pfeil zu gebrauchen (Cavada II, 223). Ihre Religion und die Sucht, Sclaven zu erwerben, reizt sie zu beständigen Kriegen und Fehden. Sie haben einen ähnlichen Ahnencultus wie die übrigen Malaien Luzons und der Philippinen (Semper 61), überdiess kennen sie noch andere Götter. „So halten sie den Donner für die Sprache des Blitzes, den sie in der Gestalt eines abenteuerlichen Thieres verehren; wenn der Blitz auf die Erde niederfährt und in die Bäume einschlägt, so soll das Thier, nach ihrer Meinung, mitunter einen seiner Zähne darin stecken lassen” (Semper, Skizzen 61). Der Caiman wird von ihnen heilig gehalten (l. c.), welche Verehrung dieses Thier einst auch von den heidnischen Tagalen genoss (Mas, hist. I, 15). Bezeichnend ist der Name Diuata (Semper, Skizzen 62), der einem ihrer Götter zukommt, es ist dieses Wort gleichlautend mit der Ahnen-Benennung der Visayer. Der Diuata ist der Gott der Erntefeste, man erinnere sich an die religiösen Festlichkeiten, welche die Igorroten zur Erntezeit den Anitos darbringen. Dem Diuata werden Schweine geopfert und, wie bei den Igorroten, an das Opfer eine grosse Schmauserei geknüpft (Mas, pobl. 29). Hochverehrt wird auch der Kriegsgott Tagbusau (Semper 62). Nach beendigter Ernte ziehen die Manobos, wenn die eingeholten Auspicien glückverheissend sind, auf den Kriegspfad. Der Bagani, der als Priester des Tagbusau auch „dessen Talisman” mitträgt, sucht mit seinen Leuten den Feind im Morgenschlummer zu überrumpeln oder hinterrücks im Walde zu überfallen. Alle Erwachsenen werden niedergemetzelt, die Weiber und Kinder aber in die Sclaverei abgeführt (l. c. u. Cavada II, 223). Ihre Bestialität äussert sich sogar in einer Art von Cannibalismus: „Ist der Feind glücklich niedergeworfen und getödtet, so zieht er (der Bagani) ein heiliges, nur diesem Dienste geweihtes Schwert, öffnet der Leiche die Brust und taucht die Talismane des Gottes, die ihm um den Hals hängen, in das rauchende Blut ein. Dann reisst er das Herz oder die Leber heraus, und verzehrt ein Stück davon als Zeichen, dass er nun seine Rache an dem Feinde befriedigt habe. Dem gemeinen Volk wird es nie gestattet, Menschenfleisch zu kosten; es ist das Vorrecht aber auch die Pflicht des fürstlichen Priesters” (Semper, Skizzen 62). Die Schädel der erschlagenen Feinde werden nach Hause mitgenommen, aber nicht nach der bei den Kopfjägern Luzons üblichen Sitte aufbewahrt (Semper, l. c.). Einen der Gefangenen pflegen sie nach glücklich erfolgter Heimkehr gleichsam als Dankopfer dem Tagbusau auf grausame Weise abzuschlachten (Mas, pobl. 40, Semper, l. c.). Wie bei den Negritos wird auch hier jeder Todesfall durch einen Mord eines armen arglosen Wanderers, dem sie im Walde auflauern, wettgemacht (Mas, pobl. 39). Die Manobos der Provinz Surigao scheinen nicht mehr so blutdürstiger Natur zu sein (Cavada II, 206). Ihre Kopfzahl bei Butuan wird auf 10 000 Seelen geschätzt (Jagor, Reisen 322). Mas (pobl. 14) betrachtet sie als Seitenzweig der Igorroten, wohl nur mit Bezugnahme auf ihre Kriegslust und Fressgelage.
Die Mamanuas sind ein Mischlingsvolk von Malaien und Negritos (Semper, Skizzen 49), der malaiische Typus wird wohl bald überwiegen, da sie beständig neue eheliche Verbindungen mit Malaien eingehen (l. c. 136). Sie führen ganz das Leben der Negritos (Semper, l. c. 53). Ihre Wohnsitze sind zwischen Surigao und der Laguna Maïnit, ferner nordwestlich von Llangan zu suchen. Ihre Anzahl ist gering.
Die Tagbalays wohnen nicht weit von der Ostküste Mindanao’s, in der Nähe von Bislig (Waitz V, 51). Ihr Name kommt auch in den Varianten Tago-Balvoys und Taga-Balooyes vor. Sie sind hellfarbig (Waitz, l. c.), deshalb [50]aber nicht mit japanischem Blute gemengt. Die Japano- und Chino-Manie wird mit Bezug auf die Philippinen bald ähnliche Übertreibungen und voreilige Behauptungen zu Tage fördern, wie die Kelto-Manie von anno dazumal in Deutschland. Mas (pobl. 14) bezeichnet sie als „Igorroten”, wohl aus ähnlichem Grunde, wie bei den Manobos. Ob die in der Ilustracion filipina 1860 n. 17, p. 193, erwähnten Tagabotes mit unseren Tagbalays zu identificiren sind, wage ich nicht zu entscheiden, da sonst (wenigstens in den mir zugänglichen Werken) dieser Volksstamm der Tagabotes nirgendswo anders erwähnt wird.
Die Bagobos wohnen in der Quellgegend des Rio de Butuan zwischen Manobos und Mandayas, dann zwischen dem Vulcane Apo und der Stadt Davao und bewohnen selbst mehrere Rancherías unmittelbar an der Küste, darunter Darum oder Daron (Cavada II, 221). Die Bagobos sind ein friedliches Volk (Cavada II, 206), obgleich sie sonst mit den Manobos Lebensweise und Waffen gemeinsam haben. Die Bewohner der Ebenen und Gestade sind rachitisch und kränklich (Cavada II, 223), was wohl nicht allein auf die Kreuzung mit von den Manobos gekauften Sclaven zurückzuführen ist, sondern vielleicht auch, dass sie eben als Bergstamm in den Sumpfniederungen verkümmern. Cavada rühmt ihnen Mässigkeit im Essen, Reinlichkeit und Vertragstreue nach. Sie sind ebenso wie die Manobos, Mamanuas und Tagbalays Heiden.
Nach Jagor (Reisen 322) wohnt dieser anderswo nicht genannte heidnische Stamm in denselben Districten, zwischen Apo und Davao, welche von den Bagobos bewohnt werden. Der Name dieses Volksstammes erinnert einigermaassen an den der Manguangas. Sie sind von heller Hautfarbe (Cavada II, 223).
Die Vilanes oder Bilanes sind ein den obigen ähnlicher Stamm, gleichfalls heidnischer Religion. Sie wohnen südlich von den Bagobos zwischen dem Gebirge und dem westlichen Gestade des Meerbusens von Davao (Jagor, Reisen 322; Cavada II, 220).
Die Tagacaolos hausen südlich von den Vilanen, in den westlichen Gestadelandschaften des Meerbusens von Davao und südlich vom Vulcane Apo. Tagacaolos wohnen auch als Nachbarn der Mandayas nördlich von der Balete-Bai. Ihren Namen scheinen sie vom Flusse Tagalaya herzuleiten, welcher auf jenem Berge entspringt. Ihr Hauptort heisst Malalag (Cavada II, 221). Sie sind ebenfalls Heiden, obwohl es unter ihnen genug Mohammedaner giebt, besonders im Süden, welche aber kaum äusserlich an den Lehren des Korans festhalten. Sie glauben an das Dasein eines übernatürlichen Wesens, das seinen Sitz auf dem Apo hat. „Diesem Genius des Guten und Bösen bringen sie, um ihn zu besänftigen, beständig Menschenopfer, insbesondere, wenn sie sich einbilden, dass er ihnen zürnt, oder auch nur, wenn sie sich vornehmen, Schwefel zu sammeln, damit er es ihnen gestatte” (Ausland 1881, S. 219).
Die Sanguils bewohnen die Halbinsel, welche durch den Meerbusen von Davao und die Sarangani-Bai gebildet wird. Mit den Vilanen und Tagacaolos sollen sie 76 000 Köpfe zählen (Jagor, Reisen 322).
Die Mandayas wohnen am Rio Hijo, der in die Bucht von Davao mündet (Cavada II, 222), am Oberlaufe des Rio Agusan und des Rio Sahug, ebenso trifft man Mandayas in dem Hinterlande der Küstenorte Caraga, Santa Maria und Zatagoza (Dr. Montano y Rey).. Dann bewohnen sie den südlichen Theil von Mindanao, von Linao an der Westküste bis zu den grossen Seen im Innern des Landes, sie sind dann auch weiter bis gegen Butuan anzutreffen (Jagor, Reisen 322). Die am Meerbusen von Davao wohnenden sind mit Manguangas vermischt (Jagor, l. c.). Ihre Hautfarbe ist eine sehr helle (Cavada II, 206 u. 223), diess hat Mallat zu der Annahme verleitet, dass sie Mischlinge von Japanen und Visayern sein sollen, was aus historischen Gründen sehr unwahrscheinlich ist; Sir J. Bowring’s Hypothese, nach welcher die Mandayas gar Abkömmlinge von Weissen und Eingeborenen wären, muss bei jedem Kenner der Geschichte Mindanao’s nur Unwillen erzeugen. Schwerwiegend ist jedoch, dass Prof. Semper sich für eine Vermengung mit Chinesen ausgesprochen hat (Semper, Skizzen 59), gegen diese Autorität wage ich es nicht, Etwas einzuwenden. — Sie sind von starker Gestalt und kräftigem Gliederbau, kriegerisch und stets zum Kampfe bereit, mit den Christen aber unterhalten sie freundliche Beziehungen (Cavada II, 206 u. 223). Ihre Waffen sind Lanze, Kris, Pfeil, Bogen und Bolomesser (Cavada II, 223). Während die Mandayas der Provinz Surigao Freunde einer herumschweifenden Lebensweise sind (Cavada II, 206), sind die Mandayas von Davao arbeitsame Leute (Cavada II, 223). Ihre Religion besteht in einem Ahnencultus (Semper, Skizzen 59).
Die Subanos bewohnen jene langgestreckte Halbinsel, welche den äussersten westlichen Ausläufer Mindanao’s bildet. Ihr Name bedeutet so viel als Flussbewohner (Combés 24). Die Geschichte ihrer Abstammung bei Barrantes (Guerras piráticas 417) ist sehr schön, aber für unsere Zwecke nicht [51]brauchbar. Neuere Schriftsteller und Reisende haben uns keine erweiterte Kenntniss dieses malaiischen Volksstammes gebracht, so sind wir denn noch immer auf Combés und Gemelli-Careri angewiesen. Sie sind kriegerisch, und ihre Kriegslust wird durch ähnliche Bräuche angefeuert, wie einst bei den Caragas, nur brauchte der Subano nur einen einzigen Feind zu tödten, um den rothen Kopfbund tragen zu dürfen. Obwohl bei ihnen Blutrache gilt, so kann diese leicht durch Goldstaub gesühnt werden. Geschlechtlichen Ausschweifungen huldigen sie in ebenso grossem Maasse, wie alle ihre Nachbarstämme. Ein Theil von ihnen ist zum Christenthume bekehrt, die übrigen sind Heiden und nur zum geringsten Theile Mohammedaner. Ihre Kopfzahl soll sich auf 70 000 belaufen (Jagor, Reisen 322).
Die Manguangas wohnen in der Cordillera Sugut auf Mindanao und erstrecken sich bis zu dem grossen See von Boayan oder Magindanao. Sie zählen nach einer älteren Schätzung gegen 80 000 Seelen (Jagor, Reisen 322). Sie sind Heiden; über ihre sonstigen Sitten und Bräuche ist mir Nichts bekannt.
Die Sameacas sind die (heidnischen?) Bewohner des Gebirgsinnern der Insel Basilan. Bis zum XVI. Jahrhundert bewohnten sie auch die Küsten dieses Eilands, da landete aber der Prätendent des Reiches Mindanao, der Paquian Tindig, mit seinen Anhängern und Sclaven auf Basilan und trieb die ursprünglichen Herren des Landes in die Gebirgswälder hinein, wo sie noch heute in völliger Unabhängigkeit leben (Pazos 10). Bei der Dürftigkeit der Nachrichten über diesen Volksstamm lässt sich die Frage gar nicht in Untersuchung ziehen, ob nicht die Sameacas mit den Guimbas zusammen nur einen Stamm repräsentiren.
Die Guimbas sind die Bewohner der Gebirgswildnisse der Hauptinsel von Sulu. Bei Combés, Fray Juan de la Concepcion und Anderen kommen noch folgende Varianten ihres Namens vor: Guinbajanos, Guimbanos, Quimpanos. Sie sind nach den spanischen Geschichtsschreibern der Philippinen zu derselben Zeit von den einwandernden Mindanaos in das Gebirge geworfen worden als Basilan. Die Jesuiten nannten sie „gente montaraz”, d. h. ebenso wie die heidnischen Bergstämme Luzons, sie sind also in jenen Tagen (1578–1646) Heiden gewesen, während sie sich jetzt wenigstens zum Theil — bei Carondon — zum Islam bekehren liessen, wenigstens nennt Pazos (Joló 194) die in der Nähe Carondons wohnenden Guimbas Moros guimbas montescos.
Der Name Guimbas wurde ihnen von den mindanaoischen Eroberern verliehen, er soll soviel wie Trommler bedeuten, da es bei ihnen Sitte ist, im Kriegsfalle durch den Lärm zahlreicher Trommeln sich Muth einzuflössen. Zu demselben Zwecke kauen sie die Wurzel Panayaman(g), welche die Eigenschaft besitzt, den Körper gegen die Schmerzen der Wunden unempfindlich zu machen. Ihre Tapferkeit und ihr Muth sind in der That ausserordentlich, und die Spanier haben zu der Zeit, wo sie im XVII. Jahrhundert vorübergehend (1638–46) Sulu besetzt hielten, mehrmals von ihnen Schlappen erlitten, ein Mal sogar eine ordentliche Niederlage. Ihre Waffen sind Lanzen, Schilde und Panzer, letztere aus Carabao-(Büffel-)Haut verfertigt, woraus zu schliessen ist, dass sie wenigstens den Carabao als Hausthier besitzen, und da dieses Thier auf den Philippinen nur als Ackerbaumedium benutzt wird, so ist der Schluss gerechtfertigt, dass sie Reisbauer sind. Überdiess besitzen sie auch Pferde (Koner 124). Pazos nennt sie auch nur Halbwilde (semisalvages). Bemerkenswerth ist, dass sie nach Pazos (Joló 10) besonders auf den nördlichen Abhängen des Gebirgsstockes von Sulu wohnen, so dass auf den Südabhängen Platz wäre für die Idanes Dalrymple’s, da ich aber leider kein Exemplar Dalrymple’s auftreiben konnte, so ist es mir unmöglich, auf diesen letzteren Volksstamm näher einzugehen. Nach der Bemerkung in Waitz (V, 46), dass der Name Idan eine Collectivbezeichnung für verschiedene Idiome sprechende heidnische Stämme sei, ist eine Identificirung der Idanes de Joló mit den Guimbas auch nicht unmöglich, man vgl. übrigens das bei den Negritos Erwähnte.
Unter obiger Bezeichnung fasse ich jene mohammedanischen Malaienstämme zusammen, welche an der Westküste von Mindanao, am Rio Grande de Mindanao, den beiden grossen Seen südlich von diesem Strome an der Laguna de Malanao, an der Küste des Panguil-Busens, in einigen Dörfern an der Nordwestküste Mindanao’s zwischen Zamboanga und Misamis und welche ferner die Küstenbevölkerung der grösseren und die Gesammtbevölkerung der kleineren Sulu-Inseln bilden. Sie werden von den Spaniern je nach ihrem Aufenthaltsorte als Joloanos, Camucones (Bewohner der Inseln südwestlich von Tawi tawi), Tirones (Bewohner der Inseln zwischen Tawi tawi und Borneo), Moros de Balabac, Samales (Bewohner der Inseln südlich von Basilan), Basilanes, Jacanes (auch auf Basilan), Illanos oder Ilanos (an der Baia Illana), Lutaos (bei Zamboanga), Malanaos (am See Malanao), Mindanaos (Mündungsgebiet des Rio Grande und die Küste Ost-Mindanao’s von Pollok bis zur Südspitze der Insel), Tegurayes oder Tinivayanes (Flussgebiet des Rio Grande de Mindanao) bezeichnet. [52]
Sie sind Mischlinge von den in den diesbezüglichen Ländern erbgesessenen Visayer- oder (auf Mindanao zum Theile) Manobos-, Mandayas-, Subanos-Stämmen und von den von Borneo und den Molukken her einfallenden mohammedanischen Stämmen. Balabac ist von Borneo her mit dieser neuen Bevölkerung versehen worden. Gerade als die Spanier unter Legazpi, 1565–1572, sich des Archipels bemächtigten, machten sie einer grossartigen, continuirlichen, wenn auch geräuschlosen und friedlichen Invasion von Borneo-Malaien ein Ende, damals waren, wie Morga, Fr. Gaspar de S. Augustin, Fray Juan de la Concepcion uns melden, in allen Theilen der Philippinen, mit Ausnahme der nördlichen Landschaften Luzons, Borneaner nicht nur als Kauffahrer, sondern auch als mohammedanische Proselytenmacher und Stifter neuer Dynastien und Reiche thätig. Die Vasallenfürsten der Sultane von Manila und Tondo waren alle Borneaner, sowie vielleicht ihre Herren selbst. Noch 1585 (Brief des Bischofs Salazar in den Cartas de Indias, Fol. 651) zahlten die Bewohner der Calamianen den Spaniern und dem Sultan von Borneo zugleich Tribut. Nach Argensola, Combés, Fr. Juan &c. hat Mindanao seine mohammedanische Bevölkerung durch Einwanderung von Ternate erhalten, wie denn auch im XVI. und Anfang des XVII. Jahrhunderts die Sultane von Mindanao und Buhayen in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnisse zu den Sultanen von Ternate standen, welches sich erst löste, als letztere sich den Holländern unterwarfen und in den Kämpfen zwischen letzteren und den Spaniern eine bedeutende Einbusse an Macht und Gebietsumfang erlitten. Am gemengtesten erscheint die Bevölkerung von Sulu. Die Nachrichten von Dalrymple30, Crawfurd30, Hunt30 und Forrest widersprechen zum Theil sehr jenen Nachrichten, welche uns die spanischen Historiker des XVI. und XVII. Jahrhunderts bringen. Es ist zu bedauern, dass W. Koner in seiner Monographie des Sulu-Archipels (Erdk. 1867, II, 105 f.) nur englischen und holländischen Quellen gefolgt ist, denn jene spanischen mönchischen Geschichtsschreiber bringen sehr zuverlässige Nachrichten, die meist von Missionären ihrer Orden stammten, welche lange Jahre in jenen Ländern zugebracht hatten, ja Combés war selbst geraume Zeit in Mindanao thätig. Auch die französischen, englischen und holländischen Quellen weichen sehr voneinander ab. Das eine aber scheint sicherzustellen, dass die heutigen Dattos oder Feudalfürsten Sulu’s von Mindanao, indirect also von Ternate herstammen, einige Dattos stammen auch von Butuan ab, letzteres aber war auch von Ternate her colonisirt und dann die maurische oder Moslimbevölkerung von den Spaniern verjagt worden31. Doch schon vor dieser Invasion hatten auf jener Hauptinsel Sulu sich auch Javanen (Bastian V, 275; man vgl. auch Koner 123) gezeigt, auch kamen einmal Einwanderer aus Johore (Bastian, l. c.). Vermischungen mit Dayaks sollen auch Statt gefunden haben (Novara-Reise, Ethnogr. Theil 32), was vielleicht auf eine Vermengung mit Dayaksclavinnen zu deuten ist. Eine Zeit hindurch (vor Magallanes) gehörte die Insel auch zum Reiche Bandjermassing von Borneo und erhielt von dort auch Zuzug (Koner 122). Übrigens dürften die heutigen Sulus und Mindanaos physisch sich gar nicht von den Visayern unterscheiden, denn seit Jahrhunderten haben sie Tausende von Visayern von ihren Raubzügen aus den Philippinen heimgebracht, welche bei ihnen, man kann es ruhig sagen, zu 95% blieben und mit ihnen zu einem Volke verschmolzen. In Sulu selbst dürfte auch eine verhältnissmässig nicht unbeträchtliche und historisch nachweisbare Vermischung mit Chinesen Statt gefunden haben, indem diese seit dem XVII. Jahrhundert sich in der Hauptstadt zu einer fluctuirenden, nur aus Männern bestehenden Handelscolonie niederliessen, deren Mitglieder gewiss ebensogut mit eingeborenen Weibern Kinder zeugten, wie in den spanischen Philippinen. Die anderen fremdartigen Beimengungen sind gar nicht der Rede werth, die Zahl der arabischen Prediger und der spanischen, mejicanischen und peruanischen Renegaten des XVI., XVII. und XVIII. Jahrhunderts war eine zu geringe, als dass sie einen Einfluss auf die Rassenbildung hätte äussern können.
Was ihr Äusseres anbelangt, so sind sie von mittlerer Körpergrösse mit normalem Brustkorbe und schlanker Taille; der Kopf ist rund und klein, die Augen sind von dunkler Farbe und horizontal und weit gespalten, die Lippen sind schmal, die Nase ist stumpf geformt, die Hautfarbe ist gelblichfahl; die Kopfhaare—welche von den Männern meist rasirt werden—weisen eine tiefschwarze Farbe auf und sind rauh anzufühlen, die Augenbrauen sind spärlich, dasselbe gilt vom Barte, der oft gänzlich fehlt; bemerkenswerth ist noch die Sitte, die Zähne schwarz zu färben, auch fällt auf, dass die Beine meist säbelförmig auswärts gebogen sind (Garín 126).
Alle diese mohammedanischen Piratenstämme, diese „Moros” der Spanier, haben ausser der Religion ein gemeinsames charakteristisches Merkmal, das sie scharf von den übrigen Malaienstämmen der Philippinen scheidet, und das ist die Feudalverfassung. Nur an der Bai von Manila fanden die Spanier Legazpi’s ähnliche Verhältnisse, doch hier war eben bereits fremder, speciell borneanischer Einfluss im Spiele.
Was zunächst die Feudalverfassung anbelangt, so zerfallen alle die ehemaligen und zum Theile noch existirenden Sultanate von Sulu, Mindanao, Buhayen, Butig, Sibugney &c. [53]in eine grosse Anzahl von kleinen Lehensfürstenthümern, deren Chefs den uns schon bekannten Namen Datto führen. Selten herrscht ein Datto über mehr als ein Dorf, und beständig fanden neue Gründungen von solchen Datto-Herrschaften Statt und zwar in der Weise, dass ein Datto- oder Sultans-Sohn mit einigen Sclaven auf einen Piratenzug auslief und mit den geraubten Sclaven eine neue Niederlassung in einer noch unbewohnten Gegend oder Insel gründete, welche durch neue Sclavenjagden immer neuen Zuwachs erhielt. Die Dattos sind die eigentlichen Herren gewesen, neben denen der Sultan nur die Rolle des primus inter pares spielte, ohne deren Einwilligung er auch nicht den geringsten politischen Act vornehmen durfte. Combés, Dampier, Forrest, Sprengel, Deguignes, Renouard de St.-Croix, Koner, Barrantes und Pazos haben darüber manches interessante Detail veröffentlicht, von welchem ich hier das Interessanteste und Wichtigste hervorheben will, wobei ich mich nur auf die Verhältnisse im Sultanate Sulu und dem von Mindanao (jetzt der spanische District Cotta-bató) beschränke.
In beiden Ländern war das Sultanat erblich, doch gab es keine geregelte Thronfolge, sondern der Sultan besass das Recht, sich seinen Nachfolger aus seinen nächsten Nachkommen und Verwandten zu erwählen, doch übten die Dattos dabei ein Anerkennungsrecht aus. In Mindanao giebt es folgende Adelsstufen: Tuam, so viel wie Herr, Junker; Orancaya so viel wie Magnat und Cachil gleich Prinz von königlichem Geblüte. Auf Sulu ist diese Hierarchie eine viel verwickeltere, der Sultan geniesst mehrere Titulaturen und zwar immer Maulana, so viel als Majestät; ist er der Enkel eines Sultans, so führt er noch den Titel Paduca, ist er der Sohn eines solchen, so fügt er noch den Titel Majarasin, d. h. der Reine und Erhabene, hinzu. Der Thronfolger in Sulu heisst Rajá-Muda. Einzelne Dattos bilden eine Art Ministercollegium: der Grossvezier (Datto Interino der Spanier), der Generalissimus der Landtruppen und Kriegsminister (Datto Realao), der Oberstlandrichter (Datto Mitsainguir). Wird ein grosser Kriegszug unternommen, so tritt an die Spitze der Streitkräfte der Pauliman, Orancaya oder Salicaya, je nachdem zu Lande oder zu Wasser, oder zu Wasser und zu Lande der Krieg geführt werden soll. Jeder Datto hat einen Grossvezier, der Monabe genannt wird.
Der Sultan versammelt in allen wichtigen Angelegenheiten die Dattos um sich, um ihre Einwilligung einzuholen. Auf allen Vertragsurkunden müssen die Unterschriften der Dattos neben die des Sultans gesetzt werden, sonst wäre der Vertrag ungültig.
Da die Macht und das Ansehen der Dattos vornämlich nur auf der Zahl der Sclaven beruhte, so suchten sich die Mindanaos und Sulus durch grossartige Piratenzüge, welche mitunter sich bis nach Banka und Billiton erstreckten, vorzugsweise aber gegen Celebes und die Philippinen gerichtet waren, solche zu verschaffen. Schon vor Ankunft der Spanier stand die Piraterie in schönster Blüthe (Mas I, 28). Geführt von Renegaten überfielen sie mit ihren leichten und seichtgehenden Schiffen die Küstenniederlassungen, verbrannten die Dörfer, vernichteten das auf den Feldern stehende Getreide, hieben die Fruchtbäume um und schleppten die Dorfbewohner in die Sclaverei, lange bevor die tiefgehenden spanischen Kriegsschiffe zur Rettung anlangen konnten. Von je drei Gefangenen erhielt der Datto, der die Expedition ausrüstete, zwei, einer gebührte der Mannschaft. Man kann sich einen Begriff von der Ausdehnung dieser Piratenzüge machen, wenn man erfährt, dass diese Piraten in 30 Jahren 20 000 Gefangene in den Philippinen allein gemacht hatten (Jagor, Reisen 180). Selbst die Einführung von seichtgehenden Dampfkanonenbooten befreite die Philippinen nicht von dieser Plage. „Die leichten, flachen, sehr stark mit Ruderern bemannten Boote (der Piraten) sind so geschwind, dass nur die schnellsten Dampfer ihnen folgen können, diese verrathen sich aber schon aus grosser Ferne an ihrer Rauchsäule, so dass die nur wenige Fuss über das Wasser ragenden und folglich in sehr geringer Ferne unsichtbaren Pancos gewöhnlich vollauf Zeit haben, zu entwischen” (Jagor, Reiseskizzen 86). Auch die wiederholten Expeditionen, mit welchen früher die Spanier diese Piratennester durch Niederbrennen zu vernichten suchten, halfen Nichts, es bemerkte hierüber schon in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts ein spanischer Stabsofficier im Kriegsrathe zu Manila: „Sie (die Piraten) verändern die Lage einer Stadt mit derselbigen Leichtigkeit, wie wir den Ankerplatz eines Schiffes, und es liegt ihnen wenig daran, sie zehn Leguas weiter oben oder weiter unten neu zu begründen, denn überall finden sie Berglehnen zum Feldbau, gutes Schiffsbauholz, Nipa-Palmen zum Dachdecken und Mangel-Sümpfe, um sich bei drohender Gefahr zu verbergen” (Fr. Juan XIII, 378). Man vergleiche übrigens über die Schwierigkeit, sie in ihrem eigenen Lande zu bekämpfen, die gute Bemerkung in Pazos, Joló, p. 378. Erst durch die Eroberung Sulu’s und die kostspielige Occupation des Mündungsgebietes des Rio Grande de Mindanao ist die Piraterie einigermaassen, aber nicht gänzlich unterdrückt worden.
Der Islam ist zwar die herrschende Religion, an der seine Bekenner mit fanatischem Eifer hängen, aber die Vorschriften des Korans werden nur oberflächlich erfüllt, der Genuss des Schweinefleisches und spirituöser Getränke ist allgemein. Auf Sulu heisst die höchste geistliche Autorität Sarif (Scherif), dann folgt der Jabdi und endlich die Panditás. Die Polygamie gestattet natürlich der Islam, gewöhnlich aber begnügt sich auch der Vornehme mit einem Weibe, Koner will hierin den Einfluss der gefangenen Christinnen bemerken. [54]Bei diesen Piratenstämmen ist der Knechtsdienst, den der Bräutigam seinem Schwiegervater in spe bei den Tagalen und Visayern zu leisten hat, nicht gebräuchlich. Der Bräutigam kauft die Frau von ihrem Vater für Schiffe, Kanonen, Feuerwaffen, Munition &c.; ist der Schwiegervater ein nobler Mann, so giebt er seiner Tochter eine aus ähnlichen Dingen bestehende Mitgift. Am Vorabende der Hochzeit führt der Pandit die Brautleute jedes in ein besonderes Häuschen, wo sie sich beide festlich schmücken. Am anderen Tage geleitet der Pandit unter Trommelwirbel den Bräutigam in das Häuschen seiner Braut, welche unter Zeugen, besonders Flaggen, verborgen liegt. Der Pandit wiederholt drei Mal die Frage, ob der Bräutigam jenes Weib zu ehelichen wünsche, welches unter dieser Hülle sich befände. Kaum hat der Bräutigam diess bejaht, so springt die Braut aus ihrem Verstecke hervor und läuft davon, verfolgt von dem Bräutigam und den Gästen. Hat der Bräutigam oder vielmehr Gatte sein Weibchen eingeholt, so zieht er sich auf ein einsames Plätzchen zurück, um sofort das matrimonium zu einem consumatum zu machen. Diese Ceremonie ist nur beim Einholen der legitimen Frau—„Dayana” genannt—üblich. Die Sittenlosigkeit ist bei der affenartigen Geilheit dieser Piraten zügellos, und die Zustände, wie sie Dampier in Mindanao fand, sind auch bis heute sich gleichgeblieben. Das Abtreiben der Leibesfrucht findet sehr häufig Statt (Garín 176).
Bei schweren Erkrankungen32 suchen die Panditen durch Recitiren von Koransuren und Gebeten den Patienten zu heilen. Stirbt ein Vornehmer, so werden Kanonenschüsse abgefeuert und vor dem Hause desselben Trommeln geschlagen und mit verschiedenen Musikinstrumenten ein höllisches Concert angestimmt. Der Todte wird, nachdem der Priester ihn gewaschen, in ein weisses Kleid gehüllt und angethan mit seinem Kris in einer Kiste unter grossem Spectakel begraben. Die Hinterbliebenen tragen zum Zeichen der Trauer einen weissen Turban und verbringen acht Tage mit Wehklagen auf dem Grabe des Dahingeschiedenen. Die Panditen beten noch länger, bis zu 40 Tagen, und werden dann von den Hinterbliebenen reichlich beschenkt.
Der Ackerbau obliegt den Sclaven (Sácopes) und umfasst Reis, Mais, Camote und verschiedene Gemüse, auch Cacao wird gepflanzt, Cocoswälder bilden aber den Hauptreichthum. Der Viehstand weist Pferde, Rinder, Büffel, Ziegen, Hühner und Tauben auf.
Die Bauart der Hütten unterscheidet sich nicht von der der Tagalen und Visayer, nur werden dieselben mit Vorliebe direct über dem Wasser erbaut. Bambusstege führen von einem Hause zum andern, so dass durch Wegziehen derselben jedes Haus isolirt im Wasser dasteht. Am Lande pflegen sie feste Forts aus Palissadenzäunen, welche durch Korallenblöcke vor Kanonenkugeln gesichert sind, zu errichten.
Die Tracht besteht aus Jacke, weiten Hosen, einem Turban oder einer fezähnlichen, aber aus leichterem Stoffe verfertigten Mütze. Auch die Weiber tragen, wenigstens auf Sulu, Hosen (Garín 124), auf Mindanao aber auch Röcke. Die Dattos führen schön bemalte Schilde mit sich, als Waffen dienen Feuergewehr, Bogen und Pfeil, Lanze, Kris und ein gegen das Ende zu breiter werdendes krummes Schwert. Seltener sind Panzer aus eisernen Maschenhemden, oder aus zusammengefügten Muschelschalen oder Büffelhaut verfertigt, manche schützen den Körper durch den Cambut, einen dicken Gürtel aus grober Baumwolle, der mehrmals um den Leib herumgeschlungen wird. Die meisten begnügen sich mit dem Schutze, den ihnen ihre Schilde gewähren, welche aus hartem Holz, das mitunter noch mit Büffelleder überzogen ist, in zweierlei Grössen verfertigt werden; die runden Schilde decken nur den halben, die eckigen den ganzen Körper, letztere werden auch an den Bordwänden der Schiffe aufgerichtet, um als Brustwehr zu dienen. Die Landbefestigungen und Schiffe sind mit zahlreichem (meist geraubtem) Geschütz des verschiedenartigsten Calibers versehen, doch wissen die Piraten sie nicht gut zu bedienen.
Ohne Compass schwärmen sie mit ihren leichten Schiffen bis nach Singapore hin. Ihre Fahrzeuge zeichnen sich alle durch besondere Schnelligkeit und geringen Tiefgang aus, einen Kiel besitzen nur die Panco, Guban und Garay genannten Schiffsgattungen. Der Panco hat die Form und den Tonnengehalt einer flachen Küstenbrigantine und hat, wie alle Schiffe dieser Piratenstämme, keinen einzigen Nagel oder Eisenbestandtheil aufzuweisen. Die übrigen Boote, Salisipans, Barotos, Lancans, Vintas, Dalamas, sind nur aus einem ausgehöhlten Baumstamm verfertigt und mit Ausliegern—„Batangas”—versehen. Alle Schiffe sind auf Fortbewegung durch Ruder eingerichtet, letztere—Gayong genannt—haben die Form der Ruder europäischer Galeeren. Das Steuerruder ist bei den grösseren Schiffen mitunter in derselben Weise und Form angebracht, als diess bei europäischen Schiffen der Fall ist, meistentheils sind es aber blos zwei oder ein Schaufelruder am Buge. Die Mastbäume sind dreigetheilt in eine Spitze zusammenlaufend, ähnlich den drei Stützen der Malerstaffelei. Die Segel sind stets viereckig und das Segelzeug bunt gefärbt.
Pazos (Joló 7) schliesst seine Beschreibung ihrer Schiffe mit folgenden Worten: „Der leichte Bau ihrer Fahrzeuge ermöglicht bei ihrem geringen Gewichte und seichtem Tiefgang eine schnelle Fahrt; wenn sich die Piraten verfolgt [55]sehen, so segeln sie kaltblütig, weil für sie ohne Gefahr, durch die gefährlichsten Klippenreihen durch, wohin ihnen auch die kleinsten Kanonenboote nicht folgen können, und falls einmal (innerhalb der Klippen oder am Strande) die Seichtigkeit des Wassers die Weiterfahrt unmöglich macht, dann wirft sich die Mannschaft einfach in’s Wasser und schleift das Boot in’s tiefere Wasser oder trägt es selbst auf seinen Schultern dahin, worauf die Bemannung wieder an Bord steigt und ruhig seine Fahrt fortsetzt, auf diese Weise nur zu oft die Verfolgung, welche unsere Kreuzer anstellen, illusorisch machend”.
Sie sind leidenschaftliche Tabakraucher und Betelkäuer, aber diese Reizmittel genügen ihnen nicht, sie rauchen auch Opium aus langen Rohrpfeifen (Garín 127; Pazos 205). Unter den Betel wird gewöhnlich Opium, ja auch Theriak gemengt (Garín I, 27). Musik und Tanz wird gepflegt, letzterer wird gewöhnlich nur von Mädchen33, Sclavinnen, zumeist zur Ergötzung der Dattos aufgeführt. Ihnen eigenthümliche Instrumente sind der Agun oder Agon und Culintangang (Ilustr. del Oriente 1877, n. 10, p. 4), der Agun ist nichts Anderes als eine metallene, auf einer Seite offene Kugel, während der Culintangang aus mehreren geschlossenen Metalldecken besteht, welche mit zwei Holzklöppeln geschlagen werden.
Die Industrie reducirt sich auf Schiffsbau, Waffenschmiedekunst und grobe Hauswebewaaren, dagegen ist der Handel blühend. Besonders Sulu ist der Hauptsitz der Trepang- und Perlfischerei, sowie des Handels mit Salangan-Schwalbennestern, Ambra und Schildkrotschalen. Die Chinesen concentriren den Handel ganz in ihre Hände. Der schwungvolle Handel, welchen die Sulus und Mindanaos durch Verkauf der gefangenen Christen in Batavia betrieben, hat bereits im vorigen Jahrhundert aufgehört.
Sie lassen nicht nur Hähne, sondern auch Büffel gegeneinander kämpfen.
1 Pili, eine Art Canarium.
2 Scheidnagel (S. 58) sagt treffend: Obwohl man sich sehr viel Mühe gemacht, sie zu dem Lichte des Christenthums heranzuziehen, so hat man doch nach meinem schlichten Verstande sehr wenig für die Pflege der wahren Moral gethan.
3 Der Patianac scheint überhaupt vor allem Nackten seine Macht zu verlieren. Er ist jener Spukgeist, der den Reisenden vom rechten Wege abbringt und ihn sich verirren lässt. Geschieht diess den Tagalen, so ziehen sie sich nackt aus und strecken die entblössten Genitalien gegen den Wind, worauf der Patianac seine Kraft einbüsst (Mas, l. c.).
4 Barangay ist der Name einer in der Zeit der Conquista gebräuchlichen Schiffsgattung.
5 Bei dem Missbrauch der auf den Philippinen mit dem Namen der Igorroten getrieben wird, ist es kein Wunder, wenn man hie und da von „igorrotes de Zambáles” liest, es sind diess eben unsere wilden Zambalen.
6 Auf den Philippinen ist das Tabaksmonopol eingeführt.
7 Diess scheint ihr ursprünglicher Name zu sein, denn P. Mozo sagt (Misiones, p. 62): „La primera nacion se llama Igolot, y corrompiendo letras, suelen llamarla Igorrota”. Auch Morga nennt sie „Ygolotes” (Morga-Stanley 284).
8 Nicht Hirsche wie Bastian (Reisen V, 272) erzählt.
9 Festlichkeiten rein privater Natur, welche mit ihren religiösen Anschauungen gar Nichts zu thun haben, werden Regnas genannt, wenn sie vom ganzen Dorfe gefeiert werden, sind sie aber nur von einer Familie veranstaltet, so heissen sie Bumaguil. Hier werden keine Asiteras beigezogen (Lillo 30).
10 Die Pungianen bei Pungian, die Quianganen bei Quiangan und die Silipanen bei Silipan.
11 Nach Mas, pobl. 27, Rohrstückchen.
12 Mas, pobl. 5 und 12. Buzeta I, 54. Ilustracion 1860, 152.
13 Dass sie nicht feige sind, geht daraus hervor, dass Hügel 1834 unter der Garnison Manila’s auch einige Tinguianen bemerkte, wobei er die Notiz macht: „Für die Regimenter werden diese Männer vor allen anderen gesucht”. Heute ist diess nicht der Fall, da die Conscription eingeführt ist.
14 Diess und das Folgende nach Nr. 22 der Ilustracion 1860.
15 Aus dessen Namen „Adam” gemacht wurde (von den Mönchen).
16 Hauptwaffe der Apayaos.
17 Die Apayaos tragen denselben Lendenschurz wie die Igorroten.
18 Ausnahmsweise ist der Name dieses Gottes in deutscher Orthographie nach Semper’s Schreibweise wiedergegeben.
19 Deutsche Orthographie.
20 In Semper, Erdk. X, 265, wird nur von geraden Linien gesprochen, in den Skizzen, 55, auch von krummen.
21 Falsche Orthographie: Bicol.
22 Nach Buzeta I, 205, besitzen die Vicols ein eigenes Feldmaass, den Pisoson, gleich einer viereckigen Fläche von 100 cast. Brazas Länge und 50 Brazas Breite.
23 Es sind darunter die Piraten gemeint, welche von Sulu und Mindanao aus im XVI., XVII. und XVIII. Jahrhundert die Philippinen brandschatzten und um die Mitte des vorigen Jahrhunderts durch mehrere Jahrzehnte sich auf verschiedenen Punkten Mindoro’s festgesetzt hatten.
24 Man findet oft die falsche Schreibweise Bisayas oder Bisayer, mitunter auf älteren deutschen Karten auch Bissaier.
25 Wohl zu unterscheiden von der gleichnamigen Insel, welche nördlich von Mindanao liegt und gleichfalls von Visayern bewohnt wird.
26 Bellaco spanisch: Spitzbube.
27 Spanisch: Kälberbesitzer.
28 Spanisch: Etwas, was in einer Sache zwei Mal vorkommt oder enthalten ist.
29 Dasselbe gilt von dem Namen Mananapes.
30 Nur indirect benutzt.
31 Gerade kurz vor der Ankunft der Spanier hatten von Moslims bedrängte Bohol-Visayer ihre Insel verlassen und sich in Dapitan auf Nord-Mindanao festgesetzt.
32 Die häufigsten Krankheiten sind Syphilis, Elephantiasis, Dysenterie und Fieberkrankheiten. Masern-Epidemien sind nicht sehr häufig, sind aber, sobald sie auftreten, sehr verheerend.
33 Tänze, welche nur von einem Mädchen getanzt werden, heissen Panjalays; der Kriegstanz führt den Namen: Sayan oder Moro-Moro.
Der Verkehr zwischen China und den Philippinen muss in das frühe Mittelalter hineinreichen, denn schon 1372 wird in chinesischen Werken—und zwar in dem Buche Ming-tsche—erwähnt, dass eine Gesandtschaft von Liú-sung, d. i. Luzon, in China angelangt wäre, und dass schon vor diesem Zeitpunkt Sulu in Intervallen von fünf zu fünf Jahren Tribut nach Amoy gesandt hätte (Ilustr. del Oriente 1877, n. 12, p. 10). Man hat auch in Visayergräbern, welche aus einer Zeitperiode lange vor der Conquista herstammen, bunt gemalte chinesische Schüsseln gefunden (Jagor 209). Der Handelsverkehr zwischen China und den Philippinen muss später stark zurückgegangen sein, denn als Don Miguel Lopez de Legazpi 1565 in den Visayern anlangte, da erfuhr er daselbst, dass die chinesischen Schiffe nur Luzon besuchten (Fr. Gaspar de S. Augustin, p. 95 f.). Die ersten Chinesen trafen die Spanier 1571 bei Mindoro, und die freundliche Behandlung, welche ihnen zu Theil wurde, bewirkte, dass im folgenden Jahre drei Dschunken in Manila erschienen (Fr. Gaspar 251). Von da an fand ein regelmässiger Verkehr zwischen ihnen und den Spaniern Statt, die Zahl der chinesischen Schiffe wuchs mit jedem Jahre, und dieses freundliche Verhältniss erlitt selbst keine Trübung, als 1574 der chinesische Piratenkönig Limahon drei Mal Manila angriff, welches nur durch die Energie und Tapferkeit des ritterlichen Salcedo vor dem Untergange gerettet wurde. Erst 1575 gelang es Salcedo, Limahon aus dem Golfe von Lingayen, wohin er sich nach der Niederlage von Manila zurückgezogen hatte, zu verjagen. Erst im Jahre 1585 wird erwähnt, dass in Manila eine Niederlassung von chinesischen Krämern, Sangleyes genannt, existire, und zwar zählte selbe über 1000 Köpfe (Brief des Bischofs Salazar in den Cartas de Indias, Fol. 640). Sie handelten mit chinesischen Waaren und waren ferner Fischer, Gärtner, Handwerker, Apotheker (!) und Maler. Schon damals mussten die Chinesen Abgaben entrichten, denn in dem Decrete, mit welchem 1588 Philipp II. sämmtliche Angelegenheiten der neuen Colonie regelte, wird die Hälfte der Abgaben, welche von den Chinesen gezahlt wurden, dem Municipium der Stadt Manila als Einnahme zugewiesen (Fr. Juan de la Concepcion II, 132).
Die Ermordung des Gouverneurs Gomez Perez Dasmariñas durch die chinesische Bemannung seines Admiralschiffes (1593) flösste zuerst Misstrauen gegen die Sangleyes ein, bis dann im Jahre 1603 in Manila die Chinesen, welche bereits 30 000 Seelen zählten, sich gegen die Spanier erhoben. Der Aufstand wurde niedergeschlagen, 23 000 Chinesen waren auf dem Schlachtfelde gefallen oder am Richtplatze gestorben. Trotzdem waren 1605 16 000 Chinesen wieder im Parian (Ghetto und Bazar) von Manila angesiedelt, deren Zahl im Jahre 1639 bis auf 40 000 angeschwollen war (Fr. Gaspar, 374). Im November dieses Jahres erhoben sich die Chinesen von Neuem, gerade in einer Zeit, wo die Spanier mit Holland und den Sultanen von Sulu und Mindanao im Kriege lagen. Erst im März 1640 wurde der [56]Aufstand bewältigt, nur 7000 Chinesen überlebten das Ende desselben. Die spanischen Behörden liessen sich durch diese Vorfälle zu keinem Verbote der chinesischen Einwanderung bewegen, und so verbreiteten sich dieselben in allen Provinzen. Einzelne Chinesen nahmen Antheil an dem Aufstande der Pampangos vom Jahre 1660, dadurch wurde die Erbitterung gegen sie allgemein. Als bald darauf der König Kogseng von Formosa den Gobernador Manrique Lara mit Krieg bedrohte, erhoben sich neuerdings die Chinesen Manila’s, wurden aber besiegt und die Überlebenden, ausgenommen die Christen, ausgewiesen. Die Chinesen-Einwanderung nahm zwar geringere Dimensionen an, hörte jedoch nicht auf. Um der Gefahr eines nochmaligen Aufstandes zu begegnen, ordnete ein kgl. Erlass vom 17. Juni 1679 an, dass alle heidnischen und die ledigen christlichen Sangleyes Manila’s in dem ihnen zugewiesenen Parian oder Ghetto, die verheiratheten aber in den Vorstädten Binondo und Santa Cruz sich niederlassen sollten. Auch die in den Provinzen lebenden Chinesen sollten womöglich in besonderen Quartieren vereinigt werden. Diese Verordnung scheint nicht befolgt worden zu sein, oder es haben vielleicht die Colonialbehörden Vorstellungen beim Rathe von Indien dagegen erhoben, denn sie wurde am 14. November 1686 neuerdings erlassen. Als 1709 der kühne Eroberer von Verapaz, der Graf Lizarraga, Gouverneur der Philippinen wurde, vertrieb er alle Chinesen, welche nicht im Dienste der Regierung standen oder sonst für Gewerbe und Industrie unentbehrlich waren. 1721 plünderten sieben chinesische Dschunken in den Calamianen, sie wurden zwar von den Spaniern genommen, auch waren die Sangleyes von Manila an dem Vorfalle unschuldig, aber man begann sie immer argwöhnischer zu beobachten, zumal ihre Zahl im steten Wachsthum begriffen war.
Man suchte nun durch hohe Auflagen die unentbehrlich gewordenen Chinesen von massenhafter Zuwanderung abzuschrecken, im Jahre 1732 allein trug die Licenzengebühr, welche die chinesischen Krämer für die Ausübung ihres Handels zahlten, 24 000 Dollar dem Staatsschatze ein, abgesehen davon, was die mit der Chinesenaufsicht betrauten Organe unterschlugen. 1745 verbreitete sich in Manila das falsche Gerücht, die Chinesen wollen die Spanier niedermetzeln, weshalb man eine grosse Anzahl Verdächtiger auswies. Bereits 1747 war ein Decret erlassen worden, welches alle heidnischen Chinesen von den Philippinen verbannte, erst 1757 wurde es aber ausgeführt und zugleich der Handel mit China durch Erlass einer Anzahl Verordnungen geregelt. Die meisten der aus Manila vertriebenen Chinesen, 4000 an der Zahl, wanderten nach Sulu aus. Obwohl 1759 neuerdings Ausweisungen vorkamen, so war bereits 1762 der Parian wieder stark bevölkert. Als die Briten Manila’s sich bemächtigten, schlossen sich die Sangleyes ihnen an und fochten gegen die Spanier, weshalb der spanische Generalissimus Anda alle in den Provinzen lebenden Chinesen aufknüpfen liess. Als 1763 die Briten Manila räumten, zogen auch die Chinesen ab, und eine kurze Zeit hindurch gab es keine Chinesen auf den Philippinen. Da sie aber unentbehrlich geworden waren, so gestattete man ihnen wieder, sich niederzulassen. Der Gobernador Basco (1778–87) suchte durch die Anlage eines neuen Chinesenviertels den Handel Manila’s noch mehr zu heben, stiess aber dabei auf so heftige Opposition, dass er den Gedanken aufgeben musste. Dagegen gründete er bei Candava eine Ackerbaucolonie von 200 christlichen Chinesen (Diaz Arenas 114), doch ging selbe unter seinen Nachfolgern ein. 1790 richtete der Gouverneur Marquina ein Gesuch an den Hof, in welchem er die Erlaubniss unbeschränkter Importation und Einwanderung von Chinesen verlangte. In Madrid aber erneuerte man 1804 die alten Ausweisungsdecrete, nur die verheiratheten Chinesen und jene, welche mit der Bebauung des Landes beschäftigt waren, durften bleiben. Bei Gelegenheit der Cholera-Epidemie im Jahre 1819 fand wieder ein grosses Chinesenmassacre Statt, welches die ausgerückten Truppen nicht zu hindern vermochten. 1828 wurde das Steuerwesen und die Selbstverwaltung der Chinesen und Chinesengemeinden neu regulirt, ebenso 1839 Anordnungen getroffen, um die Ertheilung der Licenzen für chinesische Krämer zu reformiren. Die weisen Maassregeln wurden durch ein Gesetz im Jahre 1843 vervollständigt, von nun an sollten die chinesischen Schiffe im Hafen- und Zoll-Verkehr den übrigen ausländischen gleichgestellt werden. 1850 erliess die Colonialbehörde ein Decret, welches vor Allem die Einwanderung chinesischer Ackerbauer und Feldarbeiter befördern wollte, es blieb jedoch ohne ein Resultat.
Die Chinesen, welche nach Manila kamen und kommen, waren und sind entweder Krämer oder Handwerker, es giebt nur wenige Ackerbauer und Feldarbeiter unter ihnen, so 1867 unter 20 293 nur 425 Ackerbauer. Diess ist um so merkwürdiger, als die Leyes de Indias nur die Niederlassung von ackerbautreibenden und Dienerstellen einnehmenden Chinesen gestatten (Cañamaque, Recu. I, 278; Scheidnagel 71). Nach Jagor (Reisen 274) hindert sie die Feindseligkeit der Indier daran, welche den Chinesen mit grimmigem Hasse und Neide begegnen1. Nach einigen Werken (Cañamaque, Recu. I, 202; Scheidnagel 70) ist die Einwanderung chinesischer Frauen gesetzlich untersagt, es muss aber wohl ein Irrthum der resp. Verfasser oder eine Nachlässigkeit der [57]Behörden vorliegen, denn nicht allein Dr. Jagor (Reiseskizzen 227) erwähnt die Anwesenheit derselben; nach den statistischen Angaben in Cavada (I, 373, II, 339) lebten 1870 unter den 23 242 Chinesen der Philippinen 193 Frauen.
Die Chinesen pflegen sehr jung nach den Philippinen zu kommen, wo sie zuerst bei einem reich gewordenen Landmanne als Commis oder Lehrling einzutreten pflegen. So lange er die spanische oder tagalische Sprache noch nicht erlernt hat, beschäftigt sich der Neuling lediglich mit Handlanger- und Packer-Arbeiten. Hat er sich hinreichende Sprach- und Geschäftskenntniss erworben, dann beginnt er mit dem Hausirhandel, um sich dann später einen Laden einzurichten. In verhältnissmässig kurzer Zeit hat sich der betriebsame Zopfträger ein kleines Capital erworben, mit dem er sich in die Heimath zurückzieht. Der gesammte Kleinhandel ist in ihren Händen vereinigt, „den Aufkauf der Colonialproducte in den Provinzen für die Ausfuhr theilen sie etwa zur Hälfte mit Indiern und Mestizen” (Jagor, Reisen 274). In jedem grösseren Pueblo ist wenigstens ein Chinese anzutreffen. Über die Zahlungsfähigkeit ihrer Kunden sind sie stets gut unterrichtet (Ilustracion 1860, n. 14, 158). Alle Handwerke werden von ihnen betrieben, selbst das unedle Gewerbe der Kurpfuscherei und Charlatanerie findet unter ihnen zahlreiche, vielgesuchte Vertreter (Buzeta, I, 20).
Da die spanischen Gesetze nur christlichen Chinesen gestattet zu ehelichen, und die Aufmerksamkeit der Geistlichkeit Concubinate unmöglich macht oder wenigstens sehr erschwert, so lassen sich viele taufen, sobald sie einen „guten” Pathen finden. Die Abschliessung einer Ehe hindert aber den Chinesen nicht, sobald er ein Vermögen sich erworben, Weib und Kinder im Stiche zu lassen und in sein Vaterland zurückzukehren, weshalb die Indierinnen, wenn sie mit einem Chinesen eine Ehe eingehen wollen, sich ein Capital sicherstellen lassen.
Die Chinesen der Philippinen theilen alle Laster ihrer Nation, insbesondere huldigen sie übermässigem Genusse des Opiums, welcher in den bekannten Opiumpfeifen geraucht wird. Nur den Chinesen gestattet die spanische Regierung den Genuss dieses gefährlichen Reizmittels, für welche Erlaubniss sie eine Abgabe zahlen müssen, welche für 1877 auf 2 345 340 Reales de vellon veranschlagt wurde (Illustration de l’Oriente 1877, n. 3, p. 9).
Wo die Chinesen in grösserer Anzahl vorhanden sind, wie in Manila-extramuros, bilden sie autonome politische Gemeinden, welche nach Art der Indier-Pueblos gegliedert sind. Sie zahlen einen bedeutend höheren Tribut als die Indier, und 50 Tributzahler bilden auch hier eine Cabecería, deren Tribut der Cabecilla del Tributo oder Champan einzunehmen hat. An der Spitze der Gemeinde steht der Gobernadorcillo oder Capitan, dessen Amtsgehülfen der Teniente, Alguacil mayor und die Bilangos (gleich den Jueces der Indiergemeinden) sind. Die Wahl dieser Magistratspersonen erfolgt in derselben Weise, wie jene der Indiergemeinden. Der Gobernadorcillo, der Teniente und der Alguacil mayor müssen immer Christen sein.
Was die Zahl der Chinesen anbelangt, so betrug sie:
1585 | 1 000 | Seelen | |
1603 | 30 000 | Seelen (in Manila allein) | |
1639 | 40 000 | Seelen (nach Fr. Gaspar, nach Anderen nur über 30 000) | |
1815 | 5 000 | Seelen allein in der Provinz Tondo | |
1828 | 5 708 | Seelen davon in der Prov. Tondo (Manila) 5279 | |
1830 | 8 640 | Seelen | |
1834 | 5 000 | Seelen | |
1836 | 9 038 | Seelen allein in der Prov. Tondo | |
1837 | 10 168 | ||
1838 | 10 877 | ||
1839 | 11 575 | ||
1840 | 5 729 | ||
1842 | 10 000 | Seelen | |
1847 | 5 736 | allein in der Prov. Tondo | |
1848 | 7 422 | ||
1849 | 9 331 | Seelen | |
1850 | 9 158 | Seelen nach Diaz Arenas | |
9 901 | Seelen nach Buzeta und Bravo | ||
1870 | 23 242 | Seelen | |
1876 | 30 797 | Seelen | |
1880 | ca 20 000 | Seelen in Manila allein. |
Die Mischlinge von Chinesen und Malaiinnen wurden früher Mestizos de Sangley genannt, jetzt beginnt dieser Name allmählig durch die Bezeichnung Mestizos chinos verdrängt zu werden. Diese Mischlinge sind kräftig gebaut und besitzen die väterliche Sparsamkeit und Gewerbfleiss, weshalb ein grosser Theil des Kleinhandels, ja selbst der Bankgeschäfte (im kleinen Umfange) in ihren Händen ruht. In Tracht und Gewandung nähern sie sich den vornehmen Indiern oder spanischen Mestizen, von der Mutter haben sie die leidenschaftliche Vorliebe für den Tabak und das Buyokauen geerbt, vom Vater aber stammt ihr Hang zum Opiumrauchen her (Cañamaque, Recu. II, 195). Wo die chinesischen Mestizen in grösserer Anzahl zusammen wohnen, bilden sie autonome Gemeinden, wie die Chinesen. Bei ihnen genügen 25 bis 30 Tributos zur Constituirung eines Baranguay. Vor 1783 zahlten sie denselben Tribut wie die Indier, damals aber wurde er um das Doppelte erhöht, [58]und seit jener Zeit zahlen sie Abgaben, welche stets höher sind als die der Indier, aber niedriger als jene der Chinesen. Ihre Zahl ist eine verhältnissmässig grosse, sie bilden den Bürgerstand der Philippinen, im Gegensatze zu den Weissen und deren Abkömmlingen, von denen die ersteren den militärischen oder bureaukratischen, die letzteren den Landadel darstellen. 1842 zählte man 240 000, 1850 180 000, 1867 210 816 chinesische Mestizen, wobei zu bemerken ist, dass man diesen Zahlenangaben kein unbedingtes Vertrauen schenken darf, denn bei der Volkszählung werden nur die Tributos, wenigstens bis vor Kurzem, gezählt; ein Tributo ist aber die Steuer, welche zwei erwachsene Personen, quasi ein Ehepaar, zusammen entrichten, es sind also die Kinder, die erwerbsunfähigen und über 60 Jahre alten Personen bei der Tributzahlung nicht berücksichtigt, weil sie von der Zahlung des Tributes befreit sind. Um nun die Bevölkerungsziffer herzustellen, multipliciren die spanischen Statistiker die Zahl der Tribute mit 4½, manche mit 5, andere mit 6, wodurch die oft widersprechenden Zahlenangaben hinreichend aufgeklärt sind. Nach meinen mühseligen und langwierigen Untersuchungen verhält sich im Allgemeinen die Zahl der spanischen Mestizen (diese zahlen keinen Tribut) zu jener der chinesischen durchschnittlich wie 1:16, nach älteren Daten berechnet, da in der neueren Zeit die spanischen Mestizen nicht mehr besonders in den Censuslisten geführt werden.
1 „Alle Versuche, grössere Unternehmungen mit chinesischen Arbeitern zu betreiben, sind bisher durch die inländischen Arbeiter vereitelt worden, die jene nicht dulden, sie durch offene Gewalt oder heimliche Verfolgung vertreiben” (Jagor 252).
2 Nähere Details in meinem Aufsatze über diesen Gegenstand in den Nummern 1–3 des Jahrgangs 1881 der Österreichischen Monatsschrift für den Orient.
Die weisse Bevölkerung der Philippinen war nie eine beträchtliche. Sie erhielt am Anfange des XVII. Jahrhunderts einen Zuwachs durch jene portugiesischen Familien, welche nach der Eroberung der Molukken durch die Holländer sich nach den Philippinen flüchteten. Was unseren Archipel von allen übrigen spanischen Colonialländern scharf schied, war das gänzliche Fehlen eines weissen Grundbesitzerstandes; die Hacenderos und Mineros von Neu-Spanien und Peru waren hier nicht vorhanden, denn die Philippinen lieferten bis zur Regierung des thätigen Gobernadors Basco nichts Nennenswerthes an Bodenproducten, sie waren nur ein Entredépôt des chinesisch-spanischen Handels. Nach dem westphälischen Frieden wanderten nur Wenige ein, kein Wunder, wenn man bedenkt, dass man von Spanien nach Manila nur den Weg über Mejico und durch den Stillen Ocean nehmen durfte, und dass der jährliche Verkehr zwischen Neu-Spanien und Manila sich nur auf ein einziges Schiff beschränkte. Die Einwanderer waren Beamte, Soldaten, Mönche, politische Verbrecher, mitunter auch Abenteurer dunkler Vergangenheit und wenige Kaufleute. Fast die gesammte weisse Bevölkerung concentrirte sich in Manila, die von den ersten Conquistadoren begründeten Städte mit spanischer Bevölkerung und Municipalverfassung verödeten, wie Cebú, N. Cáceres, N. Segovia oder wurden wieder zu Indier-Dörfern, wie Arevalo auf Panay. Die wenigsten von den Eingewanderten trugen sich mit dem Gedanken, sich hier bleibend niederzulassen, sondern kehrten nach einer Reihe von Jahren in ihr Vaterland zurück, da überdiess die Zahl der eingewanderten Frauen eine geringe war, so konnte sich nicht jene mächtige Creolenkaste bilden, die in Spanisch-Amerika noch heute dominirt.
Als das Festland von Amerika sich von Spanien losriss und eine Militärrevolte in Manila Statt fand, verwies die spanische Regierung alle die zahlreichen Mejicaner und Peruaner, welche seit Basco zahlreich nach den Philippinen gewandert waren. Die Regierung erschwerte auch in einer dem Gedeihen der Colonie sehr hinderlichen Weise die Ansässigmachung von Weissen auf dem Lande, und erst in neuerer Zeit haben Erleichterungen Platz gegriffen. Trotzdem nimmt die Einwanderung der Weissen mit jedem Jahre zu, und demgemäss beginnt sich auch eine zahlreiche Creolenkaste zu bilden, da viele von den Einwanderern sich bleibend niederlassen. Die weisse Bevölkerung steigert sich auch in den Provinzen. Die Ordensgeistlichkeit besteht ausschliesslich nur aus Weissen.
Die spanischen Mestizen widmen sich nur dem Plantagenbau als kleine Grundbesitzer oder sie wählen sich die Beamtenlaufbahn. Jene der niederen Klassen tragen europäische Beinkleider und Schuhe, über den Pantalons aber das Hemd, dann eine bunte Cravatte und Cylinderhut. Die Zahl der Mestizen ist in Wirklichkeit viel grösser als die Censuslisten aufweisen, indem bei der Nachgiebigkeit der Indierinnen, besonders der Frauen, von den Spaniern viele Kukukseier gelegt werden, wenn ich mich dieser vulgären Redewendung bedienen darf. Nach Jagor (Reisen 64) fällt einem in allen Gegenden, wo Spanier häufig sind, die weisse Farbe der Eingeborenen auf, was auf eine starke Blutmengung [59]hinweist, wenn auch diese officiell als „Indios” angeführt werden. „Mädchen, die als Geliebte von Europäern Kinder bekommen, rechnen sich dieses fast zur Ehre. Noch mehr ist diess der Fall, wenn das Kind vom Pfarrer ist” (Jagor 129). Die spanischen Mestizen zahlen ebenso wie die Weissen keine Kopfsteuer.
Weisse | Mestizen | Zusammen | |||
1575 | 5401 | ? | ? | ||
1830 | 6 000 | ? | ? | ||
1842 | 1 500 | Spanier | 20 000 | 25 000 | |
3 500 | Creolen | ||||
1849 | ? | 8 4752 | ? | ||
1850 | 4 0503 | 8 584 | 12 634 |
Die neueren Censuslisten lassen die Zahl der Weissen und spanischen Mestizen nicht mit Sicherheit feststellen, da sie die von der Kopfsteuer befreite Bevölkerung, d. h. die Weissen und deren Abkömmlinge, nach der Beschäftigung aufzählen, andererseits die in der Armee und Flotte Dienenden zusammen mit den Indiern aufgeführt werden. Die Differenzen in den obengenannten Zahlen weisen einerseits nur auf blosse Schätzungen hin, dann sind ein Mal die europäischen Soldaten mit eingerechnet, ein anderes Mal wieder nicht.
In den vergangenen Jahrhunderten bis zu den Jahren 1821–23 bestand die Linientruppe der Philippinen, soweit sie sich nicht aus Eingeborenen ergänzte, zumeist aus mejicanischen Indianern und Mestizen. Zwar blieben die Soldaten auch nach vollendeter Dienstzeit im Lande und verheiratheten sich mit eingeborenen Frauen, aber ohne irgendwie eine selbständige Kaste zu bilden, sie gingen einfach in den Malaien auf. Dasselbe gilt von den Negern, Kaffern und Papuas, welche in geringer Anzahl nach den Philippinen im Beginne der spanischen Conquista von portugiesischen Sclavenhändlern gebracht wurden; da aber bereits Philipp II. durch ein Decret die Aufhebung der Sclaverei auf den Philippinen bewirkte4, so blieben die Philippinen von dem Fluche einer Negerkaste befreit. Die wenigen Sclaven, welche 1565–90 den Spaniern aus Siam, Cambodscha und Borneo zugeführt wurden, kommen gar nicht in Betracht.
Fernando Magallanes erreichte am 16. März 1521 die Insel Jomonjol in der Surigao-Gruppe und wurde so der Entdecker der Philippinen, denen er den Namen S. Lazarus-Archipel verlieh, doch hat diese Benennung wenig Anklang gefunden, und wir werden sehen, dass diese so reiche Inselgruppe bis zum Empfange des heutigen Namens von den Spaniern gewöhnlich „Islas de Poniente” genannt wurde, d. h. die Inseln des Westens, während sie die Portugiesen die „Islas del Oriente”, d. h. die Inseln des Ostens, hiessen. Magallanes trat mit den Bewohnern Jomonjols in freundlichen Verkehr, setzte aber, sobald seine Kranken sich ein wenig erholt hatten, seine Reise fort, auf welcher er die grosse Insel Leyte und zwar die Südostküste entdeckte, zwischen welcher und der kleinen Insel Panaon er zu dem Inselchen Limasaua1 gelangte, deren Radjah ihn freundlich aufnahm. Von dort begab er sich nach Butuan an der Nordküste von Mindanao. In Butuan zog er genaue Erkundigungen über die grosse Insel ein, insbesondere über die Ostküste derselben, deren Namen Caraga sein Chronist Pigafetta in Calagan verzerrte. Da aber in Mindanao keine Lebensmittel aufzutreiben waren, so kehrte Magallanes nach Limasaua zurück, deren Radjah sich ihm selbst als Lootsen erbot, um die Spanier nach dem Centrum der Visayer-Inseln, nach Cebú zu führen. Die Expedition brach also unter der Führung des Radjahs auf und segelte zunächst nach Norden, entlang den Gestaden Leyte’s. Diese grosse Insel führt bei Pigafetta zwei Namen, der südliche Theil wird dort Ceylon, der nördliche nach einem Orte der Westküste Baybay genannt. Von Baybay wandte sich die Expedition nach Westen, erreichte die kleine Inselgruppe der Camotes, segelte dann Südwest und gelangte so zur Insel Cebú2 und nach Passirung des Canales, welcher Cebú von [60]der Insel Mactán trennt, nach der wichtigsten Stadt jener grossen Insel, welche ebenfalls Cebú hiess.
Da es nicht meine Aufgabe ist, eine Geschichte der Fahrt Magallane’s zu geben, sondern nur die auf die Philippinen bezüglichen Entdeckungen kurz zu registriren, so sei erwähnt, dass nach dem unglücklichen Ende des kühnen Magallanes seine Expedition sich nach der Westküste von Bohol wandte und von dort zwischen der Südspitze von Negros und der Insel Siquijor ihre Richtung gegen Südwesten nahm. Die Spanier entdeckten einen neuen Theil der Mindanaoküste und zwar jenen, welcher westlich von Dapitan beginnt und ungefähr bei der Punta Gorda endigt. Nach dem im Osten der Punta Gorda befindlichen Cap Quipit nannten sie die ganze Strecke, die sie vielleicht für eine besondere Insel ansahen, Isla de Quipit ó Quepindo. Dann folgte die Entdeckung von Palawan, welches von den Spaniern Paragua genannt wird; die Spanier entdeckten ferner auf ihrer abenteuerlichen Flucht von Borneo Sulu (Hauptinsel), die Südküste von Mindanao und die Serangani-Inseln, von wo aus sich die Reste der Magallanes-Expedition nach den Molukken wandten und somit das Gebiet der Philippinen verliessen.
Durch diese spanische Expedition wurden die Portugiesen auf die Philippinen aufmerksam, sie schickten einzelne Schiffe dahin ab, welche aber keine neuen Entdeckungen machten. In Spanien hatte man sich inzwischen entschlossen, eine neue Expedition nach den Molukken auslaufen zu lassen, nachdem ein in Elvas und Badajóz tagender Congress spanischer und portugiesischer Geographen und Seefahrer resultatlos auseinandergegangen war; der Congress hatte über die Frage entscheiden sollen, ob die Molukken zum spanischen oder zum portugiesischen Weltantheil gehörten. Die neue Expedition bestand aus sieben baskischen Schiffen, welche unter dem Befehle des Johanniters Don Fray García Jofre de Loaisa standen, zu dessen eventuellem Nachfolger der erste Weltumsegler Don Juan Sebastian de Elcano bestimmt war. Nach schweren Verlusten erreichte die Expedition die Südsee, wo rasch hintereinander Loaisa und Elcano starben; den Oberbefehl übernahm nun Toribio Alonso de Salazar, welcher, nach kurzem Aufenthalte in den Ladronen, am 8. October 1526 die Islas de Poniente erreichte und zwar an der Ostküste von Mindanao. Salazar wurde so der Entdecker der Caraga-Küste. Er lief in den Hafen von Liangan ein, starb aber bald, worauf der muthige Baske Martin Iñiguez (Yañez) de Carquizano Chef der Expedition wurde. Carquizano versuchte nach Cebú zu gelangen, widrige Winde hinderten ihn daran, und so begab er sich nach den Molukken, wo er mit seinen Leuten gegen die Portugiesen kämpfte. Salazar soll den Islas de Poniente zuerst den Namen „Philippinen” beigelegt haben, doch ist diess ein Irrthum. So war durch Loaisa’s Expedition nur die Ostküste von Mindanao entdeckt worden.
Eine Expedition nach den Islas de Poniente und den Molukken sollte bald darauf Neu-Spanien verlassen. Auf Befehl Kaiser Karl’s V. rüstete der glorreiche Eroberer von Méjico D. Fernando Cortés in dem kleinen pacifischen Hafen Neu-Spaniens Zacatula oder Civatlanejo eine Flotte von drei Schiffen aus, welche unter der Führung des D. Alvaro de Saavedra am 31. October 1527 auslief. Da das Hauptziel dieser Expedition der Molukken-Archipel war, so berührte Saavedra nur flüchtig die Philippinen und zwar an der Ostküste von Mindanao, von wo er nach den Molukken aufbrach, so dass diese Expedition nicht in der Lage war, neue Entdeckungen in dem Archipel zu machen. Von den Molukken aus versuchte Saavedra zwei Mal ohne Erfolg durch das Stille Meer nach Méjico zurückzukehren, wobei Sulu von den Spaniern wieder aufgesucht wurde.
Durch den Vertrag von Zaragoza vom Jahre 1529 entsagte Kaiser Karl V. seinen Ansprüchen auf die Molukken, und da die Islas de Poniente nach den damaligen Anschauungen ziemlich werthlos erschienen, so hörten alle Versuche von spanischer Seite auf, sich mit der Entdeckung und Colonisation dieses Archipels zu befassen. Die Portugiesen selbst waren zu sehr mit den Molukken beschäftigt, als dass man in den Regierungskreisen an eine nähere Durchforschung des Archipels gedacht hätte, nachdem die Spanier aus diesen Theilen der Welt verdrängt waren. That auch der portugiesische Staat nichts, so versuchten es doch Privatleute, für ihren Glauben und die Herrschaft ihres Vaterlandes Propaganda zu machen. Ein portugiesischer Edelmann, Francisco de Castro, hatte bereits auf Mangcassar in Celebes als Missionär gewirkt, ohne selbst Priester zu sein. 1531 kam er nach der Insel Mindanao und bekehrte dort einige Fürsten, darunter den Radjah von Butuan, zum Christenthume3; es mögen auch noch andere Portugiesen auf dieser Insel geweilt haben, jedenfalls ist aber die Entdeckungsgeschichte der Philippinen durch sie nicht bereichert worden. Die Portugiesen machten sich bald darauf in Mindanao unmöglich, indem der portugiesische Capitän Pinto nach Abschluss eines Freundschaftsvertrages mit dem Radjah der Insel Surigao auf dessen Unterthanen Jagd machte, worauf die empörten Eingeborenen den verrätherischen Sclavenjäger zur schleunigen Heimkehr nöthigten. Die Jesuiten und Portugiesen behaupten, dass zu Anfang der vierziger Jahre des XVI. Saeculums der berühmte Apostel der Indier, Franciscus Xaverius auf Mindanao das Christenthum gepredigt hätte, was aber aus [61]triftigen Gründen bezweifelt wird4; jedenfalls hat er zur weiteren Aufdeckung Mindanao’s nichts beigetragen.
Einer von den Officieren des Loaisa, der wackere baskische Capitän D. Andrés de Urdaneta kehrte erst 1536 nach Spanien von den Molukken zurück, wo er unter den Fahnen des Sultans von Tidore rühmlich gegen die Portugiesen gefochten hatte. Dieser tüchtige Seemann und Haudegen suchte dem Kaiser Karl die Wichtigkeit der halbvergessenen Islas de Poniente hervorzuheben, welche nach seiner Vorstellung die Spanier für die Cession der Molukken entschädigen sollten. Eingehend wies Urdaneta nach, dass die Islas de Poniente innerhalb des spanischen Weltantheils lägen, während die Portugiesen das Gegentheil behaupteten. Wenn auch Karl damals mit wichtigeren Angelegenheiten beschäftigt war, so versäumte er es nicht, dem Rathe von Indien eine genaue Prüfung der Vorschläge Urdaneta’s anzuempfehlen. Da der berühmte amerikanische Conquistador D. Pedro de Alvarado ohnehin sich mit dem Plane trug, einen Zug durch das Stille Meer nach China zu unternehmen, und dieser spanische Held über eine hinreichende Anzahl von Schiffen und Soldaten gebot, so gab der Kaiser ihm den Befehl, nach den Islas de Poniente aufzubrechen, jedoch sollte er unter keiner Bedingung die Molukken oder irgend welche andere Besitzung der portugiesischen Krone berühren, noch auch in die Streitigkeiten der eingeborenen Fürsten und Portugiesen sich mengen. Alvarado begann auch sogleich sich zu rüsten; schon schien Alles zum Auslaufen bereit, als die Indier der Provinz Jalisco sich empörten. Alvarado zog gegen sie zu Felde, aber ein Sturz vom Pferde machte seinem abenteuerlichen Leben ein Ende.
Da das Geschwader segelfertig war, so beschloss der Vicekönig von Méjico, D. Antonio de Mendoza, es auch nach dem Tode des designirten Befehlshabers auslaufen zu lassen. Der Vicekönig trug das Commando zunächst dem in Méjico angelangten Urdaneta an, da aber dieser erklärte, die an die Führung der Expedition geknüpften Bedingungen und Vorschriften nicht annehmen zu können, so wurde der Oberbefehl einem Verwandten des Vicekönigs anvertraut, dem Ruy Lopez de Villalobos, von dem der alte Waffengefährte des Cortés, Bernal Diaz de Castillo, sagt: „que sabia mucho de alturas y del arte de navegacion”. Da, wie erwähnt, Alvarado seinen Zug bis nach China hatte ausdehnen wollen, so hatte er dementsprechend eine grosse Zahl von Schiffen zusammengebracht; der Vicekönig wollte das Ziel der Expedition auf die Islas de Poniente beschränken, und weil ohnediess der Aufstand in Jalisco der Flotte einen Theil der Besatzung entzog, so erhielt Villalobos den Befehl, sich nur die besten unter den Schiffen Alvarado’s auszusuchen, was denn auch geschah.
Am 1. November 1542 verliess Villalobos den mejicanischen Hafen Navidad (Natividad) mit fünf Schiffen und 370 Mann. Am 2. Februar 1543 erreichte er die Ostküste Mindanao’s und landete in der Caraga-Bucht. Bernardo de la Torre, Commandant der Landtruppen der Expedition, gab Mindanao5 den Namen Cesarea zu Ehren des Kaisers. Sein Versuch, auf den an der Südspitze Mindanao’s liegenden Sarangani-Inseln eine Niederlassung zu gründen, misslang wegen Mangel an Lebensmitteln. Die Portugiesen auf den Molukken erhielten hiervon Kunde und schickten einen Gesandten ab, welcher von Villalobos die sofortige Räumung des gesammten Archipels forderte, weil er zum portugiesischen Weltantheil gehöre. Der durch eine grosse Anzahl erhaltener Vorschriften in seinem freien Thun und Lassen behinderte Villalobos schickte hierauf ein Schiff nach Neu-Spanien zurück, um neue Instructionen zu holen, aber dasselbe musste durch widrige Winde genöthigt umkehren. Villalobos verliess in Folge der eintretenden Hungersnoth die Sarangani-Inseln und suchte nach Cebú zu gelangen. Jetzt begann eine wahre Odyssee für diese unglückliche Expedition, welche beständig mit widrigen Winden und Mangel an Lebensmitteln zu kämpfen hatte. Umsonst schickte Villalobos von Butuan aus Schiffe nach Bohol und anderen Inseln, die Spanier schwebten beständig in der Gefahr, den Hungertod zu erleiden. Zwei seiner Brigantinen gelangten nach der Insel Sámar und zwar an die Ostküste derselben, welche damals Ibabáo genannt wurde, während der westliche, gegen Leyte gewendete Theil den Namen Sámar schon führte, welcher heute der ganzen Insel zukommt, während der Name Ibabáo vollständig in Vergessenheit gerathen ist, obwohl im XVII. Jahrhundert die ganze Insel auch Ibabáo genannt wurde. Die Spanier des Villalobos nannten die Insel nach dem Radjah von Ibabáo Tendaya (oder Tandaya), Villalobos gab ihr aber nach dem Infanten Don Felipe den Namen Filipina, ohne jedoch den Namen auf den ganzen Archipel auszudehnen, wie gewöhnlich angenommen wird. Noch am 15. Juli 1552 nennt Fray Nicolas de Witte in einem an den Kaiser selbst gerichteten Schreiben die von Magallanes entdeckten Inseln „Islas de Poniente”6, was er gewiss nicht gethan hätte, wenn jener Archipel nach dem Sohne und Thronerben des Kaisers benannt worden wäre. Die Bezeichnung Neu-Castilien, welche Villalobos den heutigen Philippinen gab, gerieth ebenso schnell in Vergessenheit, wie der Name Islas de San Lazaro, den ihnen Magallanes verliehen hatte. Die [62]Unmöglichkeit, Lebensmittel zu erlangen oder Cebú zu erreichen, zwangen schliesslich nach langen Irrfahrten den spanischen Admiral, mit dem Reste seiner Leute nach den Molukken aufzubrechen und den Portugiesen halbverhungert sich zu ergeben, nachdem ein Versuch misslungen war, ein Schiff in südlicheren Breiten (längs Neu-Guinea) nach Neu-Spanien um Succurs zu senden. Der Befehlshaber dieses Schiffes, der seekundige Mönch Fray Gerónimo de S. Estévan y Jimenez, gab angeblich Neu-Guinea den noch heute gebräuchlichen Namen. Die auf Sámar durch Schiffbruch zurückgebliebenen Spanier wurden durch Schiffe des Sultans von Tidore nach den Molukken gebracht.
Nach dieser unglücklichen Expedition verlor Kaiser Karl V. alle Lust, sich weiter mit den Islas de Poniente zu beschäftigen, sie hatten ihn nur Blut und Geld gekostet, ohne auch nur einen Ersatz für die auf ihre Entdeckung verschwendeten Opfer zu bieten; erst als sein Sohn Philipp II. zur Regierung gelangte, begann man am spanischen Hofe sich wieder der Islas de Poniente zu erinnern. Es ist nur zu wahrscheinlich, dass Urdaneta es war, der den König auf jenen entlegenen Erdtheil aufmerksam machte. Philipp entschloss sich im Jahre 1558 nochmals, den Versuch zu unternehmen, die Islas de Poniente zu erobern, er richtete ein in den schmeichelhaftesten Ausdrücken verfasstes Schreiben7 an Urdaneta, in welchem er ihm mittheilte, dass der Vicekönig von Neu-Spanien den Befehl erhalten hätte, nach den Islas de Poniente (also Philipp kennt den Namen Philippinen nicht) eine Expedition auszusenden, und dass es der Wunsch des Königs wäre, dass Urdaneta an diesem Zuge Theil nehme. Urdaneta war inzwischen Augustinermönch geworden, und aus seinem Kloster in der Stadt Méjico schickte er dem Könige als Antwort auf dessen Schreiben ein ausführliches Memorial über die Schifffahrt in der Südsee und den ihm bekannten ostasiatischen Gewässern. Der Vicekönig hatte gleichzeitig den Befehl zur Ausrüstung jener Expedition erhalten, es stand ihm die Auswahl der Befehlshaber, der Schiffe und Mannschaft frei; die Richtung und Ausdehnung der Fahrt aber, kurz die ganze Direction der Unternehmung sollte dem erfahrenen Fray Andrés Urdaneta überlassen bleiben, der den Titel eines „Protector de Indios” erhielt. Auf Vorschlag des Urdaneta wurde sein Landsmann, der Baske Don Miguel Lopez de Legazpi zum Chef der Expedition ernannt, auch die Mannschaft der aus fünf Schiffen bestehenden Flotte bestand grösstentheils aus seekundigen Basken.
Am 21. November 1564 verliess die Expedition die Küste Neu-Spaniens; am 9. Januar 1565 wurden die Ladronen erreicht und am 13. Februar die erste Philippine, die kleine Insel Suluan, südlich von Sámar, der Legazpi den Namen Buen Señal (das gute Omen) gab. Da es nicht in meiner Absicht liegt, eine Geschichte der spanischen Eroberung der Philippinen zu geben, sondern mich nur mit der kurzen Registrirung der Entdeckungen zu beschäftigen, so erwähne ich, dass Legazpi zunächst Sámar aufsuchte und zwar den südlichen Theil, er nennt die Insel: „Ibabáo”. Von dort wandte er sich nach Leyte und landete bei dem uns schon durch Magallanes bekannten Inselchen Panaon. Da die Expedition trotz aller freundlichen Bemühungen die in die Bergwildnisse sich flüchtenden Eingeborenen zur Lieferung von Lebensmitteln nicht bewegen konnte, so entschloss sich Legazpi, am 14. März nach Mindanao zu gehen, entweder nach Butuan oder der Insel Camiguin, widrige Winde verschlugen ihn aber nach dem damals sehr schwach bevölkerten8 Bohol, so dass er auch hier keine Lebensmittel auftreiben konnte, zumal auch hier die Eingeborenen sich mit den Spaniern in keinen Verkehr setzten. Legazpi schickte nun das schnellste seiner Schiffe, den S. Juan, unter Capitän Isla nach Butuan, um mit dem Fürsten dieses Landes einen Freundschaftsvertrag abzuschliessen und Lebensmittel und Zimmt dort einzukaufen. Ehe noch Isla von seiner glücklichen Fahrt nach Butuan zurückgekehrt war, hatte Legazpi durch Vermittelung eines Steuermannes aus Borneo sich mit den Häuptlingen von Bohol befreundet und mit dem vornehmsten derselben Blutsfreundschaft (beide tranken gegenseitig ihr Blut) geschlossen. Legazpi schickte den Piloto Mayor der Flotte, Don Estévan Rodriguez, in Begleitung des borneanischen Steuermannes, mit geringer Bedeckung mit einem kleinen Fahrzeuge ab, um Cebú zu recognosciren und die Route dorthin sicherzustellen. Als dieses Schiff lange ausblieb, wurden zwei spanische Soldaten auf einem Boote der Eingeborenen dem ersteren nachgeschickt, sie kehrten mit der Nachricht zurück, dass von dem ersten Fahrzeuge nichts zu erblicken wäre, dagegen brachten sie die frohe Kunde, dass Cebú von Reichthümern strotze, bald darauf traf Rodriguez ein und bestätigte diese Nachrichten, auch Capitän Isla langte mit reicher Ladung an. Das kam zur rechten Zeit, denn schon hatten Hungersnoth und Enttäuschung (man fand nirgends Gold) die Leute unzufrieden gemacht und selbst unter dem Officierscorps den Wunsch nach einer Rückkehr nach Neu-Spanien hervorgerufen, Legazpi hatte sich genöthigt gesehen, einen Kriegsrath einzuberufen, der erst nach langen und stürmischen Debatten sich für das Bleiben entschied.
Am 22. April verliess Legazpi Bohol, statt aber direct nach Cebú zu gelangen, wurde er nach Dapitan an der [63]Nordküste von Mindanao verschlagen, wo ihm der Fürst desselben, Pagbuya, erst die Piloten gab, welche die Expedition glücklich nach dem Hauptorte Cebú’s brachten, wo Legazpi’s Schiffe am 27. April 1565 Anker warfen und zwar in der Ensenada de Mandave. Dort gründete Legazpi eine spanische Niederlassung, die er zuerst S. Miguel de Cebú nannte, deren Name er aber bald darauf in „Villa de Santísimo Nombre de Jesús” umänderte, als ein Soldat die Statue eines Jesuskindes fand, die wahrscheinlich von Magallanes’ Leuten zurückgelassen worden war. Fray Andrés de Urdaneta kehrte hierauf mit dem besten Schiffe nach Neu-Spanien zurück, um den Vicekönige den Bericht über den Stand der jungen Colonie zu erstatten und um Verstärkungen und Nachsendungen zu fordern9.
Auch in Cebú litten die Spanier Mangel an Lebensmitteln, denn die Eingeborenen bauten nicht mehr als sie selbst brauchten, und das nach Neu-Spanien abgegangene Schiff hatte die wenigen Vorräthe vollständig erschöpft. Legazpi schickte den Capitän Goyti ab, um Lebensmittel aufzutreiben, Goyti wurde so der Entdecker von der Westküste von Cebú und den gegenüberliegenden Gestaden von Buglás, das er nach seinen schwarzen Bewohnern die Isla de Negros (Neger-Insel) nannte. Im folgenden Jahre (1566) gelangte der Oberst Mateo de Sauz bis nach Panay, als er Reis einkaufen wollte, bei dieser Gelegenheit besuchte er die Westküste von Negros. Derselbe Sauz (ebenfalls ein Baske) entdeckte noch in demselben Jahre die Nordküste der Isla de Baybay (Nord-Leyte), die Inseln Bilaran und Panamao, sowie den nördlich von der Juanico-Strasse gelegenen Theil von der Westküste Sámars. Der unermüdliche Sauz begab sich noch in demselben Jahre und zwar zum zweiten Male nach Butuan, und besuchte auch die Ostküste Mindanao’s, deren nördliche Strecke er Küste Coavit (nach dem heute Cavit geschriebenen Cap) benannte, dort stiess er aber mit einem portugiesischen Schiffe zusammen, denn die Portugiesen waren gekommen, um durch Güte oder Gewalt die Spanier zur Räumung der heutigen Philippinen zu zwingen. Die Portugiesen erschienen auch in der Nähe von Cebú, kehrten aber wieder nach den Molukken zurück, da sie die Spanier stärker vorfanden, als ihnen berichtet worden war. Im März 1567 wurde die Entdeckung von Panay durch den Capitän de la Haya vollendet.
In demselben Jahre schickte Legazpi ein Schiff nach Neu-Spanien ab, welches einen genauen Bericht des spanischen Generals an seinen König zu überbringen hatte. In diesem Briefe nennt Legazpi den ganzen von ihm bisher entdeckten Archipel „Islas Filipinas”, welche Benennung noch heute allgemein üblich ist. Die Inselgruppe, welche Cebú, Bohol, Leyte, Sámar, Negros und Panay umfasst, also jenen Archipel, welchen die Spanier Islas Visayas heute nennen, bezeichnete er mit dem Namen Islas de Pintados, weil die Eingeborenen sich den Leib zu bemalen pflegten. Der Name Pintados für die Visayer10-Inseln und deren Bewohner erhielt sich bis in den Anfang des XVIII. Jahrhunderts. Das Jahr 1568 brachte wenig neue Entdeckungen, weil die Spanier, von einer portugiesischen Flotte in Cebú angegriffen, Mühe hatten, sich des plötzlichen Angriffes zu erwehren.
Da Cebú zu wenig Lebensmittel producirte, so verlegte Anfang 1569 Legazpi sein Hauptquartier nach dem reichen Panay und zwar an die Nordküste dieser Insel, wo die heutige Provinz Capiz sich befindet, von da an jagt eine Entdeckung die andere. Der Sevillaner Edelmann D. Luis Henriquez de Guzman entdeckte und eroberte die Inseln Masbate, Burías und Ticao, von dort gelangte er nach der Landschaft Albay, dem südlichsten Theile Luzons, er war also der erste Spanier, welcher die grösste Insel der Philippinen betrat, und das betone ich ausdrücklich, weil man oft der Ansicht begegnet, die Entdecker Luzons wären Goyti und Salcedo gewesen11. Ihn begleitete auf diesen Zügen der Augustiner Fray Alonso Jiménez. Die vollständige Unterwerfung dieser Gebiete führte unmittelbar darauf der Capitän D. Andrés de Ibarra aus. Damals führte Albay den Namen Ibalon oder wurde wenigstens so von den Spaniern genannt.
Zur selben Zeit unternahm der heldenmüthige Enkel Legazpi’s, Don Juan de Salcedo, an der Spitze von 30 Spaniern und 500 Eingeborenen eine Expedition nach der den Spaniern noch unbekannten grossen Insel Mindoro, deren Küsten er befuhr; er entdeckte noch überdiess die Insel Lubang und kam auf diese Weise in die unmittelbarste Nähe der Bay von Manila.
Inzwischen hatte Legazpi den Befehl vom König erhalten, den gesammten Archipel der Philippinen der spanischen Krone zu unterwerfen, deshalb trachtete er vor Allem darnach, Manila’s sich zu bemächtigen, dessen Kaufleute und Schiffe er in Mindanao wie den Pintados getroffen hatte und von dessen Reichthume sich die Spanier überschwengliche Vorstellungen machten. Während er sich mit [64]den Rüstungen zu diesem Zuge und dem Aufbau seiner Befestigungen in dem zu einer Ciudad (kgl. Freistadt) erhobenen Cebú (Santísimo Nombre de Jesús) beschäftigte, wurden der Maestre de Campo (Oberst) Goyti und Juan Salcedo mit mehreren Schiffen und 120 spanischen Soldaten und zahlreichen „Pintados” abgeschickt, um Luzon, insbesondere Manila, zu recognosciren (1570).
Die Expedition erreichte Luzon an den Küsten der heutigen Provinz Batangas, welche damals Comintana genannt wurde, hier trennten sich die beiden Führer, Goyti segelte nach Norden und wurde so der Entdecker der herrlichen Bai von Manila, Salcedo aber entdeckte den grossen Binnensee von Bombon, in dessen Mitte auf einer kleinen Insel der niedrige aber unheilvolle Vulcan von Taal sich befindet. Damals war das kurze Flüsschen, welches die Laguna de Bombon mit dem Meere verbindet, tief genug, um den seichtgehenden Schiffen Salcedo’s das Einlaufen in den See zu gestatten. Als aber Salcedo mit den Umwohnern der Lagune in Kampf gerieth und selbst verwundet wurde, zog er sich zurück und vereinigte sich erst vor Manila mit Goyti. In Manila wurden die Spanier plötzlich überfallen, woran vielleicht portugiesische Wühlereien Schuld trugen, wenigstens fand man nach der Erstürmung des hölzernen Forts des Sultans von Manila einen Portugiesen, welcher die Artillerie befehligt hatte. Ich glaube, dass jener Portugiese kein Agent seines Vaterlandes gewesen ist, die dürftigen Nachrichten gestatten den Schluss, dass er ein Deserteur oder Renegat gewesen sei. Nach der Züchtigung der verrätherischen Eingeborenen kehrten Goyti und Salcedo nach Panay zurück.
1571 erschien Legazpi in der Bai von Manila und gründete dort an der Mündung des Pasig die Hauptstadt der Philippinen, von welcher aus bald Expeditionen nach allen Seiten ausgingen, um Luzon oder Neu-Castilien, wie es Legazpi nannte, zu unterwerfen. Goyti drang in die Landschaft Pampanga vor und unterwarf sie der spanischen Krone, damals verstand man unter dem Namen Pampanga auch die heutigen Provinzen Bulucán, Nueva Écija und La Infanta, jedoch kam Goyti nicht bis an die Ostküste Luzons, das war Salcedo vorbehalten. Dieser kühne Conquistador segelte den Pasig hinauf und wurde so der Entdecker der wunderbar schönen Laguna de Bay, deren Gestade er seinem Könige zinspflichtig machte. An der Laguna erfuhr Salcedo, dass jenseits der Berge, welche im Osten und Südosten den See umgeben, Gold zu finden wäre. Salcedo brach sofort dahin auf, zwar missglückte sein erster Zug, er musste beim Vulcan Mahayhay oder Banahao wieder umkehren, aber mit frischen Verstärkungen versehen gelang es ihm, unter grossen Schwierigkeiten die Ostküste Luzons, die sogenannte Contracosta, zu erreichen, worauf er die Küsten von Camarínes12 bis zur Bai von S. Miguel befuhr und die Goldminen von Paracale und Mamburao entdeckte; beinahe gleichzeitig war die Insel Tablas, dann die luzonische Landschaft Calilaya (das heutige Tayabas) von spanischen Truppen unterworfen worden. Auch die Cuyos- und Calamianes-Inseln sowie das nördliche Palawan (Paragua) waren inzwischen entdeckt und unterworfen worden.
1572 brach Salcedo mit einem kleinen Geschwader von malaiischen Fahrzeugen aus Manila auf, um die nördlichen Küsten Luzons und die Ausdehnung dieser Insel überhaupt kennen zu lernen. Salcedo umsegelte ganz Nord-Luzon, entdeckte die Landschaften Zambales, Pangasinán (Lingayen), Ilócos und Cagayán und gab den Vorgebirgen Bogeador und Engaño ihre noch heute üblichen Namen. Auf der Fahrt längs der Ostküste entdeckte er die Insel Polillo. In der Bucht von Amanto endete diese abenteuerliche Expedition, Salcedo kehrte auf dem Landwege und über die Laguna de Bay nach Manila zurück, wo inzwischen sein Grossvater Legazpi im August 1572 gestorben war. Labezares, ebenfalls ein Baske, wurde jetzt Interims-Gouverneur, er schickte im Jahre 1573 den Salcedo nach Camarínes ab, um dieses von Salcedo selbst entdeckte Land der spanischen Krone zu unterwerfen, was ihm rasch gelang, wobei auch die gesammten westlichen Küsten von Camarínes entdeckt wurden (durch Cap. Chaves), so dass jetzt die Küste Luzons in ihrer gesammten Ausdehnung bekannt wurde, hauptsächlich durch Salcedo. Damit war die Aera der grossen Entdeckungen in den Philippinen zu Ende, es blieb nur die Nachlese übrig. Figueroa besuchte 1578 die einzelnen Inseln des Sulu-Archipels, und von Cagayán drangen die Spanier wenige Jahre später nach den Babuyanen vor. Damit war die Entdeckung der Philippinen abgeschlossen und weitere Forschungsreisen konnten sich nur mehr mit den Binnenlandschaften des Archipels befassen.
Fassen wir kurz das oben Erwähnte zusammen, so gelangen wir zu folgenden Resultaten, wenn wir die einzelnen Theile der Philippinischen Inseln der Reihe nach durchnehmen.
entdeckt von Magallanes 1521 und zwar die Insel Jomonjol, die Inseln Caburao, Siargao, Bucas und Dinagat von der Expedition unter Villalobos 1543. Die Insel Suluan wurde schon von Magallanes entdeckt, aber erst 1565 von Legazpi näher erforscht. Legazpi verlieh ihr auch den Namen Buen Señal.
1. Sámar: Ältere Namen sind Tendaya oder Tandaya, Achan, Camlaia, Filipina und Ibabáo. Letztere Benennung [65]erhielt sich am längsten, wurde aber Anfangs auf den östlichen Theil der Insel beschränkt, während die westlichen Gestade Sámar oder Samal genannt werden. Im XVII. Jahrhundert dient als Gesammtbezeichnung für die Insel der Name Islas de Ibabáo, wohl zu unterscheiden von dem Ausdrucke Costa Ibabáo, womit nur die Ostküste in dieser Zeit bezeichnet wurde; im XVIII. Jahrhundert gewinnt erst der Name Sámar Oberhand, und heute ist selbst der Name Ibabáo vergessen, die anderen Namen haben nur eine Eintagsexistenz gehabt, in französischen Werken des XVII. Jahrhunderts nur fand ich den Namen Tendaya und Filipina noch lange Zeit hindurch erhalten. Obwohl es nicht unwahrscheinlich ist, dass Magallanes wenigstens von der Ferne die Südspitze von Sámar erblickte, so sind mit Sicherheit nur zwei Schiffe von Villalobos’ Expedition (1543) als die ersten europäischen Schiffe nachzuweisen, welche Sámar, und zwar die südlichen und östlichen Gestade besuchten. Die übrigen Küsten desselben wurden erst 1566–1570 von den Spaniern der Legazpi’schen Expedition aufgefunden; speciell der an der Bernardino-Strasse gelegene Theil und die benachbarte Insel Capul wurden erst 1570 vom Capitän Ibarra aufgesucht und genau durchforscht.
2. Leyte mit Panaon, Limasaua, den Camotes, Bilaran, und Panamao. Pigafetta nennt den nördlichen Theil von Leyte Isla de Baybay, den südlichen Ceylon oder Seilani, weshalb noch in späteren nicht-spanischen Werken, welche ihre Kenntniss der Philippinen aus Pigafetta schöpften, die Insel Leyte den Namen Ceylon de Pigafetta führt, eine Benennung, die den spanischen Historikern selbst der älteren Zeit unbekannt ist. Magallanes besuchte die südlichen Hälften der Ost- und Westküste. Der übrige Theil der Küste wurde von Sauz 1566 besucht.
Die kleine Insel Panaon wurde 1521 von Magallanes entdeckt, desgleichen Limasaua, welches Mazava oder Massaua genannt und gelegentlich auch Dimasaua oder Dimausava (Dimasaba, Limasaba, Limasava) geschrieben wurde. Auch die Camotes-Gruppe, zwischen Leyte und Cebú, ist eine Entdeckung des Magallanes, während die nördlich gelegenen Inseln Bilaran und Panamao von dem Basken Sauz entdeckt worden sind.
3. Bohol (oder Bojol geschrieben, weil die Eingeborenen das spanische j mit dem h-Laute oft verwechseln). Bohol wurde von den ersten Conquistadoren auch Pohol oder Pool genannt. Bohol wurde von der Expedition des Magallanes in seinen westlichen und östlichen Theilen entdeckt. Die Südküste wurde erst von den Schiffen des Villalobos genauer untersucht (1543), und der mittlere Theil der Nordküste 1565 von Legazpi’s Leuten betreten.
4. Siquijor oder Fuego. Die Westküste dieses Eilandes wurde von Carvalho 1521 gesehen, die übrigen Theile unter Legazpi 1565 und 1566.
5. Cebú mit Mactan. Cebú wird von den ersten Entdeckern Zubu, Çubu, Subu, auch mit t am Ende: Zubut &c. geschrieben, bei den Eingeborenen führte es den Namen Sogbu. Im XVII. und XVIII. Jahrhundert finden wir die Orthographie Zebu oder Çebu. Der grösste Theil der Westküste wurde von Magallanes selbst und nach seinem Tode von Carvalho entdeckt. Eine andere Strecke der westlichen Gestade entdeckte Legazpi 1565 selbst, den Rest sowie die Ostküste seine Officiere, insbesondere Goyti.
6. Negros. Negros wurde von den Visayern Buglás genannt, der spanische Name hat jedoch den eingeborenen vollständig verdrängt. Der südlichste Theil mit der Punta Bombonon wurde jedenfalls schon von Carvalho 1521 gesehen, doch lässt sich diess nicht mit voller Sicherheit behaupten. Die Ostküste wurde 1565 von Goyti, die Westküste von Sauz und anderen spanischen Officieren des Legazpi 1566 entdeckt.
7. Guimaras. 1566 entdeckt, damals wurde es Ymaras genannt.
8. Panay. Ihr alter Name ist Isla de Oton, später heisst der nördliche Theil (das heutige Capíz) Isla de Panay, der südliche Isla de Oton (Otong, Octong). Die Insel wurde 1566 von Sauz entdeckt und ihre Gestade waren bis 1568 durchweg bekannt, 1569 sogar schon vollständig den Spaniern unterworfen.
9. Die Cagayanes (zwischen Negros und Palawan) waren schon 1521 Carvalho bekannt, doch fällt ihre eigentliche Entdeckung erst in die Jahre 1569–71, wo diese Inselgruppe von den Spaniern nach und nach entdeckt und in Besitz genommen wurde.
10. Die Cuyos-Gruppe wurde in derselben Zeit wie die Cagayanes entdeckt und unterworfen.
11. Masbate, Ticao und Burías wurden 1569 von Guzman entdeckt, der Capitän Ibarra hatte bei diesen Entdeckungen sich ebenfalls Verdienste erworben.
12. Tablas, Romblon, Sibuyan und Marinduque. Die Westküste von Tablas war 1569 durch Don Juan de Salcedo entdeckt worden, die Ostküste sowie Romblon, Sibuyan und Marinduque wurden etwas später von anderen Officieren des Legazpi entdeckt und unterworfen.
13. Mindoro und Lubang. Diese beiden Inseln wurden von Salcedo 1569 aufgefunden und erobert13, desgleichen die zwischen Mindoro und Panay liegende Insel Semerara. Mindoro wurde in der ältesten Zeit Mait genannt. [66]
Palawan wird von den Spaniern Paragua genannt, ältere Bezeichnungen sind Palaon, Palauan. Der südliche Theil von Palawan wurde bereits 1521 von Magallanes’ Leuten unter Carvalho entdeckt, der nördliche Theil dieser Insel wurde zwar unter Legazpi’s Regierung, und zwar 1570–72 entdeckt und dem spanischen Könige tributpflichtig gemacht, doch haben die Spanier sich wenig um diese grosse Insel gekümmert, deren grössere Südhälfte erst in den letzten Jahren von den Spaniern occupirt wurde, obwohl mit unberechtigter Hartnäckigkeit selbst neuere deutsche Karten es mit derselben Farbe coloriren wie Sulu. Der südliche Westtheil dieser Insel wurde vielleicht erst um 1577 oder 1578 von den Spaniern genauer untersucht. Die einst zu Borneo, dann zu Sulu und heute zu Spanien gehörige Insel Balabac wurde 1521 entdeckt.
Die Calamianes wurden in der Zeit von 1570–1572 von spanischen Mönchen und Soldaten besucht.
Der ältere Name Luzons lautet Lusong, wie ihn noch heute die Chinesen gebrauchen. Legazpi gab dieser grössten Insel der Philippinen den Namen Neu-Castilien, doch gerieth dieser Name in Kürze vollständig in Vergessenheit. Nach der wichtigsten Stadt, nicht nur Luzons, sondern auch der Philippinen überhaupt, nach Manila14 nämlich, wurde auch Luzon Manila genannt, aber nur von den Portugiesen und Franzosen, welche auch die gesammten Philippinen Manila-Inseln nannten, daher auch in einigen deutschen Werken des vorigen Jahrhunderts unser Archipel die Bezeichnung „die Manillen” führt, doch ist zum Glück diese geschmacklose Benennung von den deutschen Karten verschwunden. Zur Zeit der Conquista zerfiel Luzon in folgende Landschaften: Albay oder Ibalon, Camarínes oder Nebuy, Talyabas oder Calilaya, Batangas oder Comintana, Manila mit Tondo, Laguna de Bay, Pampanga, Pangasinan, Ilócos und Cagayan.
Unter der Landschaft Ibalon oder Albay der Conquista ist der südlichste Theil Luzons zu verstehen, und zwar kann man als nördliche Grenzscheide die tiefe Einsenkung zwischen den beiden Vulcanen, dem (übrigens erloschenen) Mazaraga und Máyon (besser bekannt als „Vulcan von Albay”) annehmen. Diese Landschaft Albay ist wohl zu unterscheiden von der späteren Provinz Albay, zu welcher auch die Inseln Masbáte und Ticáo gehörten. Ibalon wurde 1569 durch Guzman entdeckt und diese Entdeckung unmittelbar von Ibarra fortgesetzt, insbesondere an der Ostküste.
Die Landschaft Nebuy oder Camarínes hatte als nordwestliche Grenze die beiden Flüsse Rio Tabagon und Rio Cabibijan, von denen der erstere in die Bucht von Sogod an der Contracosta, der letztere in die Bucht von Guinayangan oder Ragay sich ergiesst. Von der Landschaft Albay ist Camarínes durch die obenerwähnte Einsenkung zwischen dem Mazaraga und Máyon getrennt. Der Entdecker von Camarínes ist Don Juan de Salcedo, den nördlichen Theil entdeckte er bereits 1571, den Rest 1573. Die Catanduanes-Inseln an der Ostküste von Camarínes sind aber nicht von ihm, sondern vom Capitän Chaves (1573) besucht worden, ebenso die Küstenstrecken in der Bucht von Ragay.
Calilaya oder Tayábas umfasste den schmalen isthmusartigen Landstrich Luzons, welcher vom Vulcane Mahayhay bis zu der von mir oben erwähnten Nordwestgrenze von Camarínes reichte. Die nördlichen Gestade (an der Contracosta) wurden von Salcedo 1571 entdeckt, die südlichen zur selben Zeit vom Capitän Ibarra, ein Theil der an der Bucht von Ragay liegenden Gestade wurde erst 1573 von Chaves betreten.
Die Landschaft Comintana oder Batangas wurde auch nach ihrer grössten Stadt: Taal oder nach ihrem Binnensee, der Laguna de Bombon, Bombon genannt. Sie umfasste die heutige Provinz Batangas und den südlichen Theil der Provinz Cavite. Ihre Gestade wurden von Goyti und Salcedo 1570 entdeckt und diese Entdeckungen 1571 durch Ibarra vervollständigt. Die Laguna de Bombon wurde von Salcedo 1570 entdeckt, die nördlichen Ufer derselben wurden von ihm nur von der Ferne gesehen, da er nur im südlichen Theile des Sees an’s Land trat.
Die Landschaften Manila und Tondo umfassten die heutige Provinz Tondo-Manila ganz, ferner den nördlichen Theil der Provinz Cavite und Theile der Provinz Bulacán. Ihre Küste wurde von Goyti 1570 entdeckt, wie denn dieser ungemein tüchtige Baske der Entdecker der Bai von Manila ist und nicht Salcedo. Die am Pasig gelegenen Theile wurden 1571 von Salcedo entdeckt und unterworfen.
Die Landschaft Laguna umfasste die ganzen Ufergebiete der Laguna de Bay (früher auch „Bahi” genannt) und wurde 1571 von Salcedo entdeckt und tributpflichtig gemacht.
Unter Pampanga verstand man in den Zeiten der Conquista nicht allein die heutige Provinz gleichen Namens, sondern auch den nördlichen Theil von Bulacán, die südliche grössere Hälfte des heutigen Zambales, den südwestlichen Theil von Nueva Vizcaya und das ganze heutige Nueva Écija, La Infanta und Bataán. Die an der Bai von Manila gelegenen Theile, die Corregidor-Insel (damals Marivelez genannt), entdeckte 1571 Goyti, alle übrigen Gestadelandschaften des alten Pampanga’s wurden 1572 von dem Cortés der Philippinen, dem ritterlichen Don Juan de Salcedo, [67]auf seiner Umseglung Nord-Luzons entdeckt. Salcedo liess keine Bucht undurchforscht.
Pangasinán umfasste die Küstenlande des Golfs von Lingayen (Lingayan), weshalb es auch Lingayen genannt wird. Die Halbinsel, welche zwischen dem Golf von Lingayen und der Bucht von Bazol liegt und mit dem Cap Bolinao endigt, gehörte damals zu Pangasinán, ebenso der südlichste Theil der heutigen Provinz Union. Pangasinán wurde von Salcedo 1572 entdeckt.
Ilócos umfasste den ganzen langgestreckten aber schmalen Küstensaum, welcher vom Golf von Lingayen, und zwar vom Monte Sto. Tomas sich bis über das Cap Bogeador ausdehnt. Ilócos wurde ebenfalls 1572 von Salcedo entdeckt und unterworfen.
Cagayán war das Land an der Nordküste Luzons und an den Ufern des Rio Grande de Cagayán (dem Rio Tago älterer Werke). Auch hier begegnen wir dem Namen Salcedo’s wieder, der das Land entdeckte, aber nicht unterwarf (1572).
Die nördlich von Luzon gelegenen Babuyanes-Inseln wurden in der Zeit zwischen 1581–85 entdeckt, von wem? ist nach dem mir vorliegenden Quellenmaterial nicht zu sagen. Ich vermuthe, dass Capitän Carrion sie entdeckte, als er eine japanische Piraten-Niederlassung an der Küste Cagayáns (in der Nähe des heutigen Aparri) verhinderte und seine Schiffe den japanischen Flüchtlingen nachsetzten. 1585 zählte Philipp II. auf diesen Inseln bereits 1000 Unterthanen. Die nördlich von den Babuyanes gelegenen Batanes oder Bashee-Inseln waren den Spaniern lange vor der angeblichen Entdeckung Dampier’s bekannt. So kehrte die Mannschaft des 1596 an der japanischen Küste gescheiterten spanischen Schiffes S. Francisco über die Batanes nach Manila zurück, ohne dass diese Schiffbrüchigen als Entdecker dieser Inselgruppe bezeichnet werden, es müssen also die Batanes schon vor 1596 den Spaniern bekannt gewesen sein. Erst in der Zeit des nordamerikanischen Unabhängigkeits-Krieges wurden diese Inseln von den Spaniern militärisch besetzt.
Es ist sehr schwer, die Entdeckungsgeschichte dieser Insel mit apodiktischer Sicherheit wiederzugeben, denn nirgends waren die ersten spanischen Seefahrer so freigebig mit Namensbezeichnungen, die sich selten localisiren lassen, als hier.
In der ersten Zeit besass diese zweitgrösste Insel der Philippinen gar keine Gesammtbezeichnung, sondern nur die Namen der einzelnen Districte, denen das Wort Isla (Insel) vorgesetzt wurde, so dass man glauben konnte, einen ganzen Archipel, statt einer einzigen grossen Insel vor sich zu haben. Noch im Anfange des XVII. Jahrhunderts finden wir Bezeichnungen wie: Isla de Caraga, Isla de Butuan &c. vor. Auf diese Weise entstand die nie existirende Insel San Juan auf den alten Karten im Nordosten von Mindanao, welche, nebenbei gesagt, noch in Spruner’s historischem Handatlas ihre mysteriöse Existenz ungestört weiterfristet. Der Name Mindanao war auf das Mündungsgebiet des Rio Grande de Mindanao beschränkt, wo das mächtige Sultanat gleichen Namens sich bildete. Als durch die Jesuiten der Name Mindanao bald zur Gesammtbezeichnung der ganzen Insel wurde, entstanden grössere Confusionen selbst bei minder oberflächlichen Schriftstellern, indem die Landschaft Mindanao, das gleichnamige Sultanat (welches in seiner Blüthezeit die ganze Westküste des Eilandes umfasste) und die gesammten Inseln miteinander verwechselt wurden. Bei Benutzung alter Werke ist daher grosse Vorsicht nöthig, wenn man in denselben auf den Namen Mindanao stösst, selbst wenn dort „Isla de Mindanao” sich findet, ist oft nur das Mündungsgebiet des obenerwähnten Flusses gemeint. Nur wenn wir auf den Namen La Isla Grande (de Mindanao) stossen, ist jeder Zweifel überflüssig. Die Variante Magindanao wurde von spanischen Schriftstellern nur selten gebraucht. Der gediegenste Historiker der Insel der selbst lange Jahre auf ihr zugebracht hatte (Mitte des XVII. Jahrhunderts), P. Combes, schreibt stets Mindanao. Die Leute Magallanes’ nannten die Nordküste der vom Panguil-Busen sich vom Hauptkörper abtrennenden westlichen Halbinsel Mindanao’s Quipit oder Quepindo, eine Bezeichnung, die sehr rasch in Vergessenheit gerieth. Die Ost-Küste von Mindanao wurde schon damals nach ihrem Hauptorte Costa de Caraga (bei Pigafetta: Calagan) genannt. Bernardo de la Torre gab 1543 der ganzen Insel15 den Namen Cesarea, doch ist auch diese Bezeichnung vollständig in Vergessenheit gerathen. Der nördliche Theil dieser Caraga-Küste hiess hier zur Zeit Legazpi’s vorübergehend nach einem Vorgebirge Costa de Cauit (Coauit). Zu Ende des XVI. und Anfang des XVII. Jahrhunderts zerfiel Mindanao in folgende (geographische) Landschaften, welche zum Theile sich mit den gleichnamigen politischen Gebieten deckten: 1. Mindanao (das Mündungsgebiet des Rio Grande de Mindanao und das zwischen diesem Flusse und dem südlichen Theile der Cordillera de Sugut oder Sujut liegende Territorium). 2. Buhayen, auch Buhayan, Boayhan &c. genannt (das Land zwischen dem Rio Grande und der Bahia de Sarangani, den Oberlauf des mehrgenannten Flusses mit einbegriffen). 3. Caraga umfasste die ganze Ostküste Mindanao’s bis zum südlichsten Punkte der Insel, der Punta Tinaca; auch das ganze Gebiet des Flusses Agusan, der bei Butuan mündet, wurde zu Caraga gerechnet. 4. Iligan [68](die Küste zwischen Iligan und der Insel Camiguin). 5. Das Land der Illanos und Malanao (das Territorium zwischen der Illanos-Bai16 und dem Panguil-Busen mit dem See von Malanao). 6. Sibuguey mit Zamboanga17, die langgestreckte Halbinsel umfassend, welche, von dem Isthmus zwischen dem Panguil-Busen und der Illanos-Bai beginnend, sich gegen Westen und Südwesten ausdehnt und bei Zamboanga ihr Ende findet. Zamboanga hiess damals Sampoangan.
Nach dieser kurzen Beschreibung der alten Eintheilung Mindanao’s will ich zur Registrirung der Entdeckung seiner Küsten übergehen, wobei ich von dem Princip ausgehe, nur jene Entdeckungen zu melden, welche sich aus den Quellen ohne jede mir verhasste Hypothesenreiterei erweisen lassen.
Beginnen wir bei der Nordküste: Die Bai von Butuan sowie die Surigao-Halbinsel entdeckte Magallanes 1521. Schwieriger ist es, die Entdeckung der Insel Camiguin und der zwischen dem Panguil-Busen und dieser Insel gelegenen Küstenstriche festzustellen. Gründlich untersucht wurde dieses Gebiet durch die Expeditionen, welche Legazpi von Cebú aus 1565–1569 nach Mindanao unter Sauz, Goyti und Isla abschickte, weshalb ich auf meiner Kartenskizze es mit der Farbe der Legazpi-Entdeckungen colorire, obwohl bereits die Expedition des Villalobos einzelne Theile dieses Landes gesehen hat (Villalobos selbst nicht, aber von ihm auf Lebensmittelrequisition abgeschickte Schiffe). Der Panguil-Busen wurde wegen der Gefährlichkeit seines Fahrwassers, der Unwirthbarkeit seiner Gestade und der Feindseligkeit seiner Umwohner von den ersten Conquistadoren nur an seiner breiten Mündung besucht; vollständig wurden seine Gestade erst in den Jahren 1639 und 1640 erforscht, als der kühne Gobernador der Philippinen, Corcuera, systematisch von allen Seiten den Angriff auf die unabhängigen Malaien Mindanao’s eröffnete, um Spanien den Besitz der ganzen Insel zu sichern. Bei dieser Gelegenheit wurde auch der See von Malanao durch eine von Iligan abgehende Expedition entdeckt und seine Gestade für kurze Zeit Spanien zinspflichtig gemacht. Die ganze Umgebung Dapitans wurde erst 1565 von Don Miguel Lopez de Legazpi entdeckt. Es darf nicht verschwiegen werden, dass Dapitan wahrscheinlich in der Zeit von 1531–1562 von Portugiesen besucht worden war, da wir aber hierüber keine sicheren Nachrichten besitzen, und Legazpi selbst von den Eingeborenen Nichts über eine frühere Ankunft oder Anwesenheit von Europäern erfuhr, so belassen wir den Spaniern den Ruhm der ersten Entdeckung. Die Küste um das Cap Quipit wurde im Jahre 1521 von Carvalho entdeckt. Die langgestreckte Halbinsel, an deren südlichem Ende Zamboanga liegt, wurde erst unter Legazpi näher erforscht, als die Spanier, unterstützt von den Fürsten von Dapitan, jenes Land der Krone Castiliens unterwarfen, doch ist auch hier mehr als wahrscheinlich, dass die Leute des Magallanes die ersten waren, welche dieses Land gesehen hatten. Die Entdeckung des Mündungsgebietes des Rio Grande de Mindanao gebührt ohne alle Frage den Portugiesen, ebenso nach meiner Vermuthung die Entdeckung der Punta Flecha. Die Südküste Mindanao’s, sowie die Sarangani-Inseln entdeckten die Leute des Magallanes auf ihrer Fahrt nach den Molukken.
Das Cap S. Augustin, sowie die gesammte Ostküste Mindanao’s entdeckte der Führer der Loaysa-Expedition, Toribio Alonso de Salazar, 1526. Die Davao-Bai wurde erst 1578 durch Figueróa in ihrem gesammten Gebiete durchforscht.
Schwieriger ist, die Entdeckung der Sulu-Inseln Schritt für Schritt zu verfolgen. Die Sulu-Inseln wurden von den Spaniern Xoló (nach der neuen Orthographie: Joló) genannt und zu ihnen natürlich auch Basilan gerechnet, welches damals nach einem seiner Küstenorte Taguima genannt wurde. Magallanes segelte mitten durch den Archipel, Albo nennt hiebei Sulu: Soló oder Soolou, Basilan aber: Jaguima (offenbar hat Navarrete in letzterem Worte J für T gelesen), später wurde die Hauptinsel einige Mal von einzelnen Spaniern aus den Molukken aufgesucht, unter Saavedra (1529) hielt sich ein spanisches Schiff einige Zeit in Sulu auf. Basilans Nordküsten wurden noch unter Legazpi in der Zeit 1566–1571 von den Spaniern betreten, die südlichen Gestade erst 1578 von Figueróa genau untersucht, der dasselbe bei der Hauptinsel that. Figueróa sah zwar auch Tawitawi, betrat aber dessen Boden nicht, das geschah erst in den Zeiten Corcuera’s, als dessen tapfere Seehelden Almonte, Ugalde und Monforte den nach Tawitawi geflüchteten Sultan von Sulu zeitweilig belagerten.
So können wir aus dem Gesagten ersehen, dass, ungeschmälert die unsterblichen Verdienste des Magallanes, Don Juan de Salcedo es war, dem die Krone unter den Entdeckern und Conquistadoren der Philippinen gebührt. Das Innere der meisten Inseln ist noch heut’ zu Tage eine terra incognita, erst in der jüngsten Zeit begann man das Versäumte nachzuholen, und unter diesen wissenschaftlichen Conquistadoren begegnen wir auch deutschen Namen: Dr. F. Jagor, Dr. A. B. Meyer, Prof. C. Semper und Dr. Ritter von Drasche. Am wenigsten durchforscht sind Mindanao, Mindoro und Palawan, obwohl der tapfere spanische Marine-Officier und Kartograph Don Claudio Montero y Gay zur näheren Kenntniss der erstgenannten Insel sehr viel beigetragen hat. [69]
1 Magallanes’ Chronisten schreiben: Masava, Massana; andere Varianten sind: Dimasana, Limasana, Limasaba.
2 Sógbu, Zubu, Zubuth mit Varianten wie: Çubu &c.
3 P. Francisco Combes. Historia de las islas de Mindanao, Joló y sus adyacentes. Madrid 1667, p. 74.
4 Man vgl. darüber: Fray Juan de la Concepcion. Historia general de Philipinas. Sampaloc (Manila) 1788–92. Bd. V, p. 378.
5 Oder nur der Caragalandschaft?
6 Cartas de Indias. Madrid 1878, fol. 119.
7 Das Datum ist vom 24. September 1559.
8 Fray Gaspar de San Augustin. Conquista de las Islas Philipinas, Madrid 1698, p. 91.
9 Urdaneta wird als der erste genannt, welcher die Südsee von West nach Ost durchschiffte; eigentlich gebührt dieser Ruhm einem anderen Officiere des Legazpi, dem Capitän Arellano, welcher auf dem Wege nach den Philippinen desertirte und noch früher mit seinem von einem Mulatten gesteuerten Schiffe nach Méjico gelangte als Urdaneta. Er hatte diess gethan, um den Preis zu gewinnen, den der König auf die erste Durchkreuzung der Südsee von West nach Ost ausgeschrieben hatte.
10 Die Schreibweise Bisayer ist unrichtig.
11 Man vgl. darüber: Fray Gaspar de S. Augustin, a. a. 0., p. 214 u. 515.—Fray Juan de la Concepcion. a. a. O., Bd. VIII, p. 137.—Rafael Diaz Arenas, p. 30.—Buzeta y Bravo. Diccionario geográfico, estadístico, histórico de las Islas Filipinas, Madrid 1850, Bd. I, p. 285; Bd. II, p. 311.—M. C. Sprengel, Geschichte und Beschreibung der Philippinischen Inseln (in Forster’s und Sprengel’s Beiträgen zur Länder- und Völkerkunde, Leipzig 1782), S. 30.
12 Damals auch Nebuy genannt.
13 Unter den „Eroberungen” in den Visayern ist immer nur die Unterwerfung der Küstenorte zu verstehen, denn die schwach bevölkerten Binnenlandschaften sind zumeist noch heute unabhängig.
14 Diese Schreibweise mit Il „Manilla” ist ganz falsch, sie findet sich leider in vielen Lehrbüchern der Geographie.
15 Vielleicht nur der Caraga-Küste (?).
16 In deutschen Karten findet man: Illana-Bai, das ist entschieden falsch, denn in dem spanischen Worte Bahia Illana ist das letztere Wort ein Adjectiv, hergeleitet von dem Substantiv Illano. Die Illanos sind nämlich die Küstenbewohner jener Bai; es kann daher im Deutschen nur richtig lauten: Illanos-Bai, Bai der Illanos oder Illanische Bai, aber nie Illana-Bai.
17 Das Gebiet von Zamboanga wurde auch „Land der Subanos” (Çubanos) genannt.
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* Die mit einem Sternchen versehenen Werke habe ich nur aus zweiter Hand benutzt. [70]
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Seite | Quelle | Korrektur |
---|---|---|
2 | Pilippinen | Philippinen |
3 | bei Angat | beim Monte Angal |
5 | ihre reigenen | ihrer eigenen |
6 | tagalische Gottheit | Igorroten-Gottheit |
6 | Dumat-Negritos | Dumagat-Negritos |
9 | Buzela | Buzeta |
12, 53 | [Nicht in der Quelle] | ” |
13 | , | . |
15 | aufgehoben | ausgehoben |
17, 30, 30, 69 | [Nicht in der Quelle] | . |
19 | [Nicht in der Quelle] | , |
22 | Anchauungen | Anschauungen |
23 | rettunglos | rettungslos |
25 | . | . |
26 | . | , |
28 | ”? | ?” |
29 | Asite as | Asiteras |
31 | Schurfgebiet | Schürfgebiet |
36 | nordöstlich | südöstlich |
41 | Programmspunkt | Programmpunkt |
44 | Isarog | Isaróg |
48 | Calamianen | Coyuvos |
48 | westlichen | östlichen |
49 | in der Nähe Butuans, von dort bis an die Ostküste Mindanao’s | zwischen Surigao und der Laguna Maïnit, ferner nordwestlich von Llangan |
50 | [Nicht in der Quelle] | Tagacaolos wohnen auch als Nachbarn der Mandayas nördlich von der Balete-Bai. |
50 | ebenso in den (südlichen) Districten der Provinz Surigao (Cavada II, 206) | am Oberlaufe des Rio Agusan und des Rio Sahug, ebenso trifft man Mandayas in dem Hinterlande der Küstenorte Caraga, Santa Maria und Zatagoza (Dr. Montano y Rey). |
69 | Crawfur | Crawfurd |
69 | spanish | Spanish |
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It exists because of the efforts of hundreds of volunteers and donations from people in all walks of life. Volunteers and financial support to provide volunteers with the assistance they need are critical to reaching Project Gutenberg-tm's goals and ensuring that the Project Gutenberg-tm collection will remain freely available for generations to come. In 2001, the Project Gutenberg Literary Archive Foundation was created to provide a secure and permanent future for Project Gutenberg-tm and future generations. To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4 and the Foundation information page at www.gutenberg.org Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit 501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification number is 64-6221541. Contributions to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by U.S. federal laws and your state's laws. The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S. Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered throughout numerous locations. Its business office is located at 809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887. Email contact links and up to date contact information can be found at the Foundation's web site and official page at www.gutenberg.org/contact For additional contact information: Dr. Gregory B. Newby Chief Executive and Director gbnewby@pglaf.org Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation Project Gutenberg-tm depends upon and cannot survive without wide spread public support and donations to carry out its mission of increasing the number of public domain and licensed works that can be freely distributed in machine readable form accessible by the widest array of equipment including outdated equipment. Many small donations ($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt status with the IRS. The Foundation is committed to complying with the laws regulating charities and charitable donations in all 50 states of the United States. Compliance requirements are not uniform and it takes a considerable effort, much paperwork and many fees to meet and keep up with these requirements. We do not solicit donations in locations where we have not received written confirmation of compliance. 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Hart was the originator of the Project Gutenberg-tm concept of a library of electronic works that could be freely shared with anyone. For forty years, he produced and distributed Project Gutenberg-tm eBooks with only a loose network of volunteer support. Project Gutenberg-tm eBooks are often created from several printed editions, all of which are confirmed as Public Domain in the U.S. unless a copyright notice is included. Thus, we do not necessarily keep eBooks in compliance with any particular paper edition. Most people start at our Web site which has the main PG search facility: www.gutenberg.org This Web site includes information about Project Gutenberg-tm, including how to make donations to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation, how to help produce our new eBooks, and how to subscribe to our email newsletter to hear about new eBooks.